Nach dem Koalitionsstreit Saar-Finanzminister Strobel bestimmt die Agenda

Saarbrücken · Der Finanzminister hat den Koalitionsstreit überstanden. Doch ihm drohen neue Scharmützel.

 Applaus für den Finanzminister: Bildungsminister Ulrich Commerçon (SPD, links) und Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) klatschten vor zweieinhalb Wochen im Saar-Landtag für Geburtstagskind Peter Strobel (Mitte).

Applaus für den Finanzminister: Bildungsminister Ulrich Commerçon (SPD, links) und Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) klatschten vor zweieinhalb Wochen im Saar-Landtag für Geburtstagskind Peter Strobel (Mitte).

Foto: BeckerBredel

Es sah bedrohlich aus. Als der Landtag zu seiner ersten Sitzung nach der Sommerpause zusammenkam, setzte sich Bildungsminister Ulrich Commerçon (SPD) direkt neben Finanzminister Peter Strobel (CDU). Und das, nachdem der Sozialdemokrat im Koalitionsstreit um mehr Lehrerstellen gesagt hatte, er sei der „natürliche Feind des Finanzministers“.

Doch an diesem Tag verhielt sich Commerçon wie der beste Freund des Kassenwarts der großen Koalition. Einmal legte er gar den Arm um dessen Schulter. Die vorgezogene Haushaltsdebatte schien beendet. Schließlich hatte Strobel ihm weiteres Personal zugesagt. Wie lange wird der Finanzminister die Verteilungskämpfe innerhalb des Kabinetts nun unterbinden können?

Derzeit bestimmt Strobel als Stimme fiskalischer Vernunft die politische Agenda. Am nächsten Mittwoch befasst sich der Landtag mit dem „Saarland-Pakt“ zur Teilentschuldung der Kommunen. In der vergangenen Woche hat Strobel im Namen des Ministerrats eine grobe Finanzplanung bis 2023 vorgestellt. Das Land müsse „den Gürtel enger schnallen“, sagte er. Schon im Koalitionsstreit um Lehrer und Polizisten hatte Strobel neue Ausgaben von einer „klaren politischen Schwerpunktsetzung“ abhängig gemacht. Er sagte: „Wenn Schwerpunkte sich verändern, müssen andere Dinge in den Hintergrund geraten.“ Denn die Einnahmesituation verbessere sich „eher nicht“. Danach präsentierte Wirtschaftsministerin Anke Rehlinger (SPD) unter der Überschrift „Aufbruch Saarland“ eine lange politische Vorschlagsliste. Auf die Frage, was Priorität genieße, sagte die stellvertretende Regierungschefin: „Das alles.“ Für Bus und Bahn will Rehlinger bei einer Kabinettsklausur im Herbst offensiv Geld einfordern. In der Opposition deutet man die Vorstöße als Profilierungsversuch der SPD-Landeschefin gegenüber Ministerpräsident Tobias Hans (CDU). Schließlich geht es in die zweite Halbzeit der Legislatur.

Im Saarland gilt ein Doppelhaushalt. Bis das nächste Budget verhandelt wird, könnte es zwischen CDU und SPD zu weiteren Scharmützeln kommen. Denn: Im Regierungsviertel wächst die Ungeduld. Sowohl in Regierungskreisen als auch auf Seiten der Opposition wird seit Jahren von „Leitinvestitionen“ gesprochen. Jochen Flackus, parlamentarischer Geschäftsführer der Linksfraktion, warf dem Kabinett kürzlich „Symbol- und Scheindiskussionen“ vor. Er sprach von einer „Zeit der Wahrheit für die Landesregierung“.

2020 beginnt das von der großen Koalition angekündigte „Jahrzehnt der Investitionen“. Dann fließen jährlich 400 Millionen Euro als Sanierungshilfen aus Berlin. Daneben fordert das Land vom Bund weitere Gelder für den Kohleausstieg und eine Lösung des Altschuldenproblems seiner Kommunen. Zugleich steht im November die nächste Steuerschätzung an. Zuletzt gab es eine deutliche Korrektur nach unten. Durch die sinkende Bevölkerungszahl könnten dem Land aus dem Bund-Länder-Finanzausgleich bis 2023 über 160 Millionen Euro verloren gehen, warnt das Wirtschaftsministerium. Für den Finanzminister könnte es im Parlament wieder bedrohlicher werden.

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