Vorsicht in den Rauhnächten

Regionalverband · Zum Jahreswechsel gab es in grauer Vorzeit eine Menge seltsamer Bräuche. Die meisten davon stammen aus der heidnischen Zeit und wurden noch bis ins 18. Jahrhundert praktiziert. Erst im 19. Jahrhundert gewannen christliche Rituale endgültig die Oberhand und verdrängten den uralten Aberglauben.

 William Shakespeare liebte Orte und Zeiten, die außerhalb der Alltagswelt liegen. In seiner Komödie ,,Was ihr wollt“ kommt alles zusammen: ein seltsamer Ort mit Namen Illyrien, ein Junge, der eigentlich ein Mädchen ist und die Zeitspanne zwischen dem 25. Dezember und dem 6. Januar, in der alles möglich scheint: Nächte voller Unheil, geprägt von düsterem Spaß und dem Wirken übernatürlicher Mächte. Unser Foto zeigt eine Szene aus ,,Shakespeare in Love" mit Gwyneth Paltrow und Joseph Fiennes. Foto: RTL/Verleih

William Shakespeare liebte Orte und Zeiten, die außerhalb der Alltagswelt liegen. In seiner Komödie ,,Was ihr wollt“ kommt alles zusammen: ein seltsamer Ort mit Namen Illyrien, ein Junge, der eigentlich ein Mädchen ist und die Zeitspanne zwischen dem 25. Dezember und dem 6. Januar, in der alles möglich scheint: Nächte voller Unheil, geprägt von düsterem Spaß und dem Wirken übernatürlicher Mächte. Unser Foto zeigt eine Szene aus ,,Shakespeare in Love" mit Gwyneth Paltrow und Joseph Fiennes. Foto: RTL/Verleih

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Die Weihnachtszeit und die Silvesterfeiern, so wie wir sie heute kennen, sind erst in der bürgerlichen Kultur des 19. Jahrhunderts entstanden. Wir sind heute erstaunt, wenn wir hören, wie eng noch im 18. Jahrhundert die Weihnachtszeit mit dem Aberglauben verwoben war. Die Nächte zwischen dem 25. Dezember und dem 6. Januar nannte man Rauhnächte, Zwölfnächte oder Zwölften, Rauchnächte, Heilige Nächte oder Losnächte. Sie sind im Volksaberglauben eine Zeit der Wiederkehr der Seelen, der Wilden Jagd und des Erscheinens von Geistern, die bewirtet oder durch Räuchern, Lärmen oder Kreuzeszeichen abgewehrt werden. Also eine Art Halloween , nur, dass wir Halloween nach amerikanischer Tradition nun auf den Allerheiligentag verlegt haben.

Der Werwolf geht um

Man glaubte gar in früheren Jahren, daß in der Weihnachtsnacht der Werwolf umgeht und der Teufel auf dem Schornstein eines alten Hauses sitzt - unheimliche Geschichten, die Janet Rowling in ihren Harry-Potter-Büchern als Inspiration gerne aufgegriffen hat.

In den zwölf heiligen Nächten zwischen dem Weihnachts- und dem Dreikönigstag, krächzen die Unglücksraben, ein wütendes Heer braust durch die Lüfte und auf den Friedhöfen ist es nicht geheuer. Die wilde Jagd, angeführt von Wodan mit Mantel und Hut auf seinem dreibeinigen Schimmel, umrundet mit Jagdrufen und Hundegebell in den zwölf Nächten die Erde. Erst am Dreikönigstag, so der Glaube, löst sich der Zauberbann, der mit dem neuen Sonnenlauf am 25. Dezember begonnen hatte.

Der Aberglaube im Volk schrieb diesen Tagen und Nächten Zauberkräfte zu. Im Übrigen hat auch William Shakespeare mit seiner Komödie ,,Was ihr wollt", die auf Englisch ,,Twelfth night", also ,,die zwölfte Nacht" heißt, jenen sagenumwobenen Zeitraum thematisiert. Man weiß allerdings nicht genau, ob die Komödie wirklich gedacht war, am zwölften Tag nach Weihnachten, also am 6. Januar, aufgeführt zu werden, wie Experten behaupten, oder ob sie lediglich in die Zeit um den Jahreswechsel fällt. Auf jeden Fall tauchen in der Komödie mehrere Hinweise auf Festivitäten auf, die um die Weihnachtszeit stattfinden. Deshalb bauen Regisseure zuweilen in die Inszenierung auch Hinweise ein, die an Weihnachts- und Silvesterrituale aus der elisabethanischen Zeit erinnern sollen.

Verrückt bis zum 6. Januar

Auch am Schluss der Komödie , als sich alle Verwicklungen mehr oder weniger in Wohlgefallen auflösen, wird noch einmal darauf hingewiesen, es sei ja ,,Twelfth night", also ein Zeitpunkt, an dem die Menschen zu Verrücktheiten neigen, also eine Art Fastnacht. Bis zum 6. Januar ist eben alles möglich, bevor wieder der Alltag beginnt.

Bräuche aus dem Heidentum vermischten sich mit Bräuchen des Christentums, die sich dadurch bis in die heutige Zeit erhalten haben. Zum Beispiel beim Jahreswechsel, der schon in alten Zeiten ein wichtiger Tag war. Hier einige Kostproben: Man schließt während der ersten halben Stunde des neuen Jahres alle Türen und lässt nur die Hintertür offen; hier kommt der Segen herein. Klingen die Silvesterglocken nicht hell und klar, so ist das kommende Jahr wenig bedeutungsvoll.

Wie die Christnacht, so hat auch die Silvesternacht, die den Übergang vom alten in das neue Jahr bildet, im Volksglauben eine besondere Bedeutung: Sie erlaubt angeblich einen Blick in die Zukunft. Daher kommt das Bleigießen. Früher gossen vor allem junge Frauen Blei, um ihre Chancen auf dem Heiratsmarkt zu testen: Sie wollten ihren zukünftigen Ehemann, dessen Beruf, Gestalt und Eigenschaften voraussehen.

 Bereits seit Jahrtausenden gelten Schweine als Symbol des Wohlstands. Foto: dpa

Bereits seit Jahrtausenden gelten Schweine als Symbol des Wohlstands. Foto: dpa

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 Der Schornsteinfeger gilt als Glücksbringer, da er früher als Erster im neuen Jahr vor der Türe gestanden haben soll, um Neujahrswünsche und seine Rechnung zu übergeben. Foto: DPA

Der Schornsteinfeger gilt als Glücksbringer, da er früher als Erster im neuen Jahr vor der Türe gestanden haben soll, um Neujahrswünsche und seine Rechnung zu übergeben. Foto: DPA

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Ein Ritual, das man bis heute gerne praktiziert: Wenn während des Silvesterläutens alle Familienmitglieder aus einem Glas trinken, bleibt das Unglück fern.

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