Amtsenthebung oder Auflösung? AfD-Spitze knöpft sich Saar-Vorstand vor

Saarbrücken · Die Vorgänge im kleinen Kreisverband Merzig-Wadern schlagen hohe Wellen bis nach Berlin.

 Josef Dörr gibt in der saarländischen AfD den Ton an. Nun muss er sich mit dem Bundesvorstand der Partei messen – nicht zum ersten Mal.

Josef Dörr gibt in der saarländischen AfD den Ton an. Nun muss er sich mit dem Bundesvorstand der Partei messen – nicht zum ersten Mal.

Foto: dpa/Oliver Dietze

Als sich die Mitglieder des AfD-Bundesvorstandes am Montag zu einer Telefonkonferenz zusammenschalteten, ging es ums Saarland – wieder einmal. Regelmäßig ist der kleine Landesverband Thema in der Parteispitze, erst vor mehreren Wochen beklagte sie eine „Vielzahl möglicher Verstöße“ des Saar-Landesvorstandes gegen die Satzungen und Ordnungen der Partei sowie gegen das Parteiengesetz, die nun geprüft würden.

Am Montag drohte die Parteispitze um Jörg Meuthen und Alexander Gauland dem Landesvorstand sogar mit der Amtsenthebung und der Auflösung des Landesverbandes. Die Partei wird gerade Zeuge der zweiten Machtprobe zwischen Bundes- und Landespartei. Bereits 2016 hatte der Bundesvorstand versucht, den Landesverband wegen Kontakten ins rechtsradikale Milieu aufzulösen. Damals siegte der Landesverband vor dem Parteigericht.

Diesmal geht es um das Verhalten des Landesvorstandes gegenüber dem Kreisverband Merzig-Wadern (rund 30 Mitglieder). Der Hintergrund: Der Landesvorstand hat die Mitglieder des Kreisverbandes für diesen Freitag zu einer Mitgliederversammlung mit Vorstandsneuwahlen eingeladen – hinter dem Rücken des amtierenden Kreisvorsitzenden Dominik Peter. Wenn Peter über Dörr spricht, zieht er gerne Vergleiche zur Mafia und zum Regime des türkischen Machthabers Erdogan. Dörr wiederum sagt über Peter: „Den nehme ich nicht ernst.“ Peter werde als Kreisvorsitzender ohnehin bald Geschichte sein.

Im grünen Kreis spielt sich ein Stellvertreter-Konflikt zwischen Gegnern und Anhängern des Landeschefs ab. Zur Dörr-Allianz gehören unter anderem der Landesvorstand und die mitgliederstarken Kreisverbände Saarbrücken-Stadt und Saarbrücken-Land. Zur Gegenseite zählen unter anderem Dörrs Fraktionskollege und ehemaliger Verbündete Lutz Hecker (Dörr: „Er hat sich selbst ausgegrenzt“) und der Bundestagsabgeordnete Christian Wirth.

Die Vorgeschichte: Der Landesvorstand erkannte den am 6. Januar 2018 gewählten Merzig-Waderner Kreisvorstand unter Dominik Peters Führung zunächst nicht an, scheiterte damit aber vor den Parteigerichten in Land und Bund. Deshalb zog er vor das Landgericht Saarbrücken, wo ab nächsten Donnerstag das Verfahren „Alternative für Deutschland gegen Alternative für Deutschland“ beginnt. Dass der Landesvorstand nun zur Mitgliederversammlung im  Kreisverband Merzig-Wadern einlädt, begründet Josef Dörr damit, dass der Kreisvorstand untätig gewesen sei und genügend Mitglieder satzungsgemäß eine Versammlung beantragt hätten. Das Landesschiedsgericht habe die Einladung zudem empfohlen.

Der Kreisvorsitzende Dominik Peter klagt aber: Wenn der Kreisvorstand nicht handlungsfähig sei, dann deshalb, weil der Landesvorstand die Arbeit permanent behindere. So habe der Kreisvorstand keinen Zugriff auf die Namen und Anschriften der Mitglieder des Kreisverbandes Merzig-Wadern.

Der Bundesvorstand hat sich am Montag klar auf die Seite des Kreisverbandes gestellt: Er forderte Dörr und seine Vorstandskollegen auf, die „rechtswidrige Mitgliederversammlung sofort abzusagen“. Landeschef Dörr befolgte das zunächst nicht, eine Entscheidung war für Freitagmorgen geplant, wenige Stunden vor Beginn der Versammlung. „Wenn der Bundesvorstand die Sachlage gekannt hätte, hätte er einen solchen Beschluss niemals gefasst“, ist er überzeugt.

Der Bundesvorstand kritisierte auch, dass E-Mails an das Landesschiedsgericht der Partei auf der Landtags-E-Mail-Adresse des stellvertretenden Landesvorsitzenden Dieter Müller gelandet sind. Dieser Verstoß gegen das Trennungsgebot von Partei und Schiedsgericht ist einer der Gründe, warum nun der Rücktritt des Landesvorstandes gefordert wird. Müller hatte zunächst bestritten, solche E-Mails bekommen zu haben. Dörr bestätigte aber, dass die E-Mails an Müller weitergeleitet wurden. Er begründete das damit, dass es zeitweise kein Schiedsgericht gab. Als es dann wieder existierte, sei vergessen worden, die Weiterleitung abzuschalten. Er sprach von „lächerlichen Sachen“, die aufgebauscht würden und ihn nicht allzu sehr interessierten.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort