3. Fußball-Liga Schwarzer Samstag für die Roten Teufel

Kaiserslautern · Ausgerechnet in der Saisonschlussphase ist Fußball-Drittligist 1. FC Kaiserslautern vom direkten Aufstiegskurs abgekommen. Die zweite Niederlage in Serie bringt selbst die Relegation gegen Zweitligist Dynamo Dresden in Gefahr. Der Druck vor dem letzten Spiel ist groß.

  Tief enttäuscht: Die Spieler des 1. FC Kaiserslautern nach der 1:3-Niederlage gegen Dortmund II. Der FCK droht, im Saisonendspurt alles zu verspielen.

Tief enttäuscht: Die Spieler des 1. FC Kaiserslautern nach der 1:3-Niederlage gegen Dortmund II. Der FCK droht, im Saisonendspurt alles zu verspielen.

Foto: IMAGO/Jan Huebner/IMAGO/Steven Mohr

Zwei Wochen ist es her, da schien der 1. FC Kaiserslautern auf dem direkten Weg in Liga zwei kaum noch aufzuhalten. Da hatte der Fußball-Drittligist gerade trotz über einer Halbzeit in Unterzahl den 1. FC Saarbrücken im Südwest-Derby souverän mit 3:1 bezwungen. Der FCS war auf dem Papier der härteste Gegner, der den Roten Teufeln im Saisonendspurt noch im Weg stand. Der FCK stand auf dem direkten Aufstiegsplatz zwei, das Restprogramm schien machbar. Und das Fritz-Walter-Stadion war aus dem Häuschen.

Am Samstag aber herrschte auf dem Betzenberg trotz ausverkauftem Haus und der Saisonrekord-Kulisse von 48 416 Zuschauern nach dem Abpfiff zunächst gespenstisches Schweigen. Da nämlich hatte Kaiserslautern im Heimspiel gegen Borussia Dortmund II mit 1:3 (0:1) die zweite Niederlage in Folge kassiert. Davor hatte der FCK schon beim SV Wehen gepatzt (1:2).

Durch die erste Heimniederlage in diesem Jahr überhaupt sind die Chancen der Teufel auf den direkten Aufstieg auf ein Minimum geschmolzen. Der FCK müsste nicht nur sein letztes Spiel am kommenden Sonntag bei Viktoria Köln gewinnen. Der Zweite Eintracht Braunschweig, der seine letzten vier Partien alle gewonnen hat, dürfte in seinen letzten beiden Spielen gegen den Zwölften SV Meppen und den 14. Viktoria Köln auch jeweils nicht über ein Remis hinauskommen.

Doch es geht längst nicht mehr nur um den direkten Aufstieg  – der FCK könnte im Saisonendspurt tatsächlich noch alles verspielen. Denn durch die zweite Niederlage in Folge ist für auch der sicher geglaubte Relegationsrang drei noch nicht in trockenen Tüchern. Kaiserslautern muss im Saisonfinale in Köln mindestens einen Punkt holen, sonst kann 1860 München mit Siegen in seinen letzten Spielen noch vorbeiziehen. Selbst mit einen Punkt bei der Viktoria ist Kaiserslautern rechnerisch noch nicht durch. Dann müsste München in zwei Spielen allerdings das um 13 Treffer schlechtere Torverhältnis wettmachen.

Gegner der Roten Teufel in der Relegation wäre auf jeden Fall Dynamo Dresden. Die im Jahr 2022 noch sieglosen Elbstädter werden die Saison in der zweiten Liga auf jeden Fall auf Rang 16 abschließen. Das Hinspiel fände am Freitag, 20. Mai (20.30 Uhr) in Kaiserslautern statt, das Rückspiel am Dienstag, 24. Mai (20.30 Uhr) in Dresden.

Daran mochte am Samstag nach der bitteren Niederlage gegen Dortmund freilich noch niemand denken. „Du bist gezwungen, Spiele zu gewinnen und dann tust du dich als Mannschaft schwer. Das betrifft aber die ganze Mannschaft und nicht jemand einzelnen. Das haben wir in den letzten zwei Spielen sehr wahrgenommen“, versuchte sich Kaiserslauterns Trainer Marco Antwerpen an einer Erklärung. Er ergänzte: „Vor dem Spiel in Köln müssen wir uns jetzt erstmal sammeln – die Niederlage und den verschenkten Tabellenplatz zwei abhaken. Das wird jetzt ein paar Tage dauern, und das wird nicht leicht.“

Spieler René Klingenburg meinte: „Man hat schon gemerkt, dass wir nicht so durchgekommen sind, wie wir uns das erhofft hatten. Dann bekommt man so ein bitteres Tor und rennt in dieser Situation noch einem Rückstand hinterher. Trotzdem ein großes Kompliment an die Fans. Hier hat nach Abpfiff keiner gepfiffen und das spricht für den Verein und die Region.“

Kaiserslautern startete im letzten Heimspiel der Saison vielversprechend. Nach Ecke von Kapitän Hendrick Zuck, kam Außenverteidiger Philipp Hercher frei zum Kopfball – aber der geriet zu unplatziert. Doch schon früh bahnte sich an, dass der 1. FC Kaiserslautern, der wieder auf seinen gesperrten Abwehrchef Kevin Kraus verzichten musste, mit den flinken Dortmundern große Probleme hatte. BVB-Spieler Justin Njinmah drang vom linken Flügel in den Strafraum ein. Die Grätsche von Klingenburg kam viel zu spät. Schiedsrichter Harm Osmers sah womöglich, dass Njinmah schon leicht gen Boden sank, bevor es überhaupt zum Kontakt kam. Dennoch hätte der Unparteiische hier gut und gerne auf Elfmeter entscheiden können (9.).

