„Wir befruchten uns gegenseitig"

SAARLOUIS · Flix scribbelt, Kissel zeichnet: Dokumente einer kreativen Zusammenarbeit zweier Comic-Zeichner sind jetzt in Saarlouis zu sehen.

 Bereit für neue Ideen: Zeichner Bernd Kissel aus Berus. Foto: Kissel

Bereit für neue Ideen: Zeichner Bernd Kissel aus Berus. Foto: Kissel

Foto: Kissel

Unverkennbar, diese Nase . . . Das muss eine Zeichnung von Bernd Kissel (39) sein. Der in Berus lebende Autor, vielen SZ-Lesern durch seine "SaarLegenden" und das "SaarAlbum" bekannt, gehört zur Bundesliga der Comic-Künstler. Er hat mit seinem "Sparring Partner", wie er Felix Görmann alias Flix nennt, eine Ausstellung im Atelier des Museums Haus Ludwig in Saarlouis. Dokument einer kreativen Zusammenarbeit, sagt Kissel.

Herr Kissel, schon als Schüler, so erinnere ich mich, haben Sie für die Saarlouiser Lokalredaktion der Saarbrücker Zeitung gezeichnet.

Kissel Richtig, ich war 14 und habe auf meinem Nachhauseweg von der Schule über einen längeren Zeitraum zwei Zeichnungen pro Woche in den SZ-Briefkasten geworfen.

Zu welchen Themen?

Kissel Zu lokalen, aber auch beispielsweise zur Zeitumstellung. Im Wesentlichen waren es politische Karrikaturen wie zu einem Streik der damaligen Gewerkschaft ÖTV.

Wann war Ihnen klar, dass Sie Ihr künstlerisches Talent zum Beruf machen wollten?

Kissel Nachdem ich 1990 den Film "Die Schöne und das Biest" gesehen hatte. Da wusste ich, dass ich Trickfilmer werden wollte. Jahre später habe ich erfahren, dass es in Luxemburg eine Hochschule für Trickfilm gibt, das Lycée technique des arts et métiers.

Dort haben Sie Ihr Diplom gemacht. Was kam danach?

Kissel Ich habe nebenher ein Praktikum in einem luxemburgischen Trickfilmstudio gemacht, das mir nach dem Studium eine Anstellung gab. Dort arbeitete ich acht Jahre als Background- und Propdesigner an Fernsehserien, fühlte mich jedoch unterfordert und machte mich selbständig.

Was war Ihr erster veröffentlichter Comic?

Kissel Eine Adaption des Grimm'schen Märchens "Der Eisenhans", die in Zusammenarbeit mit Flix entstand und in der aktuellen Ausstellung hängt.

Wie kam der Kontakt zu Flix zustande?

Kissel Wir kannten uns aus der Szene und sind seit 1996 befreundet. Wir tauschen uns über die elektronischen Medien aus und befruchten uns gegenseitig. Ich weiß, was er macht, und er weiß, was ich mache. Wenn es etwas zu verbessern gibt, machen wir Vorschläge zur Optimierung. Das ist stets ein kreativer Prozess.

Flix (per Mail) Mit Bernd Kissel zu arbeiten ist eine Freude. Er vermag es, die Bilder, die ich im Kopf habe, zu Papier zu bringen. Allerdings viel schöner und detaillierter, als ich es selber könnte. Und ich zeichne nicht schlecht. . .

Und wer hatte die Idee zu "Münchhausen"?

Kissel Ein Redakteur des Carlsen Verlags in Hamburg wurde auf das SaarlandAlbum aufmerksam und wollte was mit dem Zeichner machen. Flix beabsichtigte, eine größere Geschichte, eine "Graphic Novel", zu schreiben - das passte. Ich schlug "Münchhausen" vor. Flix hat sie neu erzählt, ins 20. Jahrhundert verlegt und den Lügenbaron mit Sigmund Freud konfrontiert, der 1939 in London lebte. Flix hat sie geschrieben und in Strichmännchen (Scribbles) notiert, ich habe sie gezeichnet.

Was ist die Essenz der Geschichte?

Kissel Freud muss herausfinden, ob Münchhausen, der auf dem Dach des Buckingham Palace landet und behauptet, vom Mond gekommen zu sein, lügt oder die Wahrheit sagt. Das zum Thema: alternative Fakten.

Sie behandeln intensiv auch die deutsch-französische Freundschaft. Wie kam es dazu?

Kissel Abgesehen davon, dass ich Grenzgänger bin, sehr viel mit Franzosen gearbeitet habe, bekamen Flix und ich eine Anfrage vom Goethe-Institut in Nancy, etwas zum 50-jährigen Jubiläum des Elysée-Vertrags zu machen. Daraus entstanden die 23 "Strips" zu "Rendez-vous à Berlin", die in dieser Ausstellung zu sehen sind. Dieses Projekt wurde mit dem Rudolf Dirks-Award 2016 ausgezeichnet. Aber bereits 2009, während der Vorstellung des zweiten Bandes der SaarLegenden war der Schulbuchverlag Cornelsen auf meine Comics aufmerksam geworden und beauftragte mich, zusammen mit einem Münchner Autorenpaar eine Comicserie zu entwickeln, mit deren Hilfe deutsche Schüler Französisch lernen können.

Das Gespräch führte Jutta Stamm

Zum Thema:

Comic-Künstler im Haus Ludwig (jst) Die Ausstellung "Rendez-vous mit Flix und Kissel" (bis 5. März.) stellt eine nahtlose Verbindung mit der gleichzeitig gezeigten Ausstellung "Das ist doch keine Kunst" mit Zeichnungen von Ruthe, Sauer und Görmann dar (bis 23. April). Dienstag bis Freitag, 10 bis 13 Uhr und 14 bis 17 Uhr. Samstags, sonntags, feiertags, 14 bis 17 Uhr. Geschlossen: 27. und 28. Februar.

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