Das Sportjahr im Rückspiegel Bloß nicht unterkriegen lassen

Von Höhenflügen, Abstürzen und Steh-auf-Männchen: Das regionale Sportjahr 2018 im Rückblick.

Wenn es einfach wäre, könnte es ja jeder. Zugegeben, diese Erkenntnis ist nicht neu, aber irgendwo doch eine der grundlegenden des Sportjahres 2018. Denn einfach war dieses Jahr nun wirklich nicht – egal, ob auf regionaler, nationaler oder internationaler Ebene. Sebastian Vettel versemmelt die Formel-1-WM, die Fußball-Nationalelf blamiert sich in Russland, der FC Bayern torkelt durch die Bundesliga. Und im Saarland geht der Landessportverband vor die Hunde.

Auch für die Sportler aus dem Kreis war 2018 nicht gerade das beste. Nehmen wir Philipp Wollscheid. Vor fünf Jahren schaffte der Fußball-Profi aus Morscholz sogar den Sprung in die Nationalmannschaft. Heute steht er nur noch im Elite-Team des Online-Portals transfermarkt.de – in der Mannschaft der besten arbeitslosen Fußballer Europas. Dort ist der 29-Jährige mit einem Marktwert von stolzen 2,5 Millionen taxiert, doch er steht im Abseits. Im Januar löst Wollscheid seinen Vertrag beim FC Metz auf, kurzzeitig ist er im Sommer bei 1860 München im Gespräch. Doch das zerschlägt sich. Um sich fit zu halten, spielt er nun in der Hallensaison für den FC Noswendel Wadern. Wie es mit der Karriere als Profi weitergeht? Fraglich.

Die richtige Entscheidung treffen – vor diesem Problem steht im Sommer auch ein anderer Top-Star aus dem Kreis: Torhüter Kevin Trapp. In Paris auf der Bank bleiben oder sonstwo wieder die Nummer eins werden? Der Brotdorfer entscheidet sich für die sportliche Herausforderung – und kehrt vom französischen Top-Klub zu Eintracht Frankfurt zurück. Von der glamourösen Seine an den beschaulichen Main. Eine gute Entscheidung – auch wenn der Anfang für den 28-Jährigen nicht leicht ist. Es dauert bis zum 10. Spieltag, ehe Trapp erstmals ohne Gegentor bleibt. Spätestens seit dem Spiel in Hoffenheim, als er den Sieg mit starken Paraden festhält, ist aber klar: Dass die Eintracht-Adler diese Saison im Aufwind sind, in der Bundesliga lange vor den Bayern stehen und in der Europa League von Sieg zu Sieg eilen, ist maßgeblich auch sein Verdienst.

Nicht nur Trapps Beispiel zeigt: Sich nicht unterkriegen lassen, kämpfen, Rückschläge wegstecken – und zurückkommen. Das ist das, was wir vom Sport lernen können. Und manchmal geht es sogar schneller als gedacht. Das beweisen uns etwa der SV Mettlach und der 1. FC Reimsbach. Beide stecken im Frühjahr lange im Abstiegskampf. Verbandsligist Reimsbach ist nach einer wahren Horrorsaison sogar auf Schützenhilfe angewiesen, um in der Klasse zu bleiben. Doch über Sommer schaffen beide Teams mit neuen Trainern und gezielten Verstärkungen die Trendwende. Mettlach mischt plötzlich munter die Saarlandliga auf und überwintert auf dem dritten Platz. Reimsbach ist in der Verbandsliga sogar Zweiter – dank eines echten Kreft-Akts. Denn der Pole Bartek Kreft, Neuzugang vom SV Bardenbach, wird zum Ballermann der Liga. Bis zur Winterpause trifft er 23 Mal, führt die Torjägerliste klar an – und lässt sogar zarte Titel-Träume in Reimsbach reifen.

Sogar ein rundum gutes Jahr haben der SV Losheim und der FC Noswendel Wadern. Für Losheim beginnt das bereits mit dem Masters. Erstmals seit sieben Jahren qualifiziert sich der Club für das Finalturnier der Hallenrunde. Dort ist zwar früh Schluss, doch die Fans rocken die Saarlandhalle. Beflügelt davon geht es auch in der regulären Runde erfolgreich weiter. Am vorletzten Spieltag der Landesliga fährt das Team den Titel ein. „Wir hätten nicht gedacht, dass es heute schon klappt“, staunt selbst Trainer Nico Lalla. Zwei Jahre nach dem Abstieg aus der Verbandsliga gelingt der Wiederaufstieg.

Noswendel Wadern sorgt derweil vor allem im Pokal für Schlagzeilen. Bis ins Halbfinale stürmt der Verbandsligist vor, muss sich erst dort den Profis aus Elversberg geschlagen geben. Vor 1000 Zuschauern. Es ist ein Höhepunkt der Vereinsgeschichte.

Die Spvgg. Merzig kann dagegen von so etwas nur träumen. Der Verein taumelt weiter, bekommt keinen Boden unter die Füße. Dem Landesliga-Abstieg 2017 folgt 2018 der Bezirksliga-Abstieg. Und auch in der Kreisliga ist Merzig derzeit chancenlos. Mit 0 Punkten und 8:142 Toren ist das Team erneut Letzter. Bitter.

Dafür ist in Merzig im Handball richtig was los. Der TuS Brotdorf biegt mit Urgestein Ralf Kreibig als Trainer in der Saarlandliga wieder auf die Erfolgsspur ein. Der HSV Merzig-Hilbringen steht derzeit sogar an der Tabellenspitze – und gewinnt im dritten Anlauf auch das Derby der beiden. Einziger Wermutstropfen: Der Ernst-Thiel-Cup wird eingestellt. In diesem Jahr hatte das Turnier noch neue Maßstäbe gesetzt, Erstligisten aus halb Europa kämpften um den Sieg. Doch dann zogen die Veranstalter den Stecker. Zu hohe Kosten. Schade.

Dabei etabliert sich Merzig in diesem Jahr endgültig als Sportstadt, beginnt, St. Wendel den Rang abzulaufen. Im Januar sorgen die Stabhochspringer beim Neujahrsspringen im Zeltpalast wieder für Höhenflüge, nur wenige Wochen später schlägt die Weltelite im Tischtennis auf. Und im April kommt sogar der FC Barcelona nach Merzig. Die U14 des Vereins gewinnt beim Talents-Cup – der nun mit Fug und Recht von sich behaupten kann, das „beste U14-Turnier Deutschlands“ zu sein. Und es geht Schlag auf Schlag weiter: Erst kommt die saarländische Schullaufmeisterschaft und dann als Höhepunkt die Deutschland-Tour. Mit Top-Stars wie Weltmeister Tom Dumoulin, Tour-de-France-Sieger Geraint Thomas, André Greipel, Rick Zabel oder Pascal Ackermann. 50 000 Fans fiebern den Radprofis auf der dritten Etappe, die in Trier startet, quer durch den Kreis verläuft und in Merzig endet, entgegen. In 190 Länder wird das Rennen übertragen, Millionen Zuschauer verfolgen somit, wie die Fans an der Bergwertung in Nohn für echte Tour-de-France-Atmosphäre sorgen. Oder wie in der Trierer Straße in Merzig die Entscheidung um den Etappensieg fällt. „Das ist das Sport-Highlight des Jahres im Saarland“, freut sich Merzigs Bürgermeister Marcus Hoffeld. Recht hat er. Und hoffentlich kommt die Tour 2019 wieder. Was uns das neue Jahr sonst noch so bringt? Wir sind gespannt. Auf ein gutes Neues.

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