Schwimmen Olympisches Kräftemessen am Karpatenbogen

Banská Bystrica/Zweibrücken · Schwimmer Michael Raje von den Wassersportfreunden Zweibrücken nimmt ab Sonntag in der Slowakei am European Youth Olympic Festival teil. Dort misst er sich mit den besten Nachwuchsschwimmern Europas. Allerdings nicht auf seiner Paradestrecke.

 Michael Raje in seinem Element: Der Schwimmer der WSF Zweibrücken geht ab Sonntag beim European Youth Olympic Festival in der Slowakei an den Start. Zwar nicht wie auf diesem Bild in seiner Paradedisziplin dem Brustschwimmen. Dafür aber über mehrere Schmetterling- und Freistildistanzen.

Michael Raje in seinem Element: Der Schwimmer der WSF Zweibrücken geht ab Sonntag beim European Youth Olympic Festival in der Slowakei an den Start. Zwar nicht wie auf diesem Bild in seiner Paradedisziplin dem Brustschwimmen. Dafür aber über mehrere Schmetterling- und Freistildistanzen.

Foto: Thomas Wieck

Vel‘a úspechov, Michael Raje! Vielleicht hat der junge Schwimmer der Wassersportfreunde (WSF) Zweibrücken ja schon den einen oder anderen Brocken slowakisch gelernt. Schaden kann es sicher nicht. Schließlich steht die Reise in das Land am nordwestlichen Zipfel des Karpatenbogens für den 16-Jährigen kurz bevor. Dort nimmt Raje vom 24. bis 30. Juli in Banská Bystrica – der fünftgrößten Stadt des Landes – am European Youth Olympic Festival (EYOF) teil. Eine europäische Multisportveranstaltung, die den Charakter einer Jugendolympiade besitzt und die in den ungeraden Jahren zwischen den Olympischen Spielen stattfindet. Die Teilnehmer sind zwischen 13 und 17 Jahren alt und müssen hohe Auswahlkriterien und Leistungsanforderungen der nationalen Sportverbände erfüllen.

Und genau das hat Michael Raje getan. Der Inhaber mehrerer deutscher Altersklassen-Rekorde wurde von Bundestrainer Hannes Vitense für die Titelkämpfe nominiert. Vitense informierte WSF-Trainer Thomas Schappe. Und seit rund vier Wochen weiß Raje, dass er sich in der Slowakei mit der internationalen Konkurrenz messen darf. „Na klar war ich total happy, als ich davon erfahren habe. So einen Wettkampf hat man schließlich nicht jeden Tag. Es ist eine große Ehre“, erzählt Raje, der am Mittwoch Richtung Olympiastützpunkt Heidelberg aufgebrochen ist. Dort traf er auf die anderen 15 Schwimmerinnen und Schwimmer, die die deutschen Farben in der Slowakei vertreten werden. „Die Jungs kenne ich alle schon von Wettkämpfen, mit manchen bin ich befreundet. Es ist cool, diesmal gemeinsam mit ihnen für Deutschland antreten zu dürfen“, sagt Raje.

In Heidelberg holen sich die jungen Athleten den Feinschliff für die Titelkämpfe. „Vor allem an den Staffelübergängen wird noch gefeilt. Das funktioniert ‚kalt‘ nicht. Wir müssen wissen: Wie schwimmen die anderen, wie schlagen sie an“, erklärt der Zweibrücker. Am Samstag steigen er und seine Teamkollegen des Deutschen Schwimm-Verbandes (DSV) dann in den Flieger nach Wien. Die letzten knapp 300 Kilometer Richtung Osten legt der DSV-Tross anschließend mit dem Bus zurück.

Über welche Schwimmstrecken Raje in Banská Bystrica an den Start geht, weiß er selbst noch nicht. Eines ist aber klar: Seine Paradedisziplin, die 50 Meter Brust, sind es nicht. „Die gibt es bei den richtigen Olympischen Spielen nicht – und deshalb gibt es sie auch beim Youth Olympic Festival nicht“, erklärt er. Stattdessen ist er für die 50 Meter Freistil, die 100 Meter Freistil, die 100 Meter Schmetterling und die Schmetterlings-Staffel nominiert. Ob er auch in allen Wettkämpfen an den Start geht, ist aber noch nicht ausgemacht. Denn bei dem Festival werden die Teilnehmer der Finalläufe in Vorläufen und Halbfinals ermittelt. Das wären für Raje also bis zu zwölf Rennen in sechs Tagen. „Das könnte ein bisschen viel sein, zumindest, wenn man immer seine beste Leistung zeigen will.“ Er werde sich deshalb noch einmal mit den Bundestrainern kurzschließen. Es stünde aktuell im Raum, auf den Einzelstart im Schmetterlings-Rennen zu verzichten.

