Vorbericht Mehr Klempnerinnen braucht die Welt

Saarbrücken · Im Saarbrücker Filmhaus läuft am Donnerstag der Dokumentarfilm „Jordanien – Land der Geflüchteten“, ein erhellender Film, gedreht von zwei Saarländern.

 Die Filmemacher aus dem Saarland wollen mit ihrer Dokumentation eine andere Sichtweise erzeugen. „In Deutschland wird immer so viel gejammert, wir hätten so viele Flüchtlinge hier“, sagt Philipp Lippert. In Wirklichkeit sei es keine große Menge. „In Jordanien sind ein Drittel der Bevölkerung Geflüchtete“. 

Die Filmemacher aus dem Saarland wollen mit ihrer Dokumentation eine andere Sichtweise erzeugen. „In Deutschland wird immer so viel gejammert, wir hätten so viele Flüchtlinge hier“, sagt Philipp Lippert. In Wirklichkeit sei es keine große Menge. „In Jordanien sind ein Drittel der Bevölkerung Geflüchtete“. 

Foto: Lippert

Das erstaunlichste des an Überraschungen nicht armen Dokumentarfilms „Jordanien – Land der Geflüchteten“ kommt am Ende: Da sieht man nämlich die beiden Macher, Philipp Lippert und Olivia Samnick, und kann es kaum glauben, wie jung die beiden noch sind und dass das ihr erster Film in Spielfilmlänge ist.

Denn die Themen, die der Film behandelt, gehören zu den ernstesten unserer Zeit: Flüchtlingskrise, Bürgerkriege, Überleben in wirtschaftlich schwachen Regionen. Lippert ist 23, Samnick 25 Jahre alt. Kennengelernt haben beide sich während eines Auslandsemesters in Dänemark – um dann zur großen Überraschung festzustellen, dass sie beide im Saarland aufgewachsen sind.

Lippert hat sein Abitur am Völklinger Marie-Luise-Kaschnitz-Gymnasium gemacht, Samnick ist in Homburg groß geworden. Beide hatten dann einen kurzen beruflichen Abschnitt Zeit und nutzten diese, um in Jordanien Flüchtlinge ganz unterschiedlicher Art zu porträtieren – das Ganze innerhalb von gerade mal zwei Wochen.

Der Syrer Mustafa etwa hat nicht nur mit seinem Schicksal als Flüchtling zu kämpfen, sondern auch damit, dass sein Sohn an Autismus leidet. Weil er sich so stark ins Thema eingelesen hat