Holt Kreative ins leere Haus

Saarbrücken · Wenn Besitzer leerer Gewerbeimmobilien und Kreative sich öfter kennen lernten und eine gemeinsame Sprache sprächen, könnten nicht nur sie selbst, sondern auch die Städte und Quartiere davon etwas haben. Das sagt Berater Tamay Zieske und startet einen Diskurs.

Tamay Zieske erläuterte im Redaktionsgespräch seine Arbeit im Kreativzentrum Saar. Dort berät er unter anderem Architekten, Designer und Künstler. Foto: Maurer

Tamay Zieske erläuterte im Redaktionsgespräch seine Arbeit im Kreativzentrum Saar. Dort berät er unter anderem Architekten, Designer und Künstler. Foto: Maurer

Foto: Maurer

Die Buchhandlung und der Drogeriemarkt sind weg, die Ladenlokale bleiben leer. Wenn die Nachbarschaft Glück hat, kümmert sich weiterhin jemand um Sauberkeit und Ordnung am Haus. Wenn nicht, entsteht hier eine Schmuddelecke und zieht die Nachbarhäuser mit nach unten. Dieses Bild kennt jeder Saarländer aus Stadt und Land.

Wäre es nicht schön, wenn die Geschäftsräume wenigstens für eine Übergangszeit von Unternehmern genutzt würden, die zwar nicht die übliche Miete aufbringen können, die aber wenigstens dafür sorgen, dass das Haus beheizt und belebt wird? Etwa von jungen Designern oder Software-Entwicklern, die in den Beruf starten und sich über günstige Bedingungen eine solide Basis schaffen könnten? Aber wie kommen diese Kreativen mit den entsprechenden Hausbesitzern zusammen? "Sie kennen sich meist nicht und sprechen auch andere Sprachen", weiß Tamay Zieske vom Kreativzentrum Saar in Saarbrücken . Er berät Kreativschaffende bei Gründungen und Geschäftsideen und möchte sie auch gern noch viel enger mit der Immobilienwirtschaft und der Politik zusammenbringen - zum allgemeinen Nutzen. Die Motivation schilderte er bei einem Besuch der SZ unserer Redakteurin Dörte Grabbert so: Kreative können bei der Entwicklung von Immobilien und bei ganzen Stadtquartieren eine gute Rolle spielen. Sie können ganze Viertel aufwerten und damit in der Folge auch für allgemeinen Wohlstand sorgen und das Ansehen fördern, wenn man ihnen die entsprechenden Spielräume gewährt. Deshalb sei es für eine Stadt wie Saarbrücken (und das ganze Saarland) vorteilhaft, möglichst viele Kreative zu halten und nicht an die Metropolen zu verlieren.

Musterbeispiele für positive Stadtteilentwicklungen gebe es in Berlin, Frankfurt, im luxemburgischen Differdingen, aber auch ansatzweise in Saarbrücken , etwa im Nauwieser Viertel, wo Künstler in leeren Läden arbeiteten, oder im Fasanenweg, wo Musikgruppen ungenutzte Räume bespielten. In Anbetracht von mindestens 50 bekannten Leerständen allein im Saarbrücker Zentrum könnte sich nach Ansicht von Zieske aber mehr Zusammenarbeit von Immobilienwirtschaft und Kreativwirtschaft ergeben. Man müsse die Akteure aber an einen Tisch bringen, damit sie sich kennenlernen und die jeweils anderen Denkweisen und Motive verstehen, lautet die Aufgabe. Ein erster Schritt zur Annäherung soll am kommenden Mittwoch, 26. November, 19 Uhr, im Kulturzentrum am Hauptbahnhof (Kuba) getan werden. Jakob Sturm von "RADAR Frankfurt" wird in einem Impulsvortrag am Beispiel Frankfurts die Chancen von Um- und Zwischennutzungen durch Kreativschaffende erklären. In der anschließenden Podiumsdiskussion werden Herausforderungen der heutigen Stadtentwicklung und lokale Möglichkeiten in Saarbrücken thematisiert. Teilnehmer sind Prof. Ivica Maksimovic, Dozent an der HBKsaar und Projektleiter "Designkiosk Luisenviertel", Helmut Petsch, Vorsitzender des Rings Deutscher Makler Saarland und Gerd-Rainer Damm, Abteilungsleiter Landes- und Stadtplanung im Ministerium für Inneres und Sport. Es moderiert SZ-Redakteurin Ilka Desgranges.

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Zur PersonTamay Zieske, 28, geboren in Gengenbach bei Offenburg, ist Betriebswirt mit Schwerpunktausbildung in Kulturmanagement. Nach einer Tätigkeit in einem Kulturzentrum in Buenos Aires bewarb er sich vor zwei Jahren erfolgreich auf die neu geschaffene Beraterstelle im Kreativzentrum Saar im Kulturzentrum am Eurobahnhof Saarbrücken . Zu hundert Prozent vom saarländischen Wirtschaftsministerium gefördert, berät und vernetzt das Zentrum Kreative, seien es Architekten, Designer, Künstler, Medienschaffende, Softwareentwickler oder Werber. Finanziert wird das kreativzentrum.saar durch eine Fördermaßnahme des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit, Energie und Verkehr des Saarlandes. wp

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