„Der Sport ist ein belebendes Element“

Neunkirchen · Drei Städtepartnerschaften hat Neunkirchen. Die SZ hat nachgefragt, wie intensiv sie nach vielen Jahren noch gelebt werden. Der heutige Beitrag gibt die Sicht von Hans-Artur Gräser, dem Chef des Neunkircher Sportverbandes (NSV), wieder.

"Der Sport ist ein belebendes Element unserer Städtepartnerschaften. Wenn der Sport sich zurückziehen würde, würde es schlecht aussehen." Was Hans-Artur Gräser selbstbewusst formuliert, hat wohl durchaus seine Berechtigung. Denn alle Neunkircher Städtepartnerschaften wurden in ihrer Entstehung von Begegnungen auf sportlicher Ebene begleitet oder sogar initiiert. "So lange ich noch dabei bin, werden diese Sportpartnerschaften gepflegt", betont der 69-Jährige. Gräser ist seit zehn Jahren Vorsitzender des Neunkircher Sportverbandes (NSV) - jener Organisation, unter deren Dach die sportlichen Kontakte mit Lübben, Wolsztyn und Mantes-la-Ville organisiert werden.

Was nach der jetzigen Ära kommt, kann auch Gräser schwer einschätzen. Schwierig mache die Sache, dass es in Lübben und Wolsztyn keine Sport-Dachverbände wie in Neunkirchen gebe. Die Aufrechterhaltung der sportlichen Kontakte hänge somit mehr oder weniger von engagierten Einzelpersonen ab. "Der Lübbener Städtepartnerschaftsverein müsste etwas mehr Druck in Sachen Sport machen", findet Gräser. "Bei uns habe ich die Unterstützung von Rathaus und Städtepartnerschaftsverein!"

Doch es gibt für alle drei Städte Schwierigkeiten, regelmäßig Teams zusammenzubringen, so die Erfahrung des NSV-Chefs. "Solche Vier-Tagesfahrten sind einfach nicht mehr attraktiv, besonders für junge Leute", sagt er im Gespräch mit der SZ. Auch die "Penunzen" spielen eine große Rolle: "Wir können aus finanziellen Gründen nur eine Begegnung im Jahr machen!"

Dennoch gibt es mit den beiden Städten im Spreewald (Lübben) und im östlichen Polen (Wolsztyn) ein kontinuierliches Sportprogramm - das eine Art Eigenleben neben den sonstigen Partnerschaftsbeziehungen führt. Das sportliche Kräftemessen vollzieht sich seit Jahren allerdings nur in den beiden Sportarten Fußball und Handball. "Wir hätten gern auch bei der Leichtathletik oder beim Tischtennis etwas aufgebaut, doch das hat nicht geklappt", bedauert Gräser.

So gibt es im Wechsel Vergleiche im Fußball und Handball - jeweils bei einem "Dreier-Gipfel" in einer der drei Städte. Gerade steht ein Neunkircher Treck nach Wolsztyn bevor: 70 bis 80 Fußballsportlerinnen und -sportler weilen dort vom 26. bis 29. Juni zum doppelten Städtevergleich bei Jugend, Frauen und Aktiven. Die Handballbegegnungen vollziehen sich heute ausschließlich im Jugendbereich, auch wenn die Wellesweiler "Old Boys" als Wegbereiter auf diesem Gebiet gelten können. So bestanden sportliche Kontakte mit Wolsztyn schon rund 20 Jahre vor der 2010 besiegelten offiziellen Städtepartnerschaft. 1999 wurde im Neunkircher Braustübchen eigens eine Sportpartnerschaft mit dem Städtchen in der Wojwodschaft "Großpolen" besiegelt - an der Spitze des NSV stand damals Kurt Heidrich. "Das hat trotz der Sprachbarriere funktioniert", so Gräser.

Fast als Selbstläufer taten sich die sportlichen Bande zu Wolsztyn deshalb auf, weil das frühere Wollstein bereits Partnerstadt von Lübben war. Mit der Spreewaldstadt hatte sich ein für damalige Verhältnisse intensiver innerdeutscher Sporttourismus entwickelt, nachdem 1986 die zweite deutsch-deutsche Städtepartnerschaft zwischen Neunkirchen und Lübben besiegelt worden war. Auch hier, so blickt Artur Gräser zurück, begann es mit Fußball-Stadtauswahlen. Später kam Handball hinzu.

Artur Gräser würde statt der Dreier-Begegnungen lieber Vierer-Treffen sehen, doch in Sachen Sport heißt es mit Blick auf Mantes-la-Ville seit längerem: Fehlanzeige. "Wir würden das gern wieder aufleben lassen", versichert der NSV-Vorsitzende, "doch auf unsere Kontaktversuche kam bisher keine Reaktion."

Dabei hatte die 1970 besiegelte Partnerschaft mit den Mantaisern auch sportlich pompös begonnen: Noch im gleichen Jahr gab es einen Festzug durch die Neunkircher Innenstadt zu Ehren von Sportlern aus Mantes-la-Ville - doch jetzt heißt es: Still ruht der See.

Sieht man vielleicht mal von den offiziösen radsportlichen Ambitionen ab. So hat der sportliche Bürgermeister Jörg Aumann bereits zwei Mal trittstarke Grüppchen zusammengestellt, die die annähernd 600 Kilometer nach Mantes-la-Ville in vier strammen Etappen unter die Reifen nahmen. Er knüpfte damit an die Glanztaten der früheren Rathauschefs Peter Neuber und Friedrich Decker an, die vor Jahrzehnten die Jumelage ebenfalls als Pedalritter würdigten. In diesem Jahr war eine Mantaiser Radgruppe in die Gegenrichtung gestrampelt und im Mai in Neunkirchen gebührend empfangen worden.

Ein Sonderfall in der Geschichte der Neunkircher Sportbeziehungen ist das holländische Vlissingen. Hier mobilisierten auch ohne offizielle Städtepartnerschaft seit 1959 Städtevergleiche und Begegnungen in vielen Sportarten über vier Jahrzehnte zahlreiche Aktive. Doch das ist seit der Jahrtausendwende Geschichte.

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