Kolumne So kann’s gehen Früher war mehr Wassereis!

Gefärbtes Wasser mit Zucker ist wahnsinnig lecker – und wird es immer sein. Auch wenn sich Dinge ändern.

 Kommentarkopf Aline Pabst

Kommentarkopf Aline Pabst

Foto: SZ/Robby Lorenz

Wenn man groß wird, erscheinen Dinge aus der Kindheit plötzlich ganz klein. Sagt man so. Ich kann das nicht bestätigen. Erstens bin ich mit 1,58 Metern nie so richtig groß geworden. Und zweitens weiß ich ganz genau, dass ich mir das nicht nur einbilde: Wassereis, diese bunten Stangen, die jeder kennt – die waren früher doppelt so lang. Mindestens!

Es gibt sie heute in jedem Supermarkt im Zehnerpack. Allerdings noch flüssig. Einfrieren muss man sie selber. Auch das gab‘s früher nicht. Jedenfalls hat meine Mutter nie solche Packungen gekauft. Sie wusste vermutlich wieso. Ich hätte sie in Gänze weggeputzt, sobald das Eis in der Kühltruhe hart geworden wäre. Stattdessen steckten die Stangen einzeln im Eisfach des Dorflädchens, neben Magnum und Cornetto. 10 Pfennig das Stück. Preis-Leistung top. Ich mache keine Witze: Damals waren die wirklich noch viel länger. Vielleicht hat man sie irgendwann aus blindem Aktionismus halbiert. Schließlich sollen sich Kinder gesund ernähren. Wassereis dagegen: Wenn sich darin auch nur ein Vitamin finden sollte, hat es sich nur aus Zufall dorthin verirrt. Zutaten: Zucker, künstliche Aromen und genauso künstliche Farbstoffe, in großen Mengen garantiert krebserregend.

Aber leider halt auch furchtbar köstlich. Besonders, wenn das Eis so mürbe ist, dass man aufpassen muss, dass es nicht abbricht, wenn man es zu weit aus seiner Plastikhülle rausschiebt. So weich und krisselig, dass man es mit der Zunge im Mund zerdrücken kann. Lecker. Das Gegenteil hat aber auch was für sich: so hart gefroren, dass es richtig laut knackt zwischen den Zähnen, wenn man ein Stück abbeißt. Da freue ich mich jedes Mal, als wäre ich wieder sieben Jahre alt.

Heute gibt’s die Dinger gar nicht mehr einzeln, glaube ich. Immer nur diese Zehnerpacks. Doof, wenn man ganz spontan Lust hat. Seine Lieblingssorte kann man so auch nicht auswählen. In den Packungen sind ja fünf Sorten, je zweimal. Alle Kinder sind immer ganz verrückt nach Cola. Meine Rangliste der Original-Geschmacksrichtungen sieht dagegen seit 30 Jahren so aus: Waldmeister, Orange, Kirsche, Zitrone. Cola kommt als letztes, wenn sonst gar nix mehr da ist.

Vielleicht muss ich mir einfach Freunde mit anderen Vorlieben suchen. Dann könnten wir untereinander tauschen. Wie Fußballbildchen. „Eine Zitrone und ein Cola gegen zweimal Orange!“ Aber da ist noch so was, dem ich hinterher trauere: Das orange Wassereis schmeckt heute nach Pfirsich. Bäh. Zumindest bei der Marke, die der nächste Supermarkt führt. Aber soll ich jetzt nur wegen Wassereis in ein anderes Geschäft rennen? Das ist dann doch etwas übertrieben. Wobei: Ich darf das. Ich bin ja schon groß. Mehr oder weniger.

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