Beleidigungen und Angriffe Das müssen sich Ordnungsamt-Mitarbeiter in Völklingen bieten lassen

Völklingen · Sie trauen sich nur noch mit Sicherheitsweste auf die Straße. Davon berichten Völklinger Mitarbeiter des Ordnungsdienstes von ihren Rundgängen.

 Ein Mitarbeiter des Kommunalen Ordnungsdienstes in Völklingen hat einen Falschparker erwischt. Er trägt eine Sicherheitsweste unter der Jacke. Auch die Stadt Saarbrücken kauft jetzt stichsichere Westen.

Ein Mitarbeiter des Kommunalen Ordnungsdienstes in Völklingen hat einen Falschparker erwischt. Er trägt eine Sicherheitsweste unter der Jacke. Auch die Stadt Saarbrücken kauft jetzt stichsichere Westen.

Foto: BeckerBredel

Beleidigungen und Bedrohungen sind an der Tagesordnung, wenn die Mitarbeiter des Kommunalen Ordnungsdienstes (KOD) in Völklingen ihre Kontrollgänge machen. Im schlimmsten Fall werden Falschparker sogar handgreiflich. Einer der Mitarbeiter, der mit seinem Namen nicht in der Zeitung stehen will, berichtet von einem tätlichen Angriff, den er einmal erleben musste. Er hatte einen Falschparker gebeten wegzufahren, als dieser ihn daraufhin beleidigte. Also tippte der Kontrolleur die Autonummer in sein Erfassungsgerät ein. Nun sei der Übeltäter mit Boxhieben auf ihn losgegangen, berichtet der Stadt-Mitarbeiter. Zwei Zähne habe er ihm beschädigt. Die Angelegenheit endete schließlich vor Gericht.

Wie gefährlich ist der Job des KOD? Die SZ begleitete zwei der Kontrolleure nachmittags bei einem Rundgang. Was sofort auffällt: Sie haben schuss- und stichsichere Westen an. Es wird schnell klar, dass es bei den Kontrollgängen in der Innenstadt nicht nur ums Falschparken geht. In der Rathausstraße steht Sperrmüll auf einer Parkfläche. Jetzt muss erst mal geklärt werden, ob der angemeldet ist. Anruf in der Verwaltung, Ja, am nächsten Morgen soll der Müll abgeholt werden, erfährt der Kontrolleur. Seine Reaktion wegen der großen Zeitspanne: „Glücklich ist das nicht, aber ein Bußgeld wäre jetzt überzogen.“ Er räumt den Sperrmüll zur Seite, damit dort noch jemand halten kann. Der Ordnungsdienst-Mitarbeiter  sagt: „Bei meiner Arbeit ist viel Fingerspitzengefühl nötig.“ Wenn Leute schnell reagieren, die zum Beispiel auf der Busspur parken und wegfahren, dann sei das in Ordnung. Aber: „Der Ton macht die Musik.“ Gerade das Parken auf der Busspur sei ein großes Ärgernis. Wer erwischt wird, muss mit einem Bußgeld von 15 Euro rechnen. Sehr viele Fälle entfielen auf dieses Vergehen. „Das ist unser Kerngeschäft.“ Ein paar hundert Meter weiter in der Poststraße steht ein Auto mit Warnblinklicht, das dort nicht stehen darf. Als der Fahrer den Kontrolleur sieht, fährt er schnell weg. Alles bleibt friedlich.

Plötzlich schaut er ganz genau auf ein geparktes Auto mit Behindertenausweis. Es gebe mittlerweile viele Ausweisfälschungen. Dieses Dokument kommt ihm verdächtig vor – ohne Stempel und Unterschrift. „Verwarne den mal“, sagt er zu seinem Kollegen, der sogleich sein Erfassungsgerät zückt. Der Kollege hatte auch schon ein übles Erlebnis. Er berichtet von einem Autofahrer, der eine Feuerwehrzufahrt zuparkte. Als der nicht wegfahren und er ihn verwarnen wollte, schlug der Falschparker dem KOD-Mitarbeiter das Handy aus der Hand und warf es ihm an den Kopf. Er erlitt eine Platzwunde. Der Übeltäter sei schließlich wegen schwerer Körperverletzung auf Bewährung verurteilt worden. Drei- bis viermal im Jahr müssten sie wegen solcher Übergriffe die Polizei rufen. Warum sind die Leute so aggressiv wegen eines Knöllchens? Einer der beiden sucht nach einer Erklärung: „Niemand wird gern sanktioniert.“

Auch in Saarbrücken ist der KOD regelmäßig Beleidigungen und Gewaltandrohungen ausgesetzt, erklärt Bürgermeister Ralf Latz (SPD). Drei Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hätten 2018 Strafanzeige gestellt wegen Bedrohung, Beleidigung und Körperverletzung. Häufig belassen sie es aber bei mündlichen Ermahnungen. Latz: „Nur im Ausnahmefall und bei hartnäckigen Wiederholungen gehen sie formal dagegen vor.“ Alle Mitarbeiter des Außendienstes machen ein Deeskalations- und Selbstverteidigungstraining, um schwierige Situationen zu meistern. Zusätzlich beschaffe die Stadt derzeit stichsichere Westen, die aber nur bei Nachteinsätzen getragen werden. Latz: „Zeichnet sich eine Gefahr für Leben oder Gesundheit ab, so wird umgehend die Vollzugspolizei gerufen.“

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