Winterberg-Klinik schenkt Bibi das Lachen

Saarbrücken · Hinter Bibi liegen fünf Jahre Hölle. Sie konnte nicht lachen, nicht schreien, nichts Festes essen. Jedes Wort war eine Qual. Bibi hatte eine sehr seltene Krankheit. Bei ihr waren Ober- und Unterkiefer zu einem dicken Block aus Knochen zusammengewachsen. Im kriegszerrütteten Afghanistan fand sich niemand, der Bibi und ihren Eltern helfen konnte. Aber in Saarbrücken. Im städtischen Krankenhaus auf dem Winterberg.

 Kinderkrankenschwester Kimberley Gärtner betreut noch immer die kleine Bibi, der es von Tag zu Tag besser geht. Foto: Müller-Hippchen

Kinderkrankenschwester Kimberley Gärtner betreut noch immer die kleine Bibi, der es von Tag zu Tag besser geht. Foto: Müller-Hippchen

Foto: Müller-Hippchen

Der Oberhausener Verein Friedensdorf International braucht für seine jungen Schützlinge oft medizinische Hilfe. Ein paar hundert Kilometer vom Ruhrpott entfernt nutzt er bewährte Partner auf dem Winterberg (siehe Stichwort). Der Verein weiß, was er an den Saarbrückern hat. Erst recht seit der OP für Bibi.

Das Leiden der Fünfjährigen ist so selten, dass die Helfer weltweit recherchierten. Nur um die 50 Fälle waren in der Fachliteratur aufzutreiben. Dann steckten die Mediziner den Weg zu Bibis Heilung ab und erreichten ihr Ziel. Dr. Herbert Rodemer, Chef der Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie , und sein Team schenkten Bibi das Lachen.

Rodemer sah auf Bibis Röntgenbild, dass das Kiefergelenk vollständig erhalten war. Damit gab es die Chance, den verwachsenen Knochen zu durchtrennen und dem Kind einen voll funktionstüchtigen Kiefer zu verschaffen.

Doch noch lagen Hürden vor Operateuren und Anästhesisten. Wie sollte das OP-Team die Schläuche für die Beatmung während des mehrstündigen Eingriffs einführen, wenn der Mund zugewachsen ist?

Chef-Anästhesist Dr. Konrad Schwarzkopf bewies Improvisationstalent mit Schläuchen und Minikameras. Er und seine Leute ermöglichten die Betäubung. Dann mussten sie ständig darauf achten, dass das Mädchen genug Luft bekam. Eine weitere Komplikation waren die großen Schwellungen nach dem Durchtrennen des Kieferknochens. Deshalb musste Bibi auf die Kinder-Intensivstation. Helfer dort: der Chef der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, Dr. Jens Möller, und Oberarzt Dr. Donald Wurm. Bibi lag für eine Woche im künstlichen Koma, erst dann gingen die Schwellungen im Hals so weit zurück, dass sie ohne Hilfe atmete. Inzwischen ist Bibi auf einer Normalstation der Kinderklinik und bleibt dort, bis die Wunden verheilt sind.

Sie bekommt regelmäßig Besuch von Logopädin Susanne Kaser. Bibi übt mit ihr, den Kiefer zu bewegen, damit das Gelenk beweglich wird und der Knochen nicht wieder verwächst. Sobald Bibi fit ist, geht's ins Friedensdorf Oberhausen. Von dort kehrt sie heim zu den Eltern. Vorher hat das Mädchen noch einen schönen Termin bei Chefarzt Rodemer. Der freut sich, Bibi das erste Eis ihres Lebens zu spendieren. Und er will unbedingt dabei sein, wenn sie es schleckt. "Ich bin gespannt auf ihr Gesicht."

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Stichwort Die fünfjährige Bibi ist nicht das erste Kind, das über das Friedensdorf International im Klinikum Saarbrücken behandelt wurde. Jedes Jahr hilft das Friedensdorf in Oberhausen rund 1000 Jungen und Mädchen aus Afghanistan, Vietnam, Kambodscha und anderen armen Ländern der Welt und vermittelt ihnen eine medizinische Behandlung in Europa. Die Kinder brauchen Hilfe, weil sie arm sind oder aus einer Kriegs- oder Krisenregion kommen und eine Erkrankung haben, die in ihrem Heimatland nicht behandelt werden kann. Für sie sucht das Friedensdorf Partner in ganz Europa, die bereit sind, diese Kinder kostenlos medizinisch zu versorgen. Der Chefarzt der Klinik für Mund-, Kiefer-, Gesichtschirurgie und plastische Operationen, Dr. Herbert Rodemer, wurde für sein Engagement in dieser Sache sogar schon als "Saarlands Bester" ausgezeichnet. red

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