40 Jahre Perspectives „Mama, du liebst dein Festival, mach weiter“

Saarbrücken · 40 Jahre Perspectives, zehn Jahre Sylvie Hamard als Festivalchefin. Gespräch über eine Erfolgsgeschichte und die Liebe zum Publikum.

 Eine Torte mit 40 Kerzen gab es zur Eröffnung. Sylvie Hamard (rechts) feiert mit dem Ensemble des Stückes Cold Blood den Erfolg. Foto: Dietze

Eine Torte mit 40 Kerzen gab es zur Eröffnung. Sylvie Hamard (rechts) feiert mit dem Ensemble des Stückes Cold Blood den Erfolg. Foto: Dietze

Foto: Dietze

40 Jahre alt ist das Festival Perspectives in diesem Jahr. Ein nicht alltägliches Jubiläum. Seit 10 Jahren ist die Französin Sylvie Hamard künstlerische Leiterin des Festivals. Die 48-Jährige hat in Saarbrücken studiert und lebt mit ihrem Mann Laurent Brunner und zwei Kindern in der Nähe von Versailles. Für "ihr" Festival nimmt sie viele Zugfahrten auf sich.

Wie fühlt man sich eigentlich, wenn man ein so altes Festival zu seinem 40. Geburtstag begleiten darf ?

Sylvie Hamard: Ich bin sehr stolz darauf, ein Festival zu leiten, das so lange lebt, und dazu beigetragen zu haben, dass es sich in den letzten zehn Jahren weiterentwickelt hat. Es ist ein Glück und eine Ausnahme, dass ein Festival solange besteht. Die meisten verschwinden im Durchschnitt nach zehn Jahren wieder. Wir können alle stolz sein, dieses einmalige und anerkannte Festival in Saarbrücken zu haben.

Worüber ich mich besonders freue, ist das Vertrauen der Träger des Festivals und der Sponsoren.

Jochen Zoerner-Erb, der Festivalgründer, war zum Geburtstag ein paar Tage zu Gast, und wenn man so mit ihm geplaudert hat, zeigte er sich absolut begeistert von Ihrem Festival. Es sei der alte Geist seiner ursprünglichen Perspectives, den er hier gefunden habe. Ist das für Sie ein Kompliment?

Sylvie Hamard: Ich habe mich sehr gefreut, dass der Gründer des Festivals zum 40. Jubiläum kam. Ich war zuerst ein wenig unruhig, da ich nicht wusste, wie es ihm gefallen würde, ob er sehr kritisch sein würde. Aber nach unseren verschiedenen Gesprächen war ich sehr glücklich, dass er sich positiv geäußert hat und sich darüber freut, was bis heute aus dem Festival geworden ist.

Das 40. Festival geht in die Zielgerade. Gibt es schon erste Höhepunkte für Sie persönlich? Oder gab es vielleicht auch besonders spektakuläre Pannen?

Sylvie Hamard: Ich war sehr berührt am Tag der Eröffnung: Cold Blood hat begeistert, und es hat mich sehr gefreut, die 40. Ausgabe so zu starten. Am Montag gab es ein kleines Wunder mit dem 30-Minuten-Stück Noos - es passierte etwas Außergewöhnliches und Wunderschönes zwischen dem Publikum und den Künstlern. Einmalige Momente. Stressmomente gab es natürlich auch, z.B. mit der Übertitelung von Rumeur et petits jours, die nicht klappte - ich möchte die Gelegenheit nutzen, um mich bei den Zuschauern zu entschuldigen, die die Übertitel schlecht sehen konnten.

Sie gehen als Festivalchefin schon viele Jahre mit verschiedensten Künstlern um. Darunter sind bekanntlich durchaus kapriziöse Persönlichkeiten, um es mal vorsichtig auszudrücken. Können Sie da bei diesem deutsch-französischen Festival eigentlich Mentalitäts-Unterschiede feststellen? Zicken deutsche Künstler mehr als französische oder umgekehrt?

