Sky’s the Limit des LAZ Zweibrücken Hussong und Zernikel bezwingen den „brennenden Planeten“

Zweibrücken · Pfälzischer Doppelsieg beim „Sky‘s the Limit“-Meeting des LAZ Zweibrücken: Unter sengender Hitze gewinnt Lokalmatadorin Christin Hussong bei den Speerwerferinnen in ihrem „Wohnzimmer Westpfalzstadion“. Und Oleg Zernikel triumphiert bei den Stabhochspringern. Bei denen war auch LAZ-Athlet Nico Fremgen unverhofft mit von der Partie – und sprang eine neue Bestleistung.

 Loklmatadorin Christin Hussong sicherte sich bei ihrem Heimspiel den dritten Sieg in Fogle.

Loklmatadorin Christin Hussong sicherte sich bei ihrem Heimspiel den dritten Sieg in Fogle.

Foto: maw/Martin Wittenmeier

Oleg Zernikel strahlte mit der Sonne um die Wette, die am Samstag auch in den Abendstunden noch unbarmherzig auf das Westpfalzstadion hinunter brannte. Der 26-Jährige vom ASV Landau hatte zuvor den hochklassigen Stabhochsprung-Wettbewerb beim „Sky‘s the Limit“-Meeting des LAZ Zweibrücken für sich entschieden. „Ja, geil fühlt es sich an. Früher habe ich hier zugeschaut und davon geträumt, mitspringen zu dürfen. Und heute gewinne ich tatsächlich“, jubelte Zernikel. Es war ein Sieg gegen namhafte und gut aufgelegte Konkurrenz. Gleich fünf Springer nahmen die Höhe von 5,80 Meter in Angriff. „So eine Leistungsdichte hatten wir noch nie“, schwärmte Alexander Vieweg, der Vorsitzende des LAZ. Bei dieser Höhe war dann aber für den deutschen Meister von 2020, Bo Kanda Lita Baehre (Bayer Leverkusen) ebenso Endstation wie für Ben Broeders, der seinen „Hattrick“ in Zweibrücken verpasste. Der Belgier hatte 2019 und 2020 in der Rosenstadt triumphiert. Auch der Norweger Melker Svärd Jacobsson musste bei 5,80 Metern die Segel streichen. Als Zernikel die Höhe gleich im ersten Versuch überwand, ballte Vieweg die Faust. Denn seit zwei Jahren ist Zernikel ein „halber Zweibrücker“. Er trainiert unter Bundestrainer Andrej Tivontschik beim LAZ.

Nur noch zwei Athleten waren übrig, als die Latte schließlich bei 5,90 Meter aufgelegt wurde. Zernikel und der Niederländer Menno Vloon, der in Zweibrücken den Meeting-Rekord (5,85 Meter) hält. Doch keiner der beiden konnte die Höhe überwinden. Weil Vloon sich zuvor zwei Fehlversuche geleistet hatte, Zernikel aber keinen einzigen, ging der Sieg an den Landauer. 5,80 Meter war der 26-Jährige auch Anfang Juni in Braunschweig gesprungen, als er sich zum deutschen Meister krönte. Seine Bestleistung hatte er damals um 20 Zentimeter in die Höhe geschraubt. „Ich freue mich wahnsinnig, dass ich diese Leistung heute bestätigen konnte, damit habe ich nicht gerechnet“, sagte Zernikel. Auch dass er im Gegensatz zur DM, wo er den Wettkampf nach seinem Siegersprung sofort beendete, in Zweibrücken nun die 5,90 in Angriff genommen habe, sei für ihn ein wichtiger Schritt gewesen. „Um die Barriere im Kopf vor dieser Höhe zu überwinden“, wie Zernikel erklärte. Er versprach: „Die 5,90 Meter – die hebe ich mir für Tokio auf“. Denn mit seinen zuletzt so starken Leistungen hat sich der Landauer auch das Ticket für die Olympischen Spiele in Japan gesichert.

