Hilfe für Kleinkinder und gestresste Eltern

Saarbrücken · Seit 2011 bietet die Saarland-Heilstätten GmbH (SHG) in ihrer Säuglings- und Kleinkindambulanz in Saarbrücken auch Therapien für den Nachwuchs sowie Beratung und Zuspruch für überforderte Eltern an.

Exzessives Schreien, häufige Schlafunterbrechungen, Probleme beim Füttern - kleine Kinder haben manchmal Probleme, sich an einen geregelten Tagesablauf zu gewöhnen. Die Schwierigkeiten der Kleinkinder nennt man auch "Regulationsstörungen", weiß Psychologin Nina Brammertz. Sie behandelt Kinder und Eltern in der Säuglings- und Kleinkindambulanz der Saarland-Heilstätten GmbH (SHG).

Für Brammertz ist jeder Fall eine neue Herausforderung. Die Grenze zwischen normalem und gestörtem Verhalten erfordere viel Feingefühl, sagt die Psychologin. Sollte ein Kind jedoch beispielsweise an mehr als drei aufeinanderfolgenden Tagen mehr als drei Stunden Schreien, treffe die "Dreier-Regel" zu. Dann verhilft Brammertz den Kindern, Müttern und Familienangehörigen wieder zu mehr Ruhe und Regelung im Alltag. Die Regulationsstörungen seien dabei kein bloßes Problem der Kinder. Sie entstünden oft zwar aus deren Anpassungsschwierigkeiten an einen geregelten Tagesablauf, aber auch das Verhalten der Eltern spiele eine Rolle, sagt Brammertz. Dabei könnten die Störungen schlimmstenfalls zu Misshandlungen führen.

"Manche Eltern sind oft allein mit den Problemen, die Belastungen summieren sich auf. Dadurch entstehen Negativreaktionen.", erklärt sie.

Professor Dr. Eva Möhler, Chefärztin der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie der SHG-Gruppe, beschreibt ein Fallbeispiel: Alexandra ist neun Wochen alt. Täglich schreie sie drei bis acht Stunden. Nachts schlafe sie meist nur fünf oder sechs Stunden. Die Mutter erzählt von Phantasien, ihr Kind zu misshandeln.

Einmal habe sie Alexandra bereits den Mund zugehalten. Um ein Ventil zu finden, habe sie bereits die Küchentür eingetreten. Die durch das Schreien ihres Kindes wachgerufenen Aggressionen tun ihr im Nachhinein schrecklich leid. Ihr eigenes Gewaltpotenzial bereitet der Mutter große Sorgen.

Die Chefärztin und die Psychologin hoffen, dass sie durch die Therapie in der Säuglings- und Kleinkindambulanz solche Misshandlungen verhindern können. Die Therapiemöglichkeit für den ganz jungen Nachwuchs gibt es in Saarbrücken erst seit 2011. "Kinder wurden erst ab fünf Jahren in der Kinder- und Jugendpsychiatrie behandelt. Jüngere Kinder waren jedoch nicht so im Fokus. Für sie gab es nur Beratungsstellen, aber keine Therapie", sagt Brammertz. In den Therapiestunden analysiert sie die Beziehung von Mutter und Kind. "Wir geben lediglich positives Feedback. Wir loben die Dinge, die gut gelaufen sind. Damit bestärken wir das positive Verhalten der Mutter." Weitere Angebote für Kinder mit Regulationsstörungen sind geplant. Ab Ende Mai veranstaltet die SHG auch Mutter-Kind-Gruppen.

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