Sylvie Hamard: Wir haben im Theaterbereich nicht viele Berührungspunkte mit dem Starsystem. Ich hatte bis jetzt nie mit schwierigen Künstlern zu tun. Berühmte Künstler von der Schaubühne oder der Volksbühne, die zu uns kamen, sind Künstler, die ich schon lange kenne, die ich sehr schätze und die sehr unkompliziert sind. Wenn es nicht so wäre, könnte ich nicht mit ihnen zusammenarbeiten. Als Sie vor zehn Jahren angefangen haben, hätten Sie wahrscheinlich nicht gedacht, dass Sie und die Perspectives eine so dauerhafte Beziehung eingehen würden. Wie sieht es denn aktuell aus? Ist die Beziehung für Sie (hoffentlich) immer noch glücklich oder tragen Sie sich schon mal mit Trennungsgedanken?

Sylvie Hamard: Nein, ich hätte nie gedacht, dass ich nach zehn Jahren immer noch das Festival leiten würde. Und ich habe auch nicht gewusst, dass sich das Festival so schön entwickelt, ich habe es nur gehofft. Es macht mir immer noch sehr viel Spaß, auch wenn ich manchmal denke, es wäre langsam Zeit aufzuhören. Aber so lange ich den Eindruck habe, dass es sich weiterentwickelt, wie jetzt z.B. mit Grand Est als neuem Partner, bleibt die Motivation.

Was hält Sie besonders?

Sylvie Hamard: Ich habe ein super Team - unglaublich, dass wir uns nach so vielen Jahren immer noch so gut verstehen und alles wie selbstverständlich läuft. Martha Kaiser spielt eine große Rolle, sie arbeitet eng mit mir zusammen und trägt eine große Verantwortung. Das Team trägt auch dazu bei, dass ich Lust habe, weiterzumachen. Und ich mag das Publikum hier sehr. Ich bin so glücklich, die Emotionen, die die Künstler in mir hervorrufen, mit ihm teilen zu können. Die Leute geben mir so viel zurück, dass ich trotz eines verrückten Lebensrhythmus' einfach nicht weggehen kann!

Sie pendeln ständig zwischen Saarbrücken und Paris, leben mit Ihrer Familie bei Versailles. Da gab und gibt es doch sicher mal kritische Momente?

Sylvie Hamard: Ich habe oft wegen meiner Kinder daran gedacht, aufzuhören. Aber vor drei oder vier Jahren hat meine kleine Tochter gesagt: "Mama, du liebst dein Festival, es ist dir so wichtig, du musst weitermachen" - das hat mich sehr berührt und auch beruhigt.

Zu guter Letzt: Wollen Sie uns schon ein bisschen Appetit aufs Festival 2018 machen? Sie haben doch bestimmt schon mit der Planung begonnen...

Sylvie Hamard: Es ist noch ein wenig zu früh, um über die Planung für 2018 zu sprechen. Natürlich habe ich schon schöne Projekte gesehen, aber das Programm wird erst im Herbst feststehen. Das ist das Schöne bei einem Festival: Das Programm kann relativ spät fertig sein, sodass man bis zum letzten Moment vor Beginn noch viele Produktionen anschauen kann, die in Frage kommen.

Die Fragen stellte: Susanne Brenner

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Die Perspectives haben in den letzten Jahren viele Kooperationspartner dazu gewonnen. Unter anderem ist seit drei Jahren die Stadt Sarreguemines dabei. Neu kam dieses Jahr Saarlouis dazu. Das Festival arbeitet auch mit dem Bureau Music Luxembourg und dem Festival Passages zusammen. "Diese Zusammenarbeit mit anderen kulturellen Einrichtungen ist mir sehr wichtig, und sie ist auch für die Entwicklung des Festivals relevant", sagt Hamard. Dazu hat Perspectives die neue Region Grand Est als Partner gewonnen. "Es hat mich sehr gefreut, zu spüren, dass ein richtiger Wille und Lust mit uns zu kooperieren da sind. Die Vize-Präsidentin Nicole Muller-Becker war bei der Eröffnung, sie war begeistert und überzeugt."

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