Münchhausen ist jetzt Saarländer

Saarbrücken · Ist nicht schon alles erzählt über den berühmtesten Lügenbold der Welt? Nein. Die beiden Saarländer Bernd Kissel und Felix Görmann schreiben die Geschichte des Barons Münchhausen einfach neu.

 Bernd Kissel (links) & Flix alias Felix Görmann (rechts) bei der Buchvorstellung im Theater im Viertel. Foto: Kerstin Krämer

Bernd Kissel (links) & Flix alias Felix Görmann (rechts) bei der Buchvorstellung im Theater im Viertel. Foto: Kerstin Krämer

Foto: Kerstin Krämer

London, 1939. Mitten in der Nacht landet ein verwirrter alter Mann mit einem kuriosen Flugobjekt auf dem Dach des Buckingham-Palastes. Er spricht deutsch und behauptet, auf dem Mond gewesen zu sein. Der britische Geheimdienst reagiert irritiert: Ist der Mann verrückt? Ein Spion? Oder stimmt, was er erzählt? Es gibt nur einen, der die Wahrheit herausfinden kann: der im Londoner Exil lebende Dr. Sigmund Freund. Und so geschieht's, dass der berühmte Lügenbaron von Münchhausen als letzter Patient des großen österreichischen Psychoanalytikers seinen Arzt fast zur Verzweiflung treibt. Ist das nun "Die Wahrheit übers Lügen", wie der Untertitel suggeriert? Jedenfalls behaupten das die beiden Zeichner Bernd Kissel und Flix (bürgerlich: Felix Görmann) in ihrer brandneuen Graphic Novel "Münchhausen". Mit einer bebilderten Lesung stellten die zwei das Buch im Theater im Viertel (TiV) vor - zugleich der Auftakt zur Lesetour in größere Städte. Geriet das Lesen mit verteilten Rollen noch etwas unbeholfen, war das anschließende Gespräch mit Moderator Christian Job (SR) umso launiger.

Die beiden Autoren/Zeichner kennen sich schon lange und haben bereits 2006 beim Märchencomic "Eisenhans" zusammengearbeitet. Wahlberliner Flix, Jahrgang 1976, ist Kommunikationsdesigner und unter anderem Schöpfer der Comics "held" und "Heldentage", der Zeitungsserien "Da war mal was..." und "Schöne Töchter" ("Tagesspiegel") sowie der Reihe "Glückskind" ("FAZ"). Mit Kollege Ralph Rute veröffentlicht er die Reihe "Ferdinand" im Kindermagazin des "Spiegel". Für die "FAZ" hat Flix auch schon "Faust" und "Don Quijote" in die Gegenwart katapultiert - als erfahrener Klassiker-Adapteur übernahm er bei Münchhausen nun das Szenario (in Bilderform), siedelte das Geschehen aber bewusst vorm Zweiten Weltkrieg an - einer Zeit, in der man Lügner dank Dokumentationen in Wort, Film und Foto potenziell bereits überführen konnte. Bernd Kissel übernahm die Zeichnungen: Der Saarlouiser, geboren 1978, arbeitete nach der Ausbildung zum Trickfilmzeichner am "Lycée technique des Arts et Métiers" (LTAM) in Luxemburg als Designer am Trickfilm-Studio 352.

Aus der Saarbrücker Zeitung kennt man seine Comicserien "SaarLegenden" und "SaarlandAlbum"; als freier Zeichner ist er auch für das ZDF tätig ("Tödliches Wolfsrudel").

Der eine schreibt, der andere zeichnet - wie funktioniert das? "Das ist wie in einer Band, bei der jeder jedes Instrument beherrscht, aber den anderen machen lassen muss", erläuterte Flix. Bewusst entschieden sich die beiden, nicht nur aus wirtschaftlichen Gründen, für Schwarz-Weiß und recherchierten sorgfältig historische Details aller Art. Sie setzten auf ikonografische Motive wie den Ritt auf der Kanonenkugel, bauten aber auch Zitate aus Film und Malerei ein. Die dominierende Arbeitsweise?

Auf der Arbeitsachse Berlin-Berus liefen während der zweijährigen Kooperation vor allem die Drähte heiß. "Dieses Buch muss ein Erfolg werden, damit die Telefonrechnung bezahlbar ist", ulkte Kissel.

- Flix/Kissel: Münchhausen. Die Wahrheit übers Lügen. Ab 12 Jahren. Carlsen, 192 Seiten.

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