Im Moment seines Sieges dachte Zernikel aber auch an einen anderen Stabhochspringer, für den der Traum von Olympia in diesem Jahr geplatzt ist. Bei Raphael Holzdeppe vom LAZ Zweibrücken war letzte Woche ein Knorpelschaden im Knie diagnostiziert worden (wir berichteten). Es wären Holzdeppes vierte Olympische Spiele in Folge gewesen. „Ich hätte Raphi in Tokio gerne dabei gehabt. Aber so ist der Leistungssport – Verletzungen passieren leider. Ich bin mir aber sicher, dass er schon bald wieder auf die Beine kommt und wieder angreifen wird“, sagte Zernikel. Holzdeppe selbst verfolgte das Meeting am Samstag als Zuschauer. „Eine positive Nachricht sieht natürlich anders aus“, sagte der 31-Jährige im Hinblick auf seine schwere Verletzung. „Im ersten Moment war ich frustriert und enttäuscht – aber ich bin ein positiver Mensch. Ich habe mich gefragt: Okay, was muss ich machen, um wieder gesund zu werden und wer kann mir dabei helfen. Und habe mir dann einen Fahrplan zur Genesung aufgestellt.“ Am Donnerstag hat Holzdeppe das Vorgespräch, in dem er erfährt, wann seine Operation in der Atos-Klinik in Heidelberg ansteht. An seinem Plan, seine Karriere erst nach den Olympischen Spielen 2024 in Paris zu beenden, habe die Diagnose aber nichts geändert. „Solange mir kein Arzt sagt, dass ich aufhören muss, bleibt das mein großes Ziel“, sagte der LAZ-Athlet kämpferisch. Seinen Disziplinkollegen Zernikel lobte Holzdeppe in den höchsten Tönen. „Es ist unglaublich, was er die letzten Monate investiert hat. Wie fleißig und hart er trainiert. Jetzt steht die letzte Vorbereitung Richtung Olympia an, da ist es wichtig, dass er in einen Fluss kommt. Da tun solche Ergebnisse wie heute gut, aus denen er positive Energie für die Spiele schöpfen kann. Ich freue mich richtig für ihn. Und darauf, ihn in Tokio zu sehen.“

LAZ-Stabhochspringer Nico Fremgen verlebte beim „Sky‘s the Limit“ zwar einen kurzen – aber trotzdem sehr erfolgreichen Arbeitstag. Der 24 Jahre alte Petersberger, der keinen Spitzensportler-Status besitzt, hatte erst einen Tag zuvor erfahren, dass er aufgrund der neuen Landesverordnung in Rheinland-Pfalz antreten darf. Die vorgegebene Einstiegshöhe von 5,20 Meter war für ihn gleichzeitig neue persönliche Bestleistung – und er meisterte sie gleich im ersten Versuch. „Bestleistung mit der Einstiegshöhe – das habe ich auch noch nicht erlebt“, flachste der ehemalige Stabhochspringer Karsten Dilla, der das Meeting kommentierte. Auch die folgende Höhe von 5,40 Meter war vorgegeben. Im dritten Versuch schien Fremgen die Latte schon überquert zu haben – ehe die Stange doch noch zu Boden fiel. „Es hat mich sehr gefreut, dass ich kurzfristig hier antreten konnte. Einfach wieder Springen zu dürfen, fühlt sich super an. Die Bestleistung im ersten Versuch war schon sehr solide – und bei meinem Heimspiel natürlich doppelt schön. Aber auch die Versuche bei 5,40 waren gut. Darauf kann ich in nächster Zeit, wenn Wettkämpfe stattfinden, aufbauen“, sagte Fremgen. Sein weiterer Plan für den angebrochenen Samstag: „Ich rede jetzt noch mit meinem Trainer, trinke ein Bier und verfolge das Meeting. Und hinterher helfe ich bei den Abbauarbeiten, bevor es nach Hause geht.“

Dafür, dass die gut 200 Zuschauer im Westpfalzstadion auch einen Heimsieg bejubeln durften, sorgte – wie sollte es anders sein – Christin Hussong. Die Speerwurf-Europameisterin vom LAZ Zweibrücken dominierte den Wettkampf und gewann mit fast zehn Metern Vorsprung auf ihre ärgste Konkurrentin, die Polin Klaudia Regin. Ein wenig kritisch schaute Hussong drein, nachdem der Speer im zweiten Versuch ihre Hand verlassen hatte. Doch ihr Arbeitsgerät bohrte sich erst bei 64,60 Metern in den Rasen: Stadionrekord! Und eine weitere beeindruckende Weite, mit der die Herschbergerin ihre Ambitionen auf eine olympische Medaille unterstrich. „Mit den 64 bin ich sehr zufrieden, dass es nicht jedes Mal ein 66er oder sogar 69er werden kann, ist denke ich selbstverständlich. Ich stabilisiere mich auf einem hohem Niveau. Es läuft super“, erklärte die 27-Jährige. Zumal die Vorbereitung auf Olympia so angelegt sei, dass sie momentan im Training „ein bisschen müde gemacht“ werde, so dass sie in Tokio ihre beste Leistung abrufen kann. Ebenfalls zuversichtlich stimme sie, dass sie ihre beste Weite in Zweibrücken erneut innerhalb ihrer ersten drei Versuche hingelegt habe. Denn in Tokio wird sich nach drei Würfen entscheiden, welche acht Athletinnen in den Endkampf einziehen. In rund vier Wochen schon beginnen die Sommerspiele in Japan. „Immer wenn ich daran denke, werde ich schon ein bisschen nervös. Aber das brauche ich auch. Es wäre ja schlecht, wenn ich beim Gedanken an Olympia nur sage: ‚Ach ja, mal schauen, was dort so passiert‘. Ich habe ein Ziel – und da muss man auch aufgeregt sein“, sagte Hussong. Auch wenn die Herschbergerin heute in den großen Stadien dieser Welt wirft, bleibt es für sie etwas ganz Besonderes in ihrem „Wohnzimmer Westpfalzstadion“ zum Speer zu greifen. „Es ist einfach mein Zuhause und fühlt sich ein bisschen an wie Training. Außerdem konnten hier heute Familie und Freunde dabei sein, was dieses Jahr kaum der Fall war“, sagte Hussong.

