Benefizspiel für Fritz Schäfer Das große Kämpferherz zu Tränen gerührt

Zweibrücken · Im Mittelpunkt steht Fritz Schäfer nicht gerne. Bei dem Handball-Benefizspiel zwischen dem SV 64 und der VT Zweibrücken am Samstag zugunsten des langjährigen Merkur-Mitarbeiters, der seit einem Unfall querschnittgelähmt ist, tat er allerdings genau das.

 Mit 29:29 trennten sich die Handballer des SV 64 Zweibrücken (in Grau) und der VTZ-Saarpfalz (in Rot) beim Benefizspiel zugunsten von Fritz Schäfer (Mitte).

Mit 29:29 trennten sich die Handballer des SV 64 Zweibrücken (in Grau) und der VTZ-Saarpfalz (in Rot) beim Benefizspiel zugunsten von Fritz Schäfer (Mitte).

Foto: Svenja Hofer

Kaum ein Auge bleibt trocken, niemanden hält es auf seinem Platz, als Fritz Schäfer für den Gänsehautmoment des Abends sorgt. Vor dem Benefizspiel zwischen den Handballern des SV 64 und der VT Zweibrücken zu seinen Gunsten bringt der langjährige Merkur-Mitarbeiter, der seit einem Unfall im Oktober 2020 querschnittgelähmt ist, in einer Ansprache seine Dankbarkeit zum Ausdruck – steht dann aus seinem Rollstuhl auf und geht ein paar Schritte auf die Tribüne der Westpfalzhalle zu. Applaus und Standing Ovations für den 65-Jährigen mit dem großen Kämpferherz.

Das Wort Danke solle ein Journalist niemals schreiben – das war eines der ersten Dinge, die Fritz Schäfer Anfang der 1990er Jahre von Edgar Steiger (früher Merkur-Redaktionsleiter) gelernt hat. „Doch heute bin ich nicht als Schreiber hier, sondern als Redner“, betont Schäfer. Wenn er sich auf der anderen Seite, als Schreiber, auch „deutlich wohler fühlt“, kann er die ungeliebte Rolle im Mittelpunkt dazu nutzen, um eben doch Danke zu sagen: „All denen, die an meinem Schicksal Anteil genommen haben. Jeder einzelne Genesungswunsch hat mich gefreut und berührt“, erzählt er. Ebenso dankt Schäfer den vielen Spendern, Helfern sowie den Handballern des SV 64 und der VTZ, „die sich gleich bereit erklärt haben, das Spiel zu machen“. Daneben freut er sich über die Unterstützung seines „Freundes Hermann Grieser, der die Idee hatte und das ganze organisiert hat“.

Noch heute kämen Schäfer die Tränen, wenn er sich an das erste Telefonat mit Grieser im März 2021 zurückerinnert. Der Rimschweiler befand sich noch in der Rehaklinik in Bad Wildbad, als das Benefizspiel erstmals zur Sprache kam. „Es hat drei, vier Gespräche gebraucht, bis ich zugesagt habe. Denn ich steh nicht gerne hier vorne, ich sitze lieber hinten und schreibe über das, was da vorne passiert.“

Und da vorne, in der Mitte der Westpfalzhalle, demonstriert „de Fritz“, der nach seinem Sturz und der folgenden Operation vor eindreiviertel Jahren in Homburg zunächst nur den Kopf bewegen konnte, welche Fortschritte er seither gemacht hat. Er hebt beide Arme auf Schulterhöhe und betont, „dass ich die so bewegen kann, habe ich meinen beiden Therapeutinnen Silvia Grieser und Natascha Forbes zu verdanken.“ Sowie seinem Ehrgeiz im täglichen Training. „Die beiden sagen mir immer: Hör‘ auf deine Schwester.“ Und Fritz Schäfer weiß genau, „um solch einen Schicksalsschlag zu überstehen, braucht man eine Familie, die einem hilft“. Neben seiner Nichte, seinem Neffen, deren Ehepartnern und Kindern sei das eben vor allem seine Schwester Elisabeth Metzger. „Ohne sie wäre ich nicht da, wo ich jetzt schon bin. Nicht nur, dass sie eine wunderbare Pflege macht – auch wenn ich mal einen Blues habe, was zum Glück nicht so oft vorkommt –, trainiert sie mich daneben auch so, dass manch ein Fußballtrainer neidisch werden könnte.“ Nur dank ihrer Hilfe, könne er wieder laufen. Mit Metzger an seiner Seite und unter dem tosenden Applaus der rund 600 Zuschauer zeigt er genau das. Und mitten in die Rührung derer auf den Rängen kommt der Schalk des Rimschweilers durch: „Und Philip (Wiese), wenn ihr mal wieder ‘nen Abwehrspieler braucht, in einem Vierteljahr wäre ich so weit“, hat er die Lacher gleich wieder auf seiner Seite.

Wenn der Grund, aus dem Hermann Grieser das Benefizspiel auf die Beine stellte, auch ein tragischer ist, so sollte der Abend neben einem ordentlichen Erlös für Fritz Schäfer eben auch den Spaß in den Vordergrund stellen. „Wir sind natürlich alle wegen des Schicksals des Menschen Fritz Schäfer hier, und dem, was bei ihm Zuhause mit dem Riesenumbau, der unfassbar viel Geld kostet, passiert ist“, blickt Grieser auf seine Beweggründe für die Hilfsaktion. Ein Fahrstuhl und ein Treppenlift wurden eingebaut, das Bad behindertengerecht gemacht. Doch nur ein Teil der gesamten Umbaukosten – ein mittlerer bis hoher fünfstelliger Betrag – wird von der Versicherung übernommen. Der Rest muss privat gestemmt werden. Deshalb sei es umso wichtiger „de Fritz“ und seine Schwester zu unterstützen. Grieser hofft, dass am Ende „ein schöner fünfstelliger Betrag“ zusammenkommt. „Ich bin zuversichtlich, dass wir das erreichen“, sagt er bei der After-Game-Party.

Davor aber wurde noch Handball gespielt. Grieser: „SV 64 und VTZ, da war schon immer eine große Rivalität. An solch einem Tag gibt es das aber nicht. Sportlich machen wir das in der Oberliga in einem supergeilen Derby aus. Aber heute geht es um den Fritz – und den Spaß.“

Den haben auch die aus aktuellen Oberliga- und Nachwuchsspielern sowie All Stars – beim SV 64 etwa Thomas Hoffmann, bei der VTZ Raimonds Trifanovs – gebildeten Teams auf dem Feld. Nach gut anderthalb Minuten jubelt der SV-Spieler und neue Zweitmannschaftstrainer Aris Wöschler über den ersten Treffer. Danach geht es munter auf und ab – mit dem einen oder anderen Kempa-Trick und Drehwürfen auf beiden Seiten. Die Partie, die VTZ-Coach Kai Schumann als „schönen Sommerhandball“ bezeichnet, ist geprägt von kleinen Plänkeleien – etwa einem heißen Schlagabtausch zwischen Wöschler und Marek Galla, der lachend Arm in Arm endet. Pascal Wenzel im VTZ-Dress hadert, weil er es nicht schafft, Bruder Daniel Wenzel im SV-Tor zu überlisten. In der ersten Hälfte haben die SV-Löwen die Nase nach 25 Minuten beim 15:13 noch knapp vorne.

Gewitzelt wird auch bei dem Handball-Fußball-Triathlon von Schäfers Herzensverein TuS Rimschweiler in der Pause. Zum warm werden schießen sie den Fußball – mehr oder weniger erfolgreich – vom Siebenmeterpunkt in das Tor auf der anderen Hallenseite, dann werfen die Kicker den ungewohnten Handball, mit dem noch gewöhnungsbedürftigeren Harz, von der Mittellinie ins leere Tor und schließlich versuchen sie sich am Siebenmeter mit Torwart.

Danach gehen die Scharmützel zwischen den alten Rivalen auf dem Feld weiter. Zunächst zieht die VTZ auf 18:17 (31.) vorbei, dann führt der SV wieder mit 24:22 (41.). Mit der Schlusssirene – hitzebedingt bereits nach 20 Minuten – triff die VTZ zum 29:29. „Ein Ausgang, den wir uns für dieses Spiel gewünscht haben“, sagt Grieser: „Es gibt keinen Gewinner und an diesem Abend mit Fritz nur einen Sieger.“ Bei den insgesamt 58 Treffern zudem „nur einen Torschützen“, flachst Schäfer, der sich über die Geste der Spieler freut: Allesamt tragen seinen Namen auf ihren Trikots in der jeweiligen Teamfarbe.

