WSF-Schwimmer Moritz Bartels Um viele Erfolge und Erfahrungen reicher

Zweibrücken/Allendale · In den letzten vier Jahren hat der Schwimmsport das Leben von Moritz Bartels maßgeblich mitbestimmt. Das wird sich mit dem nahenden Ende seiner Zeit als US-Student ändern. Zumindest auf dem Top-Niveau wie bislang kann der Zweibrücker den Sport mit seinem anstehenden Master-Studium nicht mehr verbinden. Auf seine bald endende Zeit in den Staaten blickt Bartels zufrieden – aber auch mit ein wenig Wehmut zurück.

 Moritz Bartels (rechts), hier mit seinem Teamkollegen – dem Australier  Jesse Goodyear – verabschiedet sich mit einem weiteren sportlichen Erfolg von seiner erfolgreichen College-Zeit in den USA: Mit seinem Uni-Schwimmteam,  den Grand Valley State Lakers, gewann der Zweibrücker zum wiederholten Mal das Finale der „Great Lakes Intercollegiate Athletic Conference“, in dem sich zwölf Universitäten aus vier Bundesstaaten messen. Hier präsentieren die beiden stolz die Siegertrophäe.

Moritz Bartels (rechts), hier mit seinem Teamkollegen – dem Australier  Jesse Goodyear – verabschiedet sich mit einem weiteren sportlichen Erfolg von seiner erfolgreichen College-Zeit in den USA: Mit seinem Uni-Schwimmteam,  den Grand Valley State Lakers, gewann der Zweibrücker zum wiederholten Mal das Finale der „Great Lakes Intercollegiate Athletic Conference“, in dem sich zwölf Universitäten aus vier Bundesstaaten messen. Hier präsentieren die beiden stolz die Siegertrophäe.

Foto: Bartels/rivat/Bartels/privat

Zeit ist relativ. Nach über einem Jahr Corona-Pandemie mit Entbehrungen, Einschränkungen und Ungewissheiten scheint sie für viele Menschen quälend langsam voranzuschreiten, womöglich sogar stillzustehen. Für Moritz Bartels allerdings wird der April vermutlich wie im Fluge vergehen. Nicht nur weil der Zweibrücker Ende des Monats seine „Finals“ – die Abschlussprüfungen – an der Grand Valley State University in Allendale im US-Bundesstaat Michigan ablegen wird. Sondern auch, weil damit gleich zwei Kapitel im Leben des 22-Jährigen zu Ende geschrieben sein werden. Am 1. Mai endet das Semester in den USA. Rund zwei Wochen später hebt Bartels‘ Flieger in die Heimat ab. Mit dem Bachelor-Abschluss im Fach Business Administration in der Tasche ist seine Zeit als US-Student dann nach knapp vier Jahren vorbei. Zugleich ist es für ihn der Abschied vom Schwimmsport auf Top-Niveau. Denn nach einem Praktikum in Hamburg wird Bartels ab September an der Wissenschaftlichen Hochschule für Unternehmensführung in Vallendar bei Koblenz seinen Master (Management) in Angriff nehmen. „Und wie es dann mit dem Sport weitergeht, muss ich erstmal sehen. Bislang hat Schwimmen in meinem Leben immer die erste Geige gespielt. In Zukunft hat aber die Ausbildung Vorrang“, sagt Bartels mit ein klein wenig Wehmut in der Stimme. „Schwimmen werde ich weiter. Aber nicht mehr auf dem gleichen Level und unter dem zeitlichen Aufwand wie bisher“, ergänzt der deutsche Meister im Freiwasserschwimmen über zehn Kilometer des Jahres 2018.

Aber warum diese Entscheidung? Schließlich hat der Spezialist für die langen Distanzen auch bisher Schwimmsport und Studium unter einen Hut gebracht. „In den USA ist der Sport aber ein fester Bestandteil des College-Systems, mit Deutschland ist das nicht vergleichbar“, erklärt Bartels, der 2017 über ein Schwimmstipendium an die Universität in Michigan gekommen war. In der Nähe von Koblenz gebe es zudem keinen Olympiastützpunkt. Und zwischen seinem künftigen Studienort und der Sportschule in Saarbrücken zu pendeln, an der er 2020 trotz Corona als deutscher Kaderschwimmer trainieren durfte, sei zeitlich nicht zu stemmen.

