30 Jahre Briefwechsel - und jetzt ist die Mauer doch kaputt

Saarbrücken/Spichern. Für die Synagogengemeinde Saar ist es wahrlich eine unendliche Geschichte. Seit mehr als 30 Jahren streitet die Gemeinde mit der Verwaltung von Spichern (Lothringen) über die Standfestigkeit einer Begrenzungsmauer am jüdischen Friedhof an der Goldenen Bremm

Saarbrücken/Spichern. Für die Synagogengemeinde Saar ist es wahrlich eine unendliche Geschichte. Seit mehr als 30 Jahren streitet die Gemeinde mit der Verwaltung von Spichern (Lothringen) über die Standfestigkeit einer Begrenzungsmauer am jüdischen Friedhof an der Goldenen Bremm. Die Natur trat jetzt den Beweis dafür an, dass die Sorge der Verantwortlichen in der Synagogengemeinde berechtigt war. Nach heftigen Regengüssen im Juli und August fiel die Mauer auf einer Länge von insgesamt etwa 20 Metern um. Seitdem sieht es dort verheerend aus. Weit verstreut liegen die Sandsteinquader, die teilweise sogar Grabstellen verschütteten. Der Geschäftsführer der Synagogengemeinde, Marcel Wainstock, spricht von einem "untragbaren Zustand". Zum Ortstermin mit der Saarbrücker Zeitung hat er die Unterlagen mitgebracht, die inzwischen einen ganzen Leitzordner füllen. Die Korrespondenz reicht zurück bis ins Jahr 1978. Sylvain Pollak, damals stellvertretender Vorsitzender der Synagogengemeinde Saar, suchte Hilfe bei Oberbürgermeister Oskar Lafontaine. Er berichtete dem Verwaltungschef von der Sorge um die Standfestigkeit der Mauer, denn Arbeiten im Neubaugebiet auf der Spicherer Seite und die Aufschüttungen der Rue de la Vallée, die unmittelbar an den Friedhof grenzt, beeinträchtigten die Sicherheit der Mauer erheblich. Zudem beklagte Pollak die "ständige Durchnässung" der Mauer, ausgelöst durch das unzureichende Kanalsystem auf französischer Seite. Es folgte ein über drei Jahrzehnte reichender Briefwechsel der Synagogengemeinde mit der Stadt Saarbrücken und der Verwaltung in Spichern. Ohne Ergebnis. Zwar räumte der Bürgermeister Spicherns eine "gewisse Verantwortung" ein, geschehen ist aber trotz Zusagen in mehr als 30 Jahren nichts. Jetzt liegt die Mauer da, in ganzer Länge, einfach umgefallen, unterspült vom Wasser und dem einseitigen Erddruck ergeben. Mehr als 100 Jahre sei die Mauer alt, so Wainstock. "Wir haben jetzt ein Anwaltsbüro eingesetzt, das uns unterstützen soll. Auch unser Langmut hat mal ein Ende". Zudem habe die Gemeinde ein Gutachterbüro eingeschaltet, das die früheren Befürchtungen bekräftigt hat. Der Schaden wird auf etwa 40000 Euro beziffert. Dem Bürgermeister von Spichern, Jean Jung, ist die Angelegenheit eher "peinlich". Ein schuldhaftes Verhalten oder Versäumnisse der Kommune Spichern sieht er allerdings nicht. Ein über 100 Jahre altes Mauerwerk sei nicht mehr so stabil wie eine neue Mauer. Der Starkregen im Sommer habe der betagten Wand den Rest gegeben. Er habe jedenfalls die Versicherung der Gemeinde eingeschaltet.

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