Bliesgau-Lammwoche Landschaftspflege und gutes Essen

Saarpfalz-Kreis · Vom 9. bis 17. Oktober gibt es wieder die beliebte Bliesgau-Lammwoche. Im Vordergrund steht aber nicht nur das Essen bei Spitzenköchen, sondern die Landschaftspflege, die mit Hilfe von Schafherden betrieben wird.

 Schäfchen in der Biosphäre Bliesgau geben der Landschaft einen romantischen und zeitlosen Aspekt.

Schäfchen in der Biosphäre Bliesgau geben der Landschaft einen romantischen und zeitlosen Aspekt.

Foto: Christine Maack

Für einen Vegetarier ist die Bliesgau-Lammwoche natürlich kein Termin, den man sich im Kalender anstreichen müsste. Dennoch: Tiere schlachten ist seit Anbeginn der Menschheit eine Kulturtechnik, die anfangs der reinen Ernährung, in Wohlstandsgesellschaften auch dem Genuss dient.

Doch wie immer man dazu steht – wichtig ist, wie man mit den Tieren umgeht, die man schlachtet. Und da, so betont Holger Gettmann vom Verein Bliesgau Kultur, werden strikte Regeln befolgt, die dem Tier den größtmöglichen Respekt entgegenbringen.

Das ist zum einen der Aspekt der Landschaftspflege. Für die Erhaltung der vielfältigen Kulturlandschaft des Biosphärenreservates seien beweidete Flächen wichtig, denn sie bildeten mehr Humus, und Humus binde CO₂. In einem Umfeld, in dem Orchideen gedeihen und noch seltene Schmetterlingsarten zu finden seien, habe auch das Schaf seinen Platz.

Das Merino-Landschaf, das im Bliesgau vorwiegend gezüchtet wird, überzeuge mit der Qualität seines besonderen Fleisches, so Gettmann. Die Vermarktung sorge für eine Erhaltung und weitere Züchtung der Rasse. Von den Schafen profitiere die Biosphärenregion, denn „die natürliche Ernährung der Schafe durch Abweiden ungedüngter Wiesen mit bis zu 40 verschiedenen Gräsern und Kräutern trägt zur Erhaltung des Landschaftsbildes bei“. Und noch eine Bedingung gibt es für die Bliesgau-Lammwoche: Die Tiere werden von den Köchen komplett (von der Nase bis zum Schwanz) verarbeitet. Es werden nicht nur die „Edelteile“ verwendet.

In dem Dreieck Mensch-Schaf und Biosphäre sei eine Erfolgsgeschichte entstanden, „die Klimaschutz und Kochkunst in eindrucksvoller Weise zusammenführt“, so Gettmann weiter. „Denn zur Erhaltung unseres Klimas brauchen wir auch unbehandelte Weiden. Sie können mehr CO₂ als Wälder binden und die Artenvielfalt erhalten.“ Dass der Bliesgau auf seine Vielfalt stolz sein könne, hängt auch mit der einzigartigen Mischung der Kulturlandschaft zusammen.

Und was den kulinarischen Aspekt angehe, da seien die Bliesgau- Lammwochen zum kulinarischen Event ersten Ranges geworden. „Acht Spitzenköche der Region sind überzeugt von der überragenden Qualität des Fleisches und bereiten aus den Merino-Lämmern des Bliesgaus Köstlichkeiten zu. Ihre Aufgabe ist es, alle Teile zu verwerten“, heißt es in der Ankündigung der Lammwochen.

In Frankreich gibt es zwei legendäre Lämmerweiden: einmal die Salzwiesen um den Mont St. Michel, die wegen des Salzgehaltes der dort wachsenden Gräser dem Lamm einen besonderen Geschmack mitgeben,  und die Lämmer von Sisteron, die sich in der abgelegenen Landschaft der Alpes de Haute Provence von besonders würzigen Kräutern ernähren. Und wie ist es im Bliesgau? Hier ernähren sich die Lämmer von der besonderen Mischung aus Kräutern und Gräsern, die auf kalkhaltigem Boden wachsen.

Die Bliesgau-Lämmer fressen im Frühjahr und Sommer niedrig wachsende Sträucher und Pflanzen und im Spätsommer und Herbst Früchte von den Büschen. Im Herbst genießen sie Fallobst der Streuobstwiesen. „Die wertvollen Wiesenflächen verbuschen nicht und sind genau das, was wir zum ökologischen Gleichgewicht brauchen“, so Holger Gettmann. Durch diese natürliche Landschaftspflege entstehe das typische Erscheinungsbild des Bliesgaus.

Geschlachtet werden Tiere dann in nächster Nähe. So wird ihnen der Transportstress am Ende ihres Lebens erspart. Ohne diesen Stress schmeckt das Fleisch auch erheblich besser. Die Restaurants sind maximal eine Stunde weit entfernt und werden direkt beliefert

In diesem Jahr sind es acht ausgewählte Spitzenköche, die Bio-Lämmer der Rasse Merino-Landschaf komplett verarbeiten. So entstehen auch unterschiedlichste Würste, Sülzen, Carpaccio, gefüllte Maultaschen, Lammquiche oder Gerichte mit Innereien, die die ganze Vielfalt zeigen. Eben weit mehr als Lammkeule oder Lammcarree.

Während der Bliesgau-Lammwoche beliefert auch Martin Ernst aus Seelbach die saarländische Spitzengastronomie mit Lamm. Aber nicht nur dann. Das ganze Jahr über kann man bei dem gelernten Metzger, Schäfer und Landwirt regionales Fleisch bestellen.

Schafe züchtet die Familie Ernst in Seelbach schon seit vier Jahrzehnten. Früher betrieb die Familie eine kleine Gastwirtschaft, die in der ganzen Region bekannt war. Mit dem Generationswechsel, als der heute 45-jährige Martin Ernst den Betrieb übernahm, änderte sich einiges. Die Gaststätte wurde geschlossen. Wo sie sich früher befand, ist heute der Metzgerladen.

Die Vermarktung der selbst aufgezogenen Schafe bildet nach wie vor einen Schwerpunkt. Martin Ernst züchtet neben seinen Schafen auch schottische Hochlandrinder, die er ebenfalls direkt vermarktet. Abgerundet wird das Angebot durch Schweine, die er in Hassel beim Landwirt Franz-Josef Eberl kauft. Wer während der Bliesgau-Lammwoche auch mal selbst Lamm zubereiten möchte, ist jedenfalls bei Martin Ernst an der richtigen Adresse.

 Jeden Tag ist Martin Ernst bei seinen Tieren. Freie Sonntage gibt es nicht. Ernst ist nicht nur Schäfer, er betreibt in Seelbach auch eine Metzgerei.

Jeden Tag ist Martin Ernst bei seinen Tieren. Freie Sonntage gibt es nicht. Ernst ist nicht nur Schäfer, er betreibt in Seelbach auch eine Metzgerei.

Foto: Markus Renz
 Spitzenrestaurants im Umkreis bieten besondere Lammgerichte an. Doch nicht nur die Spitzenstücke, auch Innereien werden verarbeitet.

Spitzenrestaurants im Umkreis bieten besondere Lammgerichte an. Doch nicht nur die Spitzenstücke, auch Innereien werden verarbeitet.

Foto: Thomas Reinhardt

Im Internet unter www.bliegau-lammwochen.de sieht man, neben weiteren Informationen zu dem alljährlichen kulinarischen Event, auch eindrucksvolle Bilder und informative Interviews. Es gibt übrigens auch eine französische Fassung.

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