Personalmangel: Notruf von der Saarbrücker Berufsfeuerwehr

Saarbrücken · Wegen Personalmangels bleiben bei der Saarbrücker Berufsfeuerwehr bei Einsätzen immer wieder Löschfahrzeuge in der Garage. Zudem sorgt eine „interne Konfliktlage“ für Frust und Ärger in der Mannschaft.

 Im Einsatz gegen das Feuer ziehen die Berufsfeuerwehrleute an einem Strang. Foto: Becker&Bredel

Im Einsatz gegen das Feuer ziehen die Berufsfeuerwehrleute an einem Strang. Foto: Becker&Bredel

Foto: Becker&Bredel

. Sie sind Profis in Sachen Brandbekämpfung und Rettung: Die Spezialisten von der Berufsfeuerwehr (BF) Saarbrücken , der einzigen Feuerwehr im Land mit hauptberuflichen Einsatzkräften. Sie rücken aus, wenn im Bereich der Landeshauptstadt Saarbrücken über Notruf 112 Feuer oder sonstige Notfälle gemeldet werden. Die Saarbrücker Experten sind aber auch bei Spezialeinsätzen in anderen Regionen gefragt. Exakt 182 Mitarbeiter (einschließlich Verwaltung) zählen nach Angaben von Amtsleiter Josef Schun zur Berufsfeuerwehr (164 Beamte im mittleren, 15 im gehobenen und drei im höheren Dienst).

Schun ist seit November 2011 Chef der Berufsfeuerwehr. Seit Monaten steht er intern in der Kritik, wobei seine fachliche Qualifikation nicht bezweifelt wird. Allerdings scheint sein Führungsstil umstritten. Auf der Chefetage im Saarbrücker Rathaus von Oberbürgermeisterin Charlotte Britz (SPD ) und Sicherheitsdezernent Harald Schindel (Linke) wird eine "Konfliktlage" bei der Berufsfeuerwehr, die auch im Rettungsdienst unterwegs ist, eingeräumt. Dies sei "unbestreitbar", meint Personalchef Stefan Meßner, der deutliche Defizite in der internen Kommunikation zwischen Führungsteam und Mannschaft ausmacht. Bernd Schumann, Vorsitzender des Personalrates, reklamiert akuten Handlungsbedarf, spricht von einer "Konfliktlage auf relativ hoher Stufe". Er sieht deshalb und wegen Personalmangels die Sicherheit in der Stadt tangiert.

Schumann war im August der Briefträger, der OB Britz einen 16 Seiten umfassenden "Hilferuf" der Berufsfeuerwehr persönlich zustellte. 75 Feuerwehrbeamte haben das Schreiben unterzeichnet, in dem es unter anderem heißt: "Das Betriebsklima liegt mittlerweile unter Null, es herrscht eine negative Stimmung, wie dies noch nie der Fall war." Berichtet wird von einem offenbar rüden Umgang, Kommandoton, Mitarbeiter würden unflätig angeschrien und vorgeführt. Es fehle Führungskräften an sozialer Kompetenz. Schun widerspricht hier. Personalrat Schumann stellt fest: "Es gibt sicher Probleme in der Führung."

Nach mehreren Krisengesprächen, an denen auch OB Britz beteiligt war, wurde ein externer "Berater und Coach mit Feuerwehrerfahrung" engagiert. Veränderungsmanagement soll ein Spezialgebiet des Ratgebers und Trainers aus Bonn sein. Er sondiert und analysiert die Lage, führt Einzelgespräche und soll Lösungsvorschläge präsentieren.

Das Problem akuter Personalnot kann der Feuerwehrcoach sicher nicht lösen. Ein Berg von 17 465 Überstunden ist angewachsen. Die Krankenquote wird mit neun Prozent angegeben. Mit befristeten Verträgen für Rettungsdienstmitarbeiter sollen neue Lücken gestopft werden. Zudem sucht die Feuerwehr junge Leute für ein freiwilliges soziales Jahr.

Im Brandschutz sollten die Profiwehrleute eigentlich in zwei Löschzügen (Hessenweg und Weißenburgerstraße) mit insgesamt 25 Einsatzkräften durchschnittlich 48 Wochenstunden arbeiten. Schun und Sicherheitsdezernent Schindel bestätigten jetzt Informationen unserer Zeitung, wonach diese Sollzahlen immer wieder unterschritten werden. So wurde beispielsweise im Oktober an 23 Tagen die Sollstärke nicht erreicht, an 15 Tagen fehlten sogar drei und mehr Leute. Da keine neuen Überstunden anfallen dürfen, hat Feuerwehrchef Schun für solchen Situationen die Stilllegung von einzelnen Einsatzfahrzeugen angeordnet. Das heißt im Klartext: Wenn es brennt bleiben zwei normalerweise mit zwei Rettern besetzte Tanklöschfahrzeuge der Löschzüge zumindest vorerst in der Garage.

Meinung:
Großbrand bei den Rettern

Von SZ-RedakteurMichael Jungmann

Es geht um die Frage der Sicherheit. Deshalb erstaunt die scheinbare Ruhe und Gelassenheit, mit der die Chefetage im Saarbrücker Rathaus den erkannten Großbrand bei den Rettern bekämpft. Wegen Personalnot werden Einsatzautos der Berufsfeuerwehr im Alarmfall in der Garage geparkt. Das ist keine Problemlösung, zumal Wehrprofis im lukrativen Rettungsdienst unterwegs sind. Frust und Wut in der Mannschaft werden so verstärkt. Zum Job der karg entlohnten Wehrleute gehört es, dass sie im Dienst ihr Leben riskieren. Deshalb haben sie Anspruch darauf, dass ihr Notruf endlich ernst genommen wird. Wenn Monate nach dem Alarm ein Berater anreist, spricht dies nicht für besondere Eile.

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