Lieber Dudelsack als Männergesang

Schon wieder kein Winter in Homburg. Die bange Frage, ob er überhaupt noch kommt, will man gar nicht mehr stellen.

Doch nicht nur die Wolken lösen sich in Regen auf, auch die Männergesangvereine folgen diesem Beispiel. In dieser Woche war Niederbexbach an der Reihe: Von ehemals 200 Männerkehlen sind noch 60 übrig geblieben, von denen nur 14 überhaupt singen. Auch die Kirchenchöre haben es schwer, denn immer, wenn sie an Feiertagen ihren großen Auftritt haben sollten, räkeln sich so manche Mitglieder lieber am Strand, als auf der Empore stramm zu stehen. Aber am Stramm-Stehen kann die nachlassende Begeisterung auch wieder nicht liegen, denn kaum jemand marschierte in der vergangenen Woche strammer durch Homburg als die Dudelsackpfeifer, deren Formationen enormen Zulauf haben. Karierte Röcke, ausgestreckte Fäuste, alberne Kniestrümpfe - alles Dinge, die normalerweise Spott ernten. Doch das Gegenteil ist der Fall, die Anzahl der Zuschauer und derjenigen, die bei den Dudelsack-Lehrgängen mitmachen wollen, nimmt jedes Jahr zu. Nun wäre es für die aussterbenden Männerchöre keine Lösung, zum Schottentum überzutreten. Die Misere liegt wohl eher daran, dass das deutsche Liedgut so kompliziert ist. Die Texte handeln von Brunnen, vom Frühtau, von Forellen oder vom Tod, der junge Mädchen ereilt. Dudelsackpfeifer brauchen gar keinen Text. Vermutlich ist dies das Geheimnis des Erfolges. Unsere Dichter haben sich so mühsame Texte ausgedacht, etwa von schönen blonden Frauen, die auf Felsen sitzen und sich kämmen. Wo doch ein bärtiger Waldschrat im Rock vollkommen genügt.

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