Diese Freude zu sehen und eine ordentliche Summe Geld zusammenzutragen, das sei an diesem Abend das Ziel gewesen, betont der ebenfalls aus Rimschweiler stammende VTZ-Trainer Philip Wiese. Wenn es auch „nicht der optimale Zeitpunkt in der Vorbereitung auf die neue Saison war“ (Schumann), sind sich die beiden VTZ-Trainer und SV-Coach Stefan Bullacher doch einig, dass es bei niemandem auch nur ein kleinstes Zögern gegeben habe, hier mit aufzulaufen. Eher hätten sich die gegrämt, die nicht dabei sein konnten, erzählt Wiese und fügt an: „Es macht einfach Spaß und es ist schön, dass sich so viele alte Spieler hier treffen, um gemeinsam zu helfen, zu plaudern und auch ein Bier zusammen zu trinken.“

Und dieses gönnte sich auch Fritz Schäfer am Samstagabend bei der After-Game-Party im Kreise zahlreicher Freunde. „Es war echt schön und es hat mich gefreut, dass trotz Corona und der Hitze so viele Leute kamen“, sagte er nach der schönen Abwechslung zum harten Trainingsalltag. In dem er aber weiterhin fleißig an jedem Stückchen mehr an Schritten, an Bewegung und Selbstständigkeit arbeiten wird.

 Ein starkes Team: Fritz Schäfer und seine Schwester Elisabeth Metzger, die täglich zusammen das Laufen trainieren.

Ein starkes Team: Fritz Schäfer und seine Schwester Elisabeth Metzger, die täglich zusammen das Laufen trainieren.

Foto: Svenja Hofer
 Ungewöhnliches Spielgerät: Der Vorsitzende des TuS Rimschweiler, Hans-Peter Schmidt, versucht sich im Halbzeit-Triathlon mit dem Handball.

Ungewöhnliches Spielgerät: Der Vorsitzende des TuS Rimschweiler, Hans-Peter Schmidt, versucht sich im Halbzeit-Triathlon mit dem Handball.

Foto: Svenja Hofer
 Trotz des Spaßfaktors schenkten sich die All Stars, hier VTZler Kai Schumann (li.) und Raimonds Trifanovs gegen Dominik Mader (re.) – nichts.

Trotz des Spaßfaktors schenkten sich die All Stars, hier VTZler Kai Schumann (li.) und Raimonds Trifanovs gegen Dominik Mader (re.) – nichts.

Foto: Svenja Hofer
 Sport vereint beim Benefizspiel für Fritz Schäfer auch alte Rivalen wie den SV 64 und die VTZ - hier Aris Wöschler und Marek Galla.

Sport vereint beim Benefizspiel für Fritz Schäfer auch alte Rivalen wie den SV 64 und die VTZ - hier Aris Wöschler und Marek Galla.

Foto: Svenja Hofer
 Die beiden Kapitäne Philipp Hammann (SV 64, li.) und Norman Dentzer (VTZ) überreichen Fritz Schäfer ein Shirt mit den Logos der beiden Handball-Clubs sowie dem des TuS Rimschweiler.

Die beiden Kapitäne Philipp Hammann (SV 64, li.) und Norman Dentzer (VTZ) überreichen Fritz Schäfer ein Shirt mit den Logos der beiden Handball-Clubs sowie dem des TuS Rimschweiler.

Foto: Svenja Hofer
 Insgesamt 58 Tore fielen beim 29:29 zwischen dem SV 64 und der VTZ – alle erzielt durch Fritz Schäfer, dessen Name jedes einzelne Trikot zierte.

Insgesamt 58 Tore fielen beim 29:29 zwischen dem SV 64 und der VTZ – alle erzielt durch Fritz Schäfer, dessen Name jedes einzelne Trikot zierte.

Foto: Svenja Hofer

Neben den zahlreichen Spenden gab es am Samstag zudem eine weitere Trikotversteigerung. Das bereits von einem Bieter ersteigerte, bezahlte und zurück in die Verlosung gegebene Trikot der Rhein-Neckar-Löwen ging am Samstag dann nochmal für 260 Euro weg, ein unterschriebenes Trikot des SV 64 für 111 und das der VTZ für 100 Euro.

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