Es wächst mehr nach, als gefällt wird

Saarbrücken · Was einigen Zeitgenossen wie „Frevel aus Profitgier“ erscheint, ist in den Augen der Waldbesitzer unerlässlich für eine nachhaltige Forstwirtschaft, die sich diversen Wohlfahrtswirkungen des Waldes verpflichtet fühlt. Bis März sollten Waldbesucher auf sich Acht geben und die gesperrten Zonen meiden.

 Im Stadtwald oberhalb der Sportschule wird Holz geerntet. Bis Weihnachten werden dafür Wege gesperrt. Mugorel Pucka (l.) bedient die Seilbahn, mit der die Stämme aus dem Wald gezogen werden, und redet mit Forstunternehmer Erich Embacher. Foto: Becker&Bredel

Im Stadtwald oberhalb der Sportschule wird Holz geerntet. Bis Weihnachten werden dafür Wege gesperrt. Mugorel Pucka (l.) bedient die Seilbahn, mit der die Stämme aus dem Wald gezogen werden, und redet mit Forstunternehmer Erich Embacher. Foto: Becker&Bredel

Foto: Becker&Bredel

Wenn in den Gärten die Birnen, Tomaten und Kürbisse geerntet werden, freut sich alle Welt über schöne Erträge und beglückwünscht den Besitzer für seinen grünen Daumen. Doch kaum beginnen die Waldbesitzer im Herbst mit dem Einschlag von prächtigen Buchen und Eichen, beklagen "Naturfreunde" allerorten "Frevel" oder beschimpfen gar die Revierförster und ihre Waldarbeiter als "Krieger" gegen die Natur. Der Ton gegenüber den Menschen, die den Wald bewirtschaften, werde zunehmend unduldsamer und verletzender, beschreibt Hans-Albert Letter, Leiter des Saarforst Landesbetriebes, die Konflikte.

Auch Rafael Greif, Revierleiter im Saarbrücker Stadtwald, hat es täglich mit "kritischen" Waldbesuchern zu tun, die an den Arbeiten mäkeln oder die Absperrungen in den Einschlagszonen ignorieren (wodurch sie sich in Lebensgefahr bringen). Da geht schon mal Zeit für Hintergrundgespräche drauf, in denen der Forstwirt die Bedeutung der Holzentnahme für eine nachhaltige Entwicklung des Waldes erklären darf: Bäume werden gefällt, weil Holz als Rohstoff, Baumaterial und als Brennstoff unersetzlich für die Menschheit ist. Der Waldbesitzer benötigt die laufenden Einnahmen, um den Wald als Holzlieferant leistungsfähig zu halten und ihn dabei auch noch struktur- und artenreich zu stabilisieren. Außerdem müssen auch seine zahlreichen "Wohlfahrtswirkungen" wie Erholung, Wasserspeicher, Sauerstofflieferant, Kohlenstoffsenker, Lebensraum für Tiere und Pflanzen langfristig gewährleistet werden. Greif versichert, dass der Stadtforst (wie auch der Saarforst) deutlich weniger Holz aus dem Wald entfernt, als nachwächst, und dies naturnah, also bei grundsätzlichem Verzicht auf Kahlschläge. Entnommen werden meist Einzelstämme, was den Effekt hat, dass sich die verbleibenden Bäume besser entwickeln können. Sie haben mehr Licht.

In Saarbrücken wachsen pro Jahr 12 000 Festmeter Holz , geerntet werden 10 000 Festmeter. Da die nachwachsende Masse schwerer zu identifizieren ist als die entnommene und das Wachsen ungleich länger dauert als das Ernten - 100 vereinzelt sprießende Bäumchen machen optisch weniger daher als ein fallender Riese - ist die Relation beim bloßen Zugucken nicht ersichtlich.

In Saarbrücken ist derzeit der Hang am Schwarzenbergturm in Richtung Uni/Sportschule Haupteinsatzgebiet der Forstwirtschaft . Am extrem steilen Berg fällen Waldarbeiter mit der Motorsäge hunderte Festmeter Buche, Eiche und Lärche. Die entkronten Stämme (Kronen bleiben aus ökologischen Gründen liegen) werden mithilfe eines Seilkrans - eine Art Seilbahn für Holz - nach oben zum Turm gezogen und dort später sortiert und weggefahren. Der gebürtige Österreicher Erich Embacher, Inhaber eines Forstbetriebes in Baumholder mit großem Maschinenpark, erledigt solche spektakulären Arbeiten seit vielen Jahren im Auftrag der Stadt. Auch der Saarforst greift auf die Kompetenz solcher Dienstleister zurück. Die verantwortlichen Förster haben zuvor die Bäume markiert, die gefällt werden. Je nach Wunsch und Bedarf setzt Embacher auch Rückepferde ein. Hier und da im Einsatz (nicht aber beim Stadtforst), vor allem in größeren Nadelholzbeständen, sind sogenannte "Harvester", Voll-Erntemaschinen, die Bäume fällen und zersägen. Sie werden oft wegen ihrer angeblich zerstörerischen Kraft kritisiert, dagegen drücken sie Unfallzahlen und Kosten.

Die Haupterntezeit dauert von Oktober bis März, außerhalb der Brut- und Setzzeit der Tiere. Erstens ist es sicherer. Die Bäume sind entlaubt, man sieht besser, wo sie hinfallen und liegen und kann sie leichter bearbeiten. Da die Bäume unter der Rinde nun kein Wasser führen, entstehen weniger Schäden an verbleibenden Stämmen. Außerdem ist der Boden - hoffentlich - härter, sodass die Rückegassen (in der Regel im Abstand von 40 Metern) und die Wege weniger beansprucht werden. Wer sich darüber ärgert, dass bei der Holzernte "Spazierwege kaputtgemacht" werden, dem erklärt die Forstwirtschaft gern, dass es sich grundsätzlich um "Waldwirtschaftswege" handele, die man gern auch für die Erholung zur Verfügung stelle. Nach getaner Ernte würden sie wieder sauber hergerichtet.

Zum Thema:

Auf einen BlickDer Saarforst Landesbetrieb hat eine sehr gut lesbare kostenlose 12-seitige Broschüre zur Waldbewirtschaftung aufgelegt: "Sagen Sie mal, liebe Forstleute, was passiert da eigentlich im Wald?". saarforst.de

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