Merkur-Kommentar zum 1. FC Kaiserslautern Wenn Vertrauen nicht bis zur Nachspielzeit währt

Betze ist Vertrauen! Diesen Satz in roten Buchstaben auf einem grauen Banner liest, wer bei Facebook auf die Seite des 1. FC Kaiserslautern klickt. Die Aussage zu widerlegen, ist nicht einfach. Zum einen, weil sie metaphorischer Natur ist und sich einer faktischen Überprüfung entzieht.

 Kommentarkopf, Foto: Robby Lorenz

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Zum anderen, weil dort ja nicht geschrieben steht, wie lange das Vertrauen auf dem Betzenberg denn nun währt. Diese Frage ist seit der Entlassung von Trainer Marco Antwerpen am Dienstag beantwortet: Es sind drei mal 90 Minuten. Plus Nachspielzeit.

Drei Fußballspiele waren es, die Antwerpen seinen Job bei den Roten Teufeln kosteten. Dem Mann, der die Mannschaft in der Vorsaison vor dem Abstieg gerettet hatte. Dem Mann, der das Team in der laufenden Runde nach schwachem Start zu der Spitzenmannschaft formte, die kurz vor Saisonende nach dem Derbysieg gegen Saarbrücken trotz einer Halbzeit in Unterzahl einen direkten Aufstiegsrang bekleidete.

Die Chance auf den Aufstieg hätte der FCK mit Antwerpen trotz dreier verlorener Spiele noch immer gehabt. Doch sich in der Relegation gegen Dynamo Dresden durchzusetzen, traute Thomas Hengen, Kaiserslauterns Geschäftsführer Sport, dem Fußballlehrer offenbar nicht mehr zu. Diese Sicht ist sein gutes Recht. Sollte Hengen emotionslos das Für und Wider abgewogen haben und zu dem Schluss gekommen sein, dass die Chance auf den Aufstieg unter dem neuen Trainer Dirk Schuster größer ist – war sofortiges Handeln womöglich sogar seine Pflicht. Dem Schock vieler Fans in den sozialen Medien, dem Spott der Konkurrenz über den erratischen Chaosklub Kaiserslautern und der gekünstelt-empörten Kritik an der „Hire-and-Fire-Mentalität“ des Profifußballs zum Trotz.

Doch Hengen muss auch wissen, dass er im Falle des Misserfolgs in vorderster Schusslinie stehen wird. Dass der Aufstieg unter Antwerpen gelungen wäre, wird dieser nicht beweisen können. Das muss er auch nicht. Es reicht der Gedanke, dass es so hätte sein können. Der neue Trainer Dirk Schuster wäre nicht verbrannt, würde aber mit dem Makel des verpassten Aufstiegs in die neue Saison starten.

Aber vielleicht kommt ja alles ganz anders und der 1. FC Kaiserslautern steigt mit wehenden Fahnen in die 2. Fußball-Bundesliga auf. Doch selbst wenn dies gelingt, sollten die Entscheidungsträger des Vereins einen Blick auf die Anhänger der Roten Teufel werfen, die in guten und schlechten Zeiten auf den Betzenberg pilgern. Von denen können sie vielleicht noch etwas lernen. Etwa, dass Vertrauen mehr ist als nur ein Wort in roten Buchstaben auf einem grauen Banner. Und vermutlich länger währen sollte als drei mal 90 Minuten. Plus Nachspielzeit.

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