Bartels’ Zeit am US-College war von Beginn an eine sportliche Erfolgsgeschichte. Schon wenige Monate nach seiner Ankunft brach er den Schulrekord über 1500 Meter, wurde 2018 als „Freshman of the Year“ ausgezeichnet und gewann ein Jahr darauf die College-Meisterschaft im Freiwasserschwimmen. Und mit einem Triumph verabschiedet sich der ehemalige Aktive der Wassersportfreunde Zweibrücken nun auch aus den Staaten. Mitte Februar gewann er mit seinem Uni-Schwimmteam – den Grand Valley State Lakers – das Finale der „Great Lakes Intercollegiate Athletic Conference“. Der Wettkampf erstreckte sich über vier Tage. Am Ende feierte Bartels‘ Team im Holland Aquatic Center (Michigan), in dem Athleten von zwölf Universitäten aus vier Bundesstaaten (Michigan, Ohio, Indiana, Wisconsin) ins Becken stiegen, ihren siebten Conference-Sieg in Folge.

Die Veranstaltung stand – natürlich – im Zeichen von Corona. Drei Mal wurde Bartels in der Woche vor dem Wettkampf auf das Virus getestet. „Zuschauer waren nicht erlaubt und den anderen Teams sind wir nie richtig nahe gekommen. Normalerweise wird sich nach den Rennen mit den Gegnern abgeklatscht. Diesmal standen wir auf der einen Seite des Beckens – und die auf der anderen“ erzählt der Zweibrücker.

Bereits im Januar hatte er wieder Wettkampfluft geschnuppert. Zunächst nur in sogenannten „Dual Meets“ gegen jeweils eine andere Uni. Doch aller Vorsichtsmaßnahmen zum Trotz: Corona schwamm mit. Die erste geplante Veranstaltung musste gleich abgesagt werden. Und als das nächste „Dual Meet“ vor der Tür stand „war mir nicht wirklich wohl dabei“, räumt Bartels ein. Mittlerweile fühlt er sich aber sicherer. Denn das Infektionsgeschehen hat sich in den Staaten etwas beruhigt. Zum einen „weil es mit dem Impfen hier schnell vorangeht“, sagt Bartels, der am heutigen Donnerstag selbst seine erste Impfung erhält. Und der zweite Grund – und da gibt sich der 22-Jährige keinen Illusionen hin – ist der, „dass hier viele Menschen schon infiziert waren und Antikörper gebildet haben.“

Und dennoch: Als Bartels im vergangenen Jahr kurz vor Weihnachten in die USA zurückflog, sah die Lage noch weitaus dramatischer aus. Angenehme Festtage hatte der Zweibrücker trotzdem, auch wenn er die Geschenke nicht unterm Tannenbaum zu Hause in der Rosenstadt auspacken konnte. „Ich habe Weihnachten mit meiner ‚Ziehfamilie‘ in Michigan verbracht. Die wohnen einen Ort weiter und hatten mich zu Beginn meiner College-Zeit unter ihre Fittiche genommen. Deren Kind schwimmt auch für unsere Uni. Es war richtig schön bei ihnen.“

Groß war Bartels’ Freude auch bei dem Wiedersehen mit dem Schwimmteam und seinen Freunden. Die hatte er neun Monate nicht mehr persönlich zu Gesicht bekommen. Denn als die Pandemie im Frühjahr 2020 immer bedrohlichere Züge annahm, „habe ich vom einen Tag auf den anderen die Koffer packen müssen. Da gab es gar keine Zeit, sich richtig zu verabschieden“, erzählt Bartels. Das letzte Semester verbrachte er komplett im Home-Office in Zweibrücken, besuchte die Uni-Veranstaltungen online.

Mit Kumpels und Kommilitonen bei einem schönen Essen über das vergangene Jahr zu plaudern, war allerdings auch nach seiner Rückkehr nicht ohne weiteres möglich. Restaurants und Lokale hatten zunächst geschlossen. „Seit Mitte Januar durfte man dann teilweise wieder draußen in der Kälte sitzen“, erzählt Bartels. Das Leben in den Staaten normalisiert sich seitdem. Geschäfte sind offen. Auch das kulturelle Leben läuft wieder an. Doch Bartels lässt weiter Vorsicht walten. „Unnötige Risiken vermeide ich. Ins Kino würde ich immer noch nicht gehen.“

Für derlei Aktivitäten hätte der Student nach seiner Rückkehr in das Land der unbegrenzten Möglichkeiten auch gar keine Zeit gehabt. Bereits kurz vor dem Jahreswechsel ging es für ihn und sein Team in ein Trainingslager. Das fand diesmal nicht wie sonst in Florida, sondern zu Hause in Michigan statt. Nach dem Sieg im Conference-Finale im Februar bekam die Mannschaft zwei Wochen frei, nun ist das Training zwar wieder angelaufen – aber nur gedrosselt. Denn die Saison ist im Grunde vorbei. Wettkämpfe stehen nicht mehr auf dem Programm. 15 Stunden in der Woche bittet Coach Andy Boyce seine Schwimmer noch ins Becken. „Ich mache für mich persönlich noch ein bisschen mehr, so dass ich wohl auf rund 20 Stunden komme“, berichtet Bartels. Nun da seine Abschlussprüfungen näher rücken, tauscht er aber des Öfteren die Schwimmhalle gegen die Bibliothek. „Nervös bin ich vor den ‚Finals’ nicht. Vielleicht kommt das in ein, zwei Wochen noch. Wenn es richtig ernst wird. Aber meine Vornoten sind gut, ich war fleißig und liege in Sachen Vorbereitung in der Zeit.“

Die Zeit, die Bartels in den USA gelebt hat, neigt sich nun dem Ende zu. Es war eine Zeit, die ihn geprägt hat. Und eine, die er vermissen wird. „Meine Familie hat mich immer unterstützt, gerade in meinem ersten Semester hatten wir ständig Kontakt. Aber klar bin ich hier selbstständiger geworden. Das muss man, wenn man nach dem Abi über 6000 Kilometer von zu Hause wegzieht und seine Wäsche auf einmal selbst machen muss“, sagt Bartels und lacht. „Ich habe hier so viel erlebt, so viele Freunde gefunden, natürlich wird mir das fehlen“, ergänzt er ernster. Von seiner Uni hatte er das Angebot bekommen, dass sein Sportstipendium verlängert wird, er noch seinen Masterabschluss anschließen kann. „Aber die Option in Deutschland ist beruflich die bessere. Und dass ich wieder näher bei meiner Familie lebe, hat auch eine Rolle gespielt.“

Corona mag in den USA ein wenig abgeklungen sein. Eine rauschende Abschiedsparty wird es für Bartels selbstverständlich trotzdem nicht geben, bevor er in den Flieger Richtung Heimat steigt. Auch die Abschlussfeier seiner Universität, zu der auch die Familie eingeladen worden wäre, fällt aus. „Aber im kleinen Kreis mit meinen Freunden werde ich ein wenig feiern. Und mich verabschieden“, sagt der Zweibrücker.

Nun freut er sich darauf, dass bald ein neues Kapitel in seinem Leben beginnt – auch wenn in diesem Schwimmen eine kleinere Rolle spielen wird als bisher. Die vergangenen vier Jahre am US-College in Michigan wird er dennoch in bester Erinnerung behalten. Zeit mag relativ sein – doch Moritz Bartels ist sich sicher, dass er die seine gut genutzt hat: „Wenn ich noch einmal vor der gleichen Entscheidung wie 2017 stehen würde – ich würde sie genauso wieder treffen.“

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort