Filmfestival Max Ophüls Preis Wohl und Wehe von Online

Heimkino statt Kino. So ist das in diesem Jahr bei Ophüls, coronahalber. Ob nun am PC, via Fernseher oder gar per Beamer – Festival-Filme abseits der Kinoleinwand sind eine neue Erfahrung für viele, aber nicht für alle.

Zum Beispiel nicht für die Schreiberinnen und -schreiber dieser Zeitung. Da wir über Jahre einen Text zum Film am Tag seiner Uraufführung in der gedruckten Zeitung haben wollten, mussten wir zumindest diese Ophüls-Filme zuhause vorab schauen. Und das sah in den ersten 2000er-Jahren so aus: Mit leeren Tüten ging man ins Festivalbüro und kam mit prallen wieder heraus: voller klappernder Videokassetten (reifere Leserinnen und Leser werden die noch kennen). Beim Kurzfilmwettbewerb hatte man am meisten zu schleppen – eine Kassette pro Film. Gut für den Muskelaufbau.

Später hatten wir weniger zu tragen, dank DVDs, die zuletzt bequemen Sichtungslinks wichen. Doch das generelle Problem bleibt: Notgedrungen beurteilt man Filme, die andere Leute im Kino sehen, abseits des Kinos. Die Bilder muss man sich eben groß denken, gerade wenn ein Drittel des Bildschirms oder Fernsehers von schwarzen Balken verdeckt wird, weil der Film sich für das wunderbar breite Cinemascope-Format entschieden hat – wie der diesjährige Eröffnungsfilm „A Black Jesus“.

Über das zuhause fehlende, viel beschworene Gemeinschaftserlebnis im Kino kann man dagegen streiten. Ob man Komödien in einem vollen Saal mit gut gelauntem Publikum lustiger findet als alleine auf der Couch, muss noch bewiesen werden. Außerdem gab es in der Vergangenheit auch Kino-Besuche bei Ophüls, die durch einige wenige Ignoranten zerstört wurden – durch demonstratives Gähnen oder durch das vorzeitige Verlassen des Saals mit großer Geste und Türenschlagen. Diese Leute hätte man sich im eigenen Wohnzimmer erspart. Und doch fehlen sie einem in diesem kinolosen Jahr. Hoffentlich kann man sich 2022 wieder über sie ärgern.

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