Begonnen hatte das internationale Speerwurf- und Stabhochsprung-Meeting beim LAZ schon um die Mittagszeit mit dem Stabhochsprung der Frauen. Unter der sengenden Sonne, die die Zuschauer immer wieder zu dem Wasserspender vor dem A-Block trieb, gewann die schwedische Rekordhalterin Michaela Meijer mit 4,60 Metern vor der deutschen Meisterin Jacqueline Otchere (MTG Mannheim 4,55 Meter) sowie Leni Wildgrube (SC Potsdam) und Katharina Bauer (Bayer Leverkusen), die beide 4,45 Meter übersprangen. Meijer hatte sich erst vor kurzem von einer Corona-Infektion erholt. Bei der gemischten Speerwurf-Konkurrenz der männlichen und weiblichen U20 sowie der weiblichen U23 gewann Eric Frank (LAV Rostock, Jahrgang 2002) mit neuer persönlicher Bestleistung von 67,79 Metern.

Als der LAZ-Vorsitzende Alexander Vieweg am Abend dann die Bierbänke zusammenklappte, zog er ein positives Fazit der Veranstaltung. Und das obwohl statt der anvisierten 500 nur etwas mehr als 200 Zuschauer den Weg ins Westpfalzstadion gefunden hatten. „Das ist vielleicht der Situation geschuldet, dass die Leute die Zeit nutzen, sich wieder draußen zu treffen. Aber im privaten Rahmen. Und nicht auf größeren Veranstaltungen. Die werden vielleicht vorerst noch gemieden.“ Auch das parallele Spiel der Fußball-Europameisterschaft zwischen Deutschland und Portugal habe womöglich den einen oder anderen Zuschauer gekostet. Die große Hitze von bis zu 35 Grad habe ihr übriges getan. „Das war eine Herausforderung, der Planet hat heute ganz schön gebrannt“, meinte Vieweg. „Aber die Athleten waren schwer glücklich, das ist das wichtigste für uns“, ergänzte der Vorsitzende. Auch organisatorisch habe alles reibungslos funktioniert. Und die sportlichen Leistungen, insbesondere im Stabhochsprung der Männer, seien ohnehin über jeden Zweifel erhaben. „Manchmal ist es ja so, dass man sich durch die Vorleistungen der Athleten etwas ausmalt, was dann nicht eintrifft. Aber heute haben alle gezeigt, was sie drauf haben. Wir haben viele Bestleistungen gesehen“, schwärmte Vieweg.

 Oleg Zernikel setzte seinen bisher so guten Lauf im Olympia-Sommer beim LAZ-Meeting fort: Mit erneut 5,80 Metern feierte er den Sieg.

Oleg Zernikel setzte seinen bisher so guten Lauf im Olympia-Sommer beim LAZ-Meeting fort: Mit erneut 5,80 Metern feierte er den Sieg.

Foto: maw/Martin Wittenmeier
 LAZ-Stabhochspringer Raphael Holzdeppe (links), hier im Plausch mit Torben Blech, ist für den Rest der Olympia-Saison zum Zuschauen verdammt.

LAZ-Stabhochspringer Raphael Holzdeppe (links), hier im Plausch mit Torben Blech, ist für den Rest der Olympia-Saison zum Zuschauen verdammt.

Foto: maw/martin wittenmeier
 Die Schwedin Michaela Meijer wurde ihrer Favoritenrolle gerecht.

Die Schwedin Michaela Meijer wurde ihrer Favoritenrolle gerecht.

Foto: maw/Martin Wittenmeier
  LAZ-Springer Nico Fremgen freute sich über seinen kurzfristigen Einsatz.

LAZ-Springer Nico Fremgen freute sich über seinen kurzfristigen Einsatz.

Foto: maw/Martin Wittenmeier

Nach zwei Meetings, deren Planung und Durchführung durch die Pandemie behindert worden war, hofft Vieweg nun, „dass die Zeiten ruhiger werden. Dass wir wieder Veranstaltungen ohne Schnelltest und andere Auflagen durchführen können. Man kann diese Auflagen zwar definitiv umsetzen – aber es ist sehr anstrengend und umständlich.“ An einen gemütlichen Feierabend war für die vielen Helfer des LAZ Zweibrücken am Samstagabend auch dann noch nicht zu denken, als Vieweg die letzte Bierbank zusammenklappte. „Morgen findet noch der XO-Cup für die Jugend statt. Erst danach wird komplett abgebaut. Und wenn dann alle Athleten, die hier waren, wieder zu Hause in ihren Heimatländern angekommen sind, können wir am Montag vielleicht ein wenig durchschnaufen.“

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