Interview „Es ist gerade ein sehr komisches Gefühl“

Saarbrücken · Eigentlich würden in dieser Woche die Perspectives stattfinden. Was macht eigentlich ein Festival-Team ohne Festival?

 Viel zu nah beieinander, das ginge in Corona-Zeiten gar nicht, was hier die Perspectives 2018 mit dem Stück „Maintenant ou jamais“ im Zirkuszelt präsentierten.

Viel zu nah beieinander, das ginge in Corona-Zeiten gar nicht, was hier die Perspectives 2018 mit dem Stück „Maintenant ou jamais“ im Zirkuszelt präsentierten.

Foto: Verschiedene

Viele von uns würden heute Abend vielleicht im Zirkuszelt sitzen, ins Theater gehen und vielleicht nachts noch ein Konzert am Osthafen besuchen. Just in dieser Woche hätte nämlich eigentlich das Festival Perspectives stattfinden sollen. Aber Corona sorgte ja auch hier für das Aus. Aber was macht  eigentlich das Festival-Team, wenn es kein Festival gibt?  Wir haben  Marion Touze gefragt, die Pressereferentin der Perspectives. Sie antwortete im Namen des gesamten Festivalteams.

Seit ein paar Tagen wäre das Festival Perspectives in vollem Gange. Wie geht es Ihnen und den anderen im Team jetzt?

MARION TOUZE Uns allen geht es gut, zum Glück. Aber es ist gerade ein komisches Gefühl. Das Festival sollte ja vom 28. Mai bis 6. Juni stattfinden. Und ein Pfingstwochenende ohne Perspectives-Fieber und Festivalhektik, ohne Zirkuszelt am Tbilisser Platz und Partys am Sektor Heimat, das hätten wir uns nie vorstellen können. Als wir Mitte April die Absage des Festivals offiziell gemacht haben, war es sehr hart. Wir sind immer noch traurig, aber etwas weniger emotional. Die Situation der Kulturszene ist trotz Lockerungen für viele Kolleginnen und Kollegen und vor allem die Künstler schlimm genug. Wir müssen jetzt weiterdenken und weiterplanen.

Was fängt ein Festival-Team mit seiner Zeit an, wenn das Festival, an dem man monatelang vorbereitet hat, ausfällt? Schwimmbad geht ja auch noch nicht. . .

TOUZE Zunächst gibt es viel zu tun! Die Abwicklung einer nicht stattgefundenen Festivalausgabe nimmt auch viel Zeit in Anspruch, vor allem die administrative Nachbereitung, die das Publikum nicht mitbekommt. Seit Anfang April sind wir in engem Kontakt mit den Künstlergruppen, die jetzt bei uns gastieren sollten. Nachbereitung heißt auch irgendwie Vorbereitung der Festivalausgabe 2021. Normalerweise arbeiten wir an den Mai-Feiertagen sowie an den Wochenenden vor der Festivaleröffnung durch. Aber dieses Jahr standen für die meisten von uns Wanderungen und Fahrradtouren im Saarland auf dem Programm und für Sylvie Hamard Gartenarbeit.

Ja natürlich, die Festivalchefin saß ja wochenlang im Hausarrest in Frankreich fest. Wie konnten Sie in dieser Zeit überhaupt arbeiten? Und was war die Haupt-Beschäftigung?

TOUZE In den letzten zwei Monaten war Sylvie Hamard zuhause mit ihrer Familie bei Versailles. Es galt eine strenge Ausgangssperre in Frankreich, die zwei Wochen vor unserer geplanten Pressekonferenz verhängt wurde. In dieser Zeit ist Sylvie Hamard normalerweise viel in Saarbrücken. Tägliche Videokonferenzen mit dem Team fanden statt, ein neuer Arbeitsrhythmus im Homeoffice entstand. Das war und bleibt eine gute Zwischenlösung. Aber sich kurz absprechen, Feedback geben, diskutieren, gemeinsam Mittag essen – alles was so wichtig für eine schöne und gute Team-Dynamik ist, fiel weg. Da war Umdenken angesagt, aber wir haben es sogar geschafft, Geburtstage von drei Kolleginnen coronagerecht gemeinsam zu feiern. Unsere Hauptbeschäftigung? Vor dem Bildschirm sitzen . . .

Viele der Gruppen, die fürs Festival engagiert wurden, sind freie Künstler, also auf die Gelder aus solchen Engagements angewiesen. Konnten Sie ihnen wenigstens Teile der Gage trotzdem geben?

TOUZE Wir befinden uns noch in den finalen Gesprächen. Die Bereitschaft von allen öffentlichen Unterstützern des Festivals ist da, wofür wir sehr dankbar sind. Auch ein Teil der Sponsoren hat seine Förderungen aufrecht erhalten – mit der Bedingung, dass dieses Geld an die Künstlerinnen und Künstler geht. Es ist auch unser größter Wunsch, ein Ausfallhonorar bezahlen zu können, jedoch gibt es hierfür noch keinen allgemeingültigen juristischen Rahmen weder in Deutschland noch in Frankreich.

Wie ist es überhaupt um Ihren Etat bestellt? Die Stadt Saarbrücken hat ja wohl bereits Zuschüsse von Perspectives für andere, regionale Projekte abgezweigt.

TOUZE Nach der Absage wurde ein neues Budget mit den tatsächlichen Ausgaben für das nicht stattgefundene Festival zusammengestellt. Kosten, wie die Anmietung von technischem Material, Saalmieten, Hotelübernachtungen sind nicht angefallen, daher kann ein Teil der öffentlichen Gelder wieder an die Träger zurück fließen. Und dann auch für Hilfefonds oder andere Projekte zugunsten der Künstlerinnen und  Künstler genutzt werden.
www.festival-perspectives.de

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