Die jungen Dortmunder ließen sich von der Kulisse auch im Anschluss nicht einschüchtern. Einen Schuss von Kolbeinn Birgir Finnsson lenkte FCK-Torwart Mathe Raab so eben noch über die Latte 22.). Auf der Gegenseite hatte Kaiserslautern vier Minuten später seine größte Chance im ersten Spielabschnitt. Nach Ecke von Mike Wunderlich kam Lauterns Daniel Hanslik aus sechs Metern frei zum Abschluss. BVB-Schlussmann Luca Unbehaun partierte den etwas zu zentral angesetzten Kopfstoß mit einem starken Reflex.

Doch nach 32 Minuten gingen die Gäste nicht unverdient in Führung. Dortmunds Christian Viet ließ rechtsaußen zuerst Zuck, dann Hikmet Ciftci und schließlich Alexander Winkler im Zweikampf ganz alt aussehen, brachte den Ball flach ins Zentrum, wo Bradley Fink den Fuß hinhielt. 1:0 für den BVB II.

Und nach dem Seitenwechsel machten die Gäste da weiter, wo sie vor der Pause aufgehört hatten. Fink verpasste den zweiten Treffer für die Dortmunder Kaderschmiede um eine Fußspitze (47.), dann verhinderte Raab gegen den frei auf ihn zustürmenden Richmond Tachie das 0:2 (49.). Zehn Minuten später war es dann aber doch passiert. Dortmunds Immanuel Pherai zog eine Ecke frech direkt auf den zweiten Pfosten. Raab kratze die Kugel noch aus dem Toreck – doch den Abpraller schoss Njinmah aus kurzer Distanz volley ins Netz. Symptomatisch für das Spiel der Pfälzer war eine Szene wenige Minuten zuvor. Nach Flanke von Hercher hatte sich Stürmer Terrence Boyd, sonst die personifizierte Torgefahr, selbst angeschossen.

Nach dem 0:2 agierte der FCK bemüht, aber hektisch. Und ließ den Gästen mit zunehmender Spielzeit immer mehr Räume zum Kontern. Einen dieser Konter nutzte Pherai in der 81. Minute. Er umkurvte Raab und schob zum 3:0 aus Sicht der Gäste ein. Es sprach für die Roten Teufel, dass sie trotz des uneinholbaren Rückstandes weiter nach vorne spielten. Hercher und Wunderlich hatten noch kleinere Chancen, ehe der eingewechselte Felix Götze in der Nachspielzeit per Kopf noch den Ehrentreffer markierte. An der verdienten Niederlage änderte das freilich nichts mehr.

Nach dem Abpfiff herrschte am Betzenberg zunächst das große Schweigen. Ratlos und mit leeren Blicken standen die Spieler minutenlang vor der Westkurve. Dann bewiesen die Anhänger erneut ein feines Gespür für die Situation und schickten ihr Team mit Gesängen und Applaus in die Kabine. „Das ist einmalig, da schießt dir alles durch den Kopf. Wenn man dann da hochschaut und keiner pfeift, sondern man noch gefeiert wird, ist es ein Wechselbad der Gefühle“, sagte René Klingenburg.

Terrence Boyd meinte aber auch: „Ich weiß gar nicht, was ich zu dem Spiel sagen soll. Das war zu wenig von uns. Vor so einer Kulisse zu verlieren, tut einfach weh. Wir wurden der Unterstützung unserer Fans nicht gerecht.“

Trainer Antwerpen trieb derweil vor allem der Umstand um, dass seine Defensivabteilung –statistisch noch immer die mit Abstand beste der Liga – ausgerechnet im Saisonendspurt schwächelt. „Wenn man überlegt, dass wir aus den letzten zwei Spielen mit fünf Gegentoren rausgegangen sind, kann man sehen, was gerade nicht funktioniert. Da müssen wir ansetzen. Zudem haben wir wieder bei einer Standardsituation gepatzt“, analysierte der 50-Jährige und fügte hinzu: „Wir sind extrem enttäuscht.“ Und auch beim Saisonfinale wird die Defensive der Pfälzer nicht in Bestbesetzung auflaufen. Zwar ist Abwehrchef Kraus wieder dabei. Allerdings sah Innenverteidiger Alexander Winkler gegen Dortmund seine fünfte Gelbe Karte und fehlt gesperrt.

Hoffnung darauf, dass der Zweite Eintracht Braunschweig in seinen letzten beiden Spielen doppelt patzt, hat Marco Antwerpen nicht. Für den Trainer zählt nur noch: „Auf das letzte Spiel in Köln vorbereiten und dort mindestens einen Punkt holen.“ Und spätestens in der Relegation gegen Dresden soll dann wieder jene Mannschaft auf dem Feld steht, die ihren Anhängern über weite Strecken dieser Saison so viel Freude bereitet hat.

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