Der Linken-Politiker Harald Schindel kämpft für fahrscheinlosen Busverkehr

Saarbrücken · „Wir wissen nicht mehr wohin mit den Autos in Saarbrücken“, sagt Harald Schindel, Sport-, Sozial- und Sicherheitsdezernent der Landeshauptstadt. Mit der Förderung des Radverkehrs allein werde man das Problem nicht lösen können, glaubt er. Er will deshalb für mehr Busse werben. Und dafür, dass man sie ohne Fahrschein benutzen darf.

Dass es nicht einfach wird, ist Harald Schindel klar. Als der Linken-Politiker im Frühjahr mitten im Kommunalwahlkampf - wie auch die Piratenpartei - gefordert hat, dass der Busverkehr in Zukunft "fahrscheinlos" funktionieren soll, gab es zwar viel Zustimmung, aber auch Sätze wie: "Sind Sie wahnsinnig? Das ist Sozialismus pur."

Das Problem: Der Busverkehr ohne Fahrschein ist nicht wirklich kostenlos. Irgendjemand muss ihn bezahlen. Durch eine Umlage, die alle Saarländer entrichten, sagen die Piraten. Durch eine Umlage, durch Steuergelder oder wie auch immer - das müsse man prüfen, sagt Harald Schindel. Beim Semesterticket für Studenten funktioniere die Idee, dass jeder Zugang zum öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) bekommt - ob er ihn nutzt oder nicht - ja auch. Und andernorts werde bereits mit ÖPNV ohne Fahrschein experimentiert. Das Ganze sei also "keine Schnapsidee", sagt Schindel.

Rund 20 000 Berufspendler jeden Tag, die Menschen, die zum Einkaufen kommen und die Saarbrücker selbst - Saarbrücken leide unter der Flut von Autos. Dass innerhalb der Stadtverwaltung deshalb an einem Radkonzept gearbeitet wird, sei wichtig, sagt Schindel. "Aber wir dürfen nicht nur in Richtung Fahrrad denken", mahnt er. Mit dem Fahrrad sei das Autoproblem nämlich nicht zu lösen. Saarbrücken sei zu hügelig, um das Rad wirklich zur Alternative zum Auto zu machen.

Vielversprechender sei es, den Busverkehr deutlich zu verbessern. Die Busse müssen so getaktet sein, dass man einfach an die Haltestelle geht, nicht lange warten muss, sagt Schindel. "Der Busverkehr muss viel bürgerfreundlicher werden", fordert er.

Dass man sich Fahrkartenautomaten sparen könne, sei ebenso ein positiver Nebeneffekt wie, dass Menschen "nicht mehr als Schwarzfahrer kriminalisiert werden". Und ein fahrscheinloser ÖPNV mache die Stadt attraktiv, sei ein Grund hierherzuziehen. Ähnlich wie ein kostenloses Internet, das in einigen Städten bereits angeboten wird - auch das werde ja von der Allgemeinheit bezahlt.

Nun, da der Wahlkampf vorbei ist, sei die Zeit, ernsthaft und ohne parteipolitische Spielchen über den fahrscheinlosen ÖPNV zu reden, findet der Dezernent. Man müsse Möglichkeiten ausloten.

Dazu will Schindel über die Linkspartei Experten nach Saarbrücken einladen. Er rechnet nicht damit, dass der Zulauf zu den Veranstaltungen riesig sein wird. Harald Schindel rechnet auch mit viel Ablehnung aus den anderen Parteien, ja auch mit Kritik aus seiner eigenen. Aber der Dezernent sagt auch: "Wir dürfen nicht von vorneherein sagen: Das geht nicht."

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