Kritik an neuen Fernwärmepreisen

Saarbrücken. Kaum beim Kunden, schon in der Kritik: die neuen Fernwärme-Verträge von Energie SaarLorLux (ESLL) wecken den Argwohn der Interessengemeinschaft Eschberger Fernwärmekunden (IEF) und der Verbraucherzentrale. Die Verträge samt dem neuen Preissystem sollen ab 1. Januar gelten und steckten Anfang Dezember in den Briefkästen der Kunden (die SZ berichtete)

Saarbrücken. Kaum beim Kunden, schon in der Kritik: die neuen Fernwärme-Verträge von Energie SaarLorLux (ESLL) wecken den Argwohn der Interessengemeinschaft Eschberger Fernwärmekunden (IEF) und der Verbraucherzentrale. Die Verträge samt dem neuen Preissystem sollen ab 1. Januar gelten und steckten Anfang Dezember in den Briefkästen der Kunden (die SZ berichtete). Allerdings war auf dem beiligenden "Preisblatt Fernwärme und Regelungen zur Preisänderung" ein Fehler, deshalb verschickte ESLL in den vergangenen Tagen eine korrigierte Version dieses Blattes.

Kunde wählt Kilowatt-Zahl

Der Kern des neuen Preissystems ist die Abschaffung des Zwangsanschlusswertes von 20 Kilowatt (kw). Den musste bislang jeder Kunde bezahlen, selbst wenn er sein Haus so gut isoliert hatte, dass er mit 10 kw ausgekommen wäre. Die 20 kw kosteten zuletzt 215,75 Euro pro Jahr, für jedes weitere kw waren 11,65 Euro fällig. Künftig entscheidet jeder selbst, wie viele kw er als Anschlusswert haben will - allerdings kostet jedes kw im Anschlusswert jetzt 18,523 Euro.

Folge: Für 10 kw Anschlusswert sind künftig 185,23 Euro fällig, also fast so viel wie früher für den Zwangsanschlusswert von 20 kw. Und wer auch künftig noch die 20 kw Anschlusswert braucht, muss jetzt 370,46 Euro hinblättern.

Ein Anschlusswert von 30 kw (früher 332,25 Euro) kostet ab 1. Januar 555,69 Euro. Die Miete für einen Standard-Fernwärmezähler steigt von 109,51 Euro auf 111,158 Euro im Jahr.

Verbrauch billiger

Gleichzeitig senkt ESLL ihren so genannten Arbeitspreis. Das ist der Preis für jede tatsächlich verbrauchte Kilowattstunde (kwh) Fernwärme. Eine kwh kostete zuletzt 7,534 Cent, ab 1. Januar sind es nur noch 6,467 Cent. Allerdings berechnet ESLL - so steht es auf dem Preisblatt - den Arbeitspreis für Fernwärme abhängig von der weltweiten Preisentwicklung für leichtes und schweres Heizöl sowie für Kohle. Wenn die teurer werden, steigt also auch der Arbeitspreis für Fernwärme. So lange aber die Preise für Öl und Kohle stabil bleiben - sagt ESLL - entlastet das neue Preissystem die Kunden. ESLL präsentiert zwei Beispiele. Erstens: Einfamilienhaus, Anschlusswert 20 kw, Verbrauch 30 000 kwh, Standard-Fernwärmezähler, Jahresrechnung früher 2585,46 Euro - ab Januar 2421,71 Euro; Ersparnis: rund 164 Euro. Zweitens: Mehrfamilienhaus, Anschlusswert 15 kw, Verbrauch 225 000 kwh, Ersparnis: 1352 Euro.

Zusätzlich gewährt ESLL 2010 einen Bonus von 0,139 Cent pro verbrauchte kwh - Ersparnis bei Weiterbestehen des kwh-Preises vom 1. Januar 2010: für das Einfamilienhaus weitere rund 40 Euro, für das Mehrfamilienhaus weitere rund 300 Euro im Jahr.

Wie ESLL-Vorstand Franz-Josef Johann und Prokurist Stefan Eichacker am Montag erläuterten, konnte ESLL seinen Arbeitspreis (also den Preis für die verbrauchten kwh) senken, weil Öl und Kohle billiger geworden sind - und weil ESLL gleichzeitig den Preis für den Anschlusswert (bei ESLL: Leistungspreis) erhöht. Gleichzeitig versprachen Johann und Eichacker, ESLL werde ihre Kunden weiterhin per Post über jede Änderung des Arbeitspreises informieren.

Die Bürger ließen prüfen

Die Interessengemeinschaft Eschberger Fernwärmekunden (IEF) hatte die neuen Vertragsunterlagen zur Prüfung an die Verbraucherzentrale (VZ) weitergereicht.

Die kritisiert, dass ESLL den Fernwärmepreis an den Preisen für Öl und Kohle orientiert, obwohl das Kraftwerk Römerbrücke vor allem Gas verfeuert und obwohl in Deutschland die "Entkoppelung des Gaspreises vom Ölpreis gefordert wird". Die VZ geht davon aus, dass die "Ölpreisbindung" zu stärker steigenden Preisen führt, als eine "Gaspreisbindung".

Fall für Kartellbehörde?

Von der Senkung des Arbeitspreises - so sagt die VZ - profitierten ausschließlich Kunden, die ihre Häuser so weit isoliert haben, dass sie für Heizung und Warmwasser zusammen nur einen Anschlusswert unter 20 kw brauchen.

Aber jeder Kunde, der sein Warmwasser mit dem üblichen Fernwärme-Durchlauferhitzer aufbereitet, brauche allein dafür schon 20 kw Anschlusswert. Und schließlich fordert die VZ, die Landeskartellbehörde solle prüfen, ob ESLL einem Kunden tatsächlich die Fernwärme abdrehen darf, wenn er eine Preiserhöhung nicht akzeptiert - wie es in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen zum neuen Vertrag vermerkt ist.

Infos: (0681) 587 48 00.

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