Podcast und Youtube als Seelsorge Corona zwingt Seelsorger sich neu zu erfinden

Homburg/Saarbrücken · Während die Nachfrage nach seelischem Beistand am Telefon im Regionalverband stark zunimmt, sind viele Geistliche gezwungen, andere Formen von Seelsorge zu entwickeln.

 Durch die Corona-Krise ist die Zahl der Anrufe bei der Telefonseelsorge im Vergleich zum Vorjahr um mehr als die Hälfte angestiegen. Neben der Angst vor dem Virus sind es vor allem wirtschaftliche Sorgen, die die Leute beschäftigt.

Durch die Corona-Krise ist die Zahl der Anrufe bei der Telefonseelsorge im Vergleich zum Vorjahr um mehr als die Hälfte angestiegen. Neben der Angst vor dem Virus sind es vor allem wirtschaftliche Sorgen, die die Leute beschäftigt.

Foto: Bistum Trier/Dominik Holl

Wegen der Corona-Krise scheint die Nachfrage nach seelischem Beistand am Telefon sowohl bei den Katholiken, als auch bei den Protestanten im Land groß zu sein. „Die Gespräche zum Thema Corona-Virus sind in den letzten Tagen stark angestiegen“, sagt Volker Bier, evangelischer Leiter der Evangelisch-Katholischen Telefon-Seelsorge Saar. Inzwischen sei jedes zweite Gespräch von dem Thema geprägt. Gleichzeitig sei auch die Anzahl der Anrufe gestiegen. Im Vergleich zum Vorjahr verzeichne man um 50 Prozent mehr Anfragen. Mitunter müssten die Menschen mehrfach anrufen, um die Telefonseelsorge zu erreichen.

Durch die Allgemeinverfügung der Landesregierung sind seit Mittwoch Zusammenkünfte in Kirchen und anderen Gotteshäusern bis auf weiteres untersagt. Das Bistum Trier – zu dem ein Großteil der Katholiken im Saarland gehört – hat bis Ende April deswegen alle Gottesdienste ausgesetzt. Dies betrifft auch die kommenden Kar- und Ostertage sowie Gottesdienste zu Taufen, Trauungen oder Sterbeämtern. Beisetzungen auf dem Friedhof dürfen laut Generalvikar Ulrich Graf von Plettenberg nur „im allerengsten Familienkreis stattfinden“. Pfarrbüchereien, Pfarrheime und weitere kirchliche Orte der Begegnung bleiben ebenfalls vorerst geschlossen. Auch die pastoralen Mitarbeiter sollen sich, wenn möglich, physisch nicht mehr treffen, sondern über Telefon und E-Mail miteinander kommunizieren.

„Viele denken, wir könnten gerade nichts machen. Dabei haben wir wesentlich mehr zu tun als sonst“, sagt Gemeindereferent Frank Klaproth von der Homburger Pfarrei Heilig Kreuz: Das Seelsorgeteam überlege, wie es gerade jetzt Kontakt mit älteren Menschen halten könne. Über die gerade bei Jüngeren gut genutzten sozialen Netzwerke und die Homepage der Pfarrei gelinge das weniger. Daher habe man einen Aushang an der Kirche gestaltet, für alle, die etwa nicht zu Hause per Livestream Gottesdienste anschauen könnten. Hier gehe es um die Frage, wie man zu Hause beten könne. Auch erarbeite man ein Infoblatt für die Kar- und Ostertage mit Impulsen, Texten oder Gebeten, das großflächig versandt werde an alle, die ehrenamtlich tätig seien oder Abonnenten des Kirchenblattes. Auch Seniorenheime wolle man damit versorgen. Parallel erstelle man Unterlagen zur Kommunionvorbereitung – als Beschäftigung für Familien und ihre Kinder im Hinblick auf die Kar- und Ostertage. Auch hier seien Hausgebete ein Bestandteil, es sei insgesamt spielerischer gestaltet. Klaproth verweist auch auf die Aktion „Licht der Hoffnung“ (wir berichteten), bei der ab Samstagabend täglich ein um 19 Uhr ein Licht ins Fenster gestellt und das „Vater unser“ gebeten werden kann. Ostern falle nicht aus, betont er: „Es ist ein Fest, das zeigt, dass das Leben stärker ist als der Tod. Wir werden diese Zeit bestehen.“

„Im Grunde ändert sich alles“, fasst derweil auch Benedikt Welter, Dechant vom Dekanat Saarbrücken, die Auswirkungen zusammen. Durch die Maßnahmen gegen das Corona-Virus sei man gezwungen, sich in vielen Dingen „neu zu erfinden“, wie er betont. Auf der anderen Seite würde die Kirche, die bisher „eher analog gestrickt“ gewesen sei, jetzt einen „digitalen Schub“ erfahren. Statt wie bisher den Gläubigen im direkten Gespräch zu helfen, seien Seelsorger nun gezwungen über Telefon und E-Mail seelischen Beistand zu leisten. Er selber plant laut eigenen Aussagen neben einem Kanal auf „YouTube“ auch einen Podcast einzurichten. Bis Ostern wolle man sich im Dekanat entsprechend technisch aufstellen.

Auch die evangelischen Kirchengemeinden im Saarland sind momentan dabei, andere Formate für die Seelsorge zu entwickeln. Davon gebe es „bereits zahlreiche gute Beispiele“, wie Christian Weyer, Superintendent des Kirchenkreises Saar-West, und Markus Karsch, Superintendent des Kirchenkreises Saar-Ost, in einem Brief an die Gemeinden schreiben.

So gebe es Gemeinden, die „Online-Gottesdienste“ planen oder kurze Andachten unter freien Himmel anbieten wollen. In der Kirchengemeinde Brebach-Fechingen-Bliesransbach scheint man dagegen schon eine Lösung gefunden zu haben. „Sonntags um 10 läuten wir die Glocken der Kirchen und laden zum häuslichen Gottesdienst ein“, erzählt Pfarrer Josef Jirasek. Wer teilnehmen möchte, bräuchte lediglich eine Kerze sowie eine Liturgie. „Die lege ich in den Geschäften aus und versende sie per E-Mail“, sagt Jirasek.

Trotz all der Einschränkungen, die die Corona-Krise für die Institution Kirche mit sich bringt, scheint man der aktuellen Situation aber auch etwas Positives abzugewinnen. „Das Leben entschleunigt sich und es ist Zeit und Raum für Gespräche. Das ist einer der wenigen guten Aspekte des Corona-Virus“, sagt Christian Weyer.

Weitere Informationen über die Seelsorge in den Pfarreien gibt es im Internet unter:

 Gemeindereferent Frank Klap-roth.

Gemeindereferent Frank Klap-roth.

Foto: Eric Kolling
 Christian Weyer, Superintendent des Kirchenkreises Saar-West.

Christian Weyer, Superintendent des Kirchenkreises Saar-West.

Foto: Kirchenkreis Saar-West/Thomas Seeber
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