In der Staffel ist Raje dagegen gesetzt. Dafür ist auch seine Leistung bei den Deutschen Jahrgangsmeisterschaften (DJM) im Mai in Berlin verantwortlich. Bei den international offenen Titelkämpfen gewann er über die 100 Meter Schmetterling hinter dem US-Amerikaner Kaii Liam Winkler und dem Erfurter Franz Ahnert Bronze. „Die Trainer wollten dort sehen, wie ich mich anstelle, ob ich, wenn es darauf ankommt, Leistung zeigen kann – und offenbar waren sie überzeugt“, sagt Raje.

Aufgrund der Aussicht auf die Teilnahme am European Youth Olympic Festivals habe sein Fokus in dieser Saison grundsätzlich eher auf den Disziplinen Freistil und Schmetterling gelegen. Auch deshalb sei er bei der DJM auf seiner Paradestrecke 50 Meter Brust „so lahm unterwegs gewesen“. Jenes lahme Rennen bescherte dem 16-Jährigen in 29,52 Sekunden übrigens die Goldmedaille.

Edelmetall – das wäre auch Rajes Traum in der Slowakei. „Aber weder ich noch die Trainer wissen, wie realistisch das ist. Es ist fast unmöglich, an die Zeiten der Jugend-Wettkämpfe im Ausland ranzukommen. Vielleicht kann ich tatsächlich um eine Medaille mitschwimmen. Vielleicht werde ich Fünfter. Aber vielleicht bekomme ich auch in jedem Rennen auf den Sack“, sagt Raje und lacht. Denn auch wenn er nicht exakt weiß, welche Pfeile seine Gegner im Köcher haben. Die Konkurrenz am Karpatenbogen wird es in sich haben.

Ungewissheit herrschte bei ihm unter der Woche auch noch, ob er gleich zum Auftakt der am Sonntag beginnenden Titelkämpfe auf den Startblock steigen muss. „Ich habe im wahrsten Sinne des Wortes noch keinen Plan“. Was der WSF-Schwimmer weiß: „Es läuft dort nicht so wie ich es kenne. Also. dass die verschiedenen Strecken an einem Tag komplett ausgeschwommen werden. Es kann sein, dass ich sonntags den Vorlauf – und erst drei Tage später das Finale bestreite.“

Raje hat zwar bereits an Wettkämpfen im Ausland – in Frankreich und Luxemburg etwa – teilgenommen. Die Anreise in die Slowakei wird aber mit Abstand die weiteste. Und seine Wettkämpfe sind gespickt mit den besten Nachwuchsschwimmern Europas. Nervös ist der 16-Jährige trotzdem (noch) nicht. „Das bin ich nie, auch einen Tag vorher nicht. Das kommt dann erst morgens beim Aufstehen. Spätestens auf dem Startblock“, erzählt der Zweibrücker. Die Bundestrainer hätten ihm aber vermittelt, dass er sich nicht den ganz großen Druck machen solle. „Klar wollen die Leistung sehen. Aber es ist ihnen auch wichtig, dass wir Spaß haben, die Atmosphäre bei so einem internationalen Wettkampf aufsaugen. Dass wir lernen und hinterher besser einschätzen können, wo wir stehen.“

Die Atmosphäre aufsaugen möchte Michael Raje – und auch ein wenig über den Tellerrand schauen. Schließlich sind bei dem Multisport-Festival noch neun andere Sportarten wie Basketball, Handball, Judo oder Volleyball vertreten. „Ich würde mir davon auf jeden Fall etwas anschauen. Was möglich ist, weiß ich aber erst vor Ort, wenn ich sehe, wie weit die anderen Wettkampfstätten von den Schwimmern entfernt sind.“

Nach dem Festival sind für Raje dann erstmal zwei bis drei Wochen Pause angesagt, ehe er das Training wieder aufnehmen wird. Im November (17.11 – 20.11) steht für ihn mit der deutschen Kurzbahnmeisterschaft in Wuppertal dann schon der erste Höhepunkt der Saison 2022/23 auf dem Programm. Der aktuellen Saison würde Raje bislang die Schulnote „Zwei plus“ geben. „Aber je nachdem, wie es in Banská Bystrica läuft, könnte da auch noch eine ‚Eins‘ draus werden“, sagt der 16-Jährige und lacht erneut. In diesem Sinne: Vel‘a úspechov, Michael Raje! Für den Fall, dass er sich mit der slowakischen Sprache noch nicht vertraut gemacht haben sollte: Das bedeutet „Viel Erfolg“.

Weitere Informationen zu der Veranstaltung und den Wettkämpfen gibt es online unter: www.eyof.org/2022-summer-banska-bystrica.

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