Das Weltkulturerbe wächst

Völklingen · Unesco-Informationszentrum, das klingt nach Lehrstunde. Doch was das Völklinger Weltkulturerbe als neues „Eingangstor“ eingerichtet hat, ist großes Kino. Die Brennerbühne der Sinteranlage wird dramatisch inszeniert. An diesem Sonntag ist Eröffnung.

 Stolz auf das innovative 3-D-Modell des ehemaligen Eisenwerks: Generaldirektor Meinrad Maria Grewenig. Foto: Dietze

Stolz auf das innovative 3-D-Modell des ehemaligen Eisenwerks: Generaldirektor Meinrad Maria Grewenig. Foto: Dietze

Foto: Dietze

Als die Sinteranlage 1928 erbaut wurde, galt sie als technische Pioniertat: eine sechsstöckige Hochhaus-Riesenmaschine zur Aufbereitung von Erzstaub. Rund 70 Jahre später hielt man das Industriedenkmal für unrettbar verloren: Sanierung unmöglich, hieß es. Doch zukünftig könnte dieses Gebäude ein Publikumsliebling werden. Denn kaum ein anderer Teil des Weltkulturerbes bietet einen derart dramatischen Raumeindruck wie die für 4,5 Millionen Euro sanierte und als "Unesco-Besucherzentrum" eingerichtete Brennerbühne (1400 Quadratmeter). Hier startet man zukünftig zum Rundgang, bekommt einen Panoramablick auf den weitläufigen Stahlerzeugungs-Giganten. Geschichte, Arbeitsprozesse und Produktionszusammenhänge werden erklärt, auch Informationen über andere Unesco-Weltkulturerbe-Stätten gegeben. Das leisten 15 Informations-Stationen und ein großes 3-D-Hüttenmodell, das sich interaktiv bedienen lässt.

Die Einbauten für die Informationsvermittlung erfolgten in minimalistischer Art, nichts stört die packende authentische Atmosphäre des Ortes. Dessen Aura wird allerdings mächtig gesteigert: Historische Filme über den "höllischen" Arbeitsalltag flackern über das Mauerwerk, aus Rohren glüht es feuerrot, Strahler setzen Glanzpunkte ins schummrige Dunkel, Glasböden geben den Blick in schwindelnde Tiefen frei.

Krönendes Glanzstück

Kurzum: Die Sinteranlage - bislang war nur ein Kleinstbereich zugänglich - präsentiert sich als krönendes Glanzstück der Hüttenerschließung. Mit der Integration dieses neuen "Empfangssaales" wächst der Rundgang auf eine Sieben-Kilometer-Strecke.

Das Besucherinformations-Zentrum war eine Auflage der Unesco, zugleich ist es laut Generaldirektor Meinrad Maria Grewenig der "letzte Baustein" der Begehbarmachung und, was die Informationsaufbereitung angehe, eine "Benchmark für die nächste Generation". Bei der gestrigen Präsentation vor Medienvertretern sprach er von einer "tiefen, inneren Freude": "Wir haben es geschafft, vom Moment des Aufgebens eines solchen Ortes zu einer nachhaltigen innovativen Erschließung vorzustoßen."

Die Brennerebene der Sinteranlage ist am Sonntag erstmals zugänglich - kostenfrei. Ab 19. Mai gelten dann neue, höhere Eintrittspreise. Erwachsene zahlen 15 statt bisher zwölf Euro. Für Schüler/Jugendliche bis 18 Jahre wird jedoch kein Eintritt mehr erhoben. Auch Studenten zahlen nichts. Mit den Einnahmen aus den Tickets - sie liegen laut Grewenig zwischen 750 000 und 1,5 Millionen Euro jährlich - finanziert das Weltkulturerbe seinen Veranstaltungs-Spielplan. Grewenig wies darauf hin, dass bei ähnlichen Kultureinrichtungen die Rückfinanzierungsquote durch Ticket-Erträge nur bei rund 14 Prozent liege. "Gefühlte" oder "geschönte" Besucherzahlen gebe es im Weltkulturerbe nicht, sagte er und betonte gegenüber der SZ, die Zählmethode entspreche den Vorgaben der Unesco, an die sich alle Weltkulturerbe-Stätten hielten. In die Gesamtbesucherzahl flössen überall Besucher ein, die zu frei zugänglichen Veranstaltungen kämen oder aber das Denkmal zu anderen Anlässen - etwa für Hochzeiten oder Firmen-Events - nutzten.

Insofern sei auch keine neue Zählmethodik notwendig. Der Ticketverkauf und die elektronischen Drehkreuze befinden sich also weiter an bekannter Stelle. Erst danach beginnt die neue Wegführung - zu einem Bereich, der Information und Magie in außergewöhnlicher Form verschmilzt.

Eintritt frei am 18. Mai (zehn bis 19 Uhr). Gratis-Führungen ab elf Uhr bis 17 Uhr jede volle Stunde.

. Wird der Weltkulturerbe-Aufsichtsrat in seiner heutigen Sondersitzung beschließen, die vom Rechnungshof als zu luxuriös kritisierten Arbeitsvertrags-Konditionen für Geschäftsführer Meinrad Maria Grewenig zu korrigieren? Gestern ließ Grewenig (59) offen, ob es bereits Gespräche der Landesregierung mit ihm über eine Änderungskündigung gegeben hat. "Ich sehe keinen Bedarf für Verhandlungen", sagte Grewenig, "Ich habe einen rechtsfesten Vertrag." Was so viel bedeutet, dass eine gütliche Einigung wohl nur schwer herzustellen sein dürfte, wollte die Landesregierung Grewenigs Pensionsansprüche - 75,5 Prozent nach 20 Dienstjahren - nach unten korrigieren. "Ich möchte, dass der Vertrag so bleibt, wie er ist", betonte Grewenig gegenüber der SZ. Er habe, wenn sein Vertrag 2019 ende, bereits seit 1975 und nicht erst 20 Jahre gearbeitet. Andererseits sei er nicht wegen der "Altersbezüge" im Saarland. Insofern schließt Grewenig nicht aus, dass "im Paket" eine Lösung gefunden werden könne. Er sei nicht auf Konfrontation aus, sondern wolle konstruktiv mitwirken.

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