Kolumne So kann’s gehen Trude und der innere Schweinehund auf dem Sofa

Ein Vierbeiner als Personal-Trainer, als sportlicher Antreiber gegen die eigene Bequemlichkeit? Das kann ganz anders aussehen als geplant, hat unsere Kollegin überrascht festgestellt.

Trude unterm Bett
Foto: SZ/Robby Lorenz

Wir haben einen neuen Hund. Seit ein paar Wochen erst. Unser geliebter kleiner Emil war plötzlich gestorben, und der Kummer war riesengroß. „Ihr braucht wieder einen Hund“, sagten Freunde und Freundinnen ziemlich bald. Wir fanden das zwar erst mal irgendwie treulos. Aber ein Leben ohne ständiges Risiko, in Küche und Flur über einen kleinen Wusel zu stolpern, war irgendwie auch nicht schön.

Vor allem aber: Ich brauche jemanden, der mich zwingt, mich zu bewegen. Denn ich gehöre – ich muss es leider sagen – von meinem Naturell her eindeutig zur Gattung der Sofatiere. Man gebe mir was Spannendes oder Anregendes zu lesen, platziere mich bequem – und man kann Stunden später wieder vorbeikommen, und ich habe mich nur  unwesentlich bewegt.

Mein Mann ist als Bewegungs-Antreiber auch  nicht wirklich geeignet. Erstens kann der auch ganz gut stundenlang lesen – deshalb verstehen wir uns ja auch so gut. Vor allem aber: Gegen den kann ich  mich ganz gut zur Wehr setzen. Hab ja jahrelang trainiert.

Wo ich aber machtlos bin, ist so ein kleiner Vierbeiner mit großen Augen, der vor mir steht, hoffnungsfroh wedelt und unmissverständlich erklärt: Ich will spazieren gehen! Da raffe ich mich tatsächlich auf.

Also haben wir – gegen den Kummer und für meine Gesundheit – beschlossen: Es kommt wieder ein Hund ins Haus. Wer kam, war Trude, ein Jahr alt. Nicht gesucht, aber glücklich gefunden, unser bildhübsches Hunde-Mädchen. Wir lieben sie bereits alle heftig – wenn wir sie mal finden. Denn häufig sitzt Trude unterm Bett. Die kleine Hundedame ist nämlich extrem schüchtern. Kaum sind mehr als zwei Leute im Haus, wird es ihr zu stressig, und sie verkriecht sich. Das ist nicht weiter schlimm. Wir lassen ihr Zeit, sie wird sich schon gewöhnen.

Nur eine Sache an Trude ist ein bisschen unerwartet: Trude ist wahrscheinlich der einzige Hund auf dem  Planeten, der findet, spazieren gehen wird überbewertet. Wenn überhaupt, geht sie eigentlich nur mir zuliebe und erkennbar widerwillig in den Wald. Pflichtbewusst schnuppert sie mal an einem  Grashalm, aber ansonsten absolviert sie ihren Spaziergang wie unsereins vielleicht das Staubsaugen oder so. Doch sobald Trude merkt, es geht wieder heim, hebt sich ihre Stimmung und das Schwänzchen wedelt freudig.

Trude ist tatsächlich die tierische Entsprechung des Heimchens am Herd. Wenn ich es mir mit einem Buch oder vor der Glotze bequem mache, kuschelt sie sich zufrieden wie eine kleine Katze neben mich. Stundenlang. Eigentlich mein idealer Hund. Viel Schmusen, wenig Ansprüche. Wenn da nicht die lästige Pflicht zur Bewegung wäre, von wegen Gesundheit und so.

Aber gegen den inneren Schweinehund ist diese Kleine leider gar keine Hilfe. Sie, die sonst vor allen Hunden Angst hat, findet ausgerechnet den richtig nett. Von ihr aus darf er gerne bleiben, solange es auf dem Sofa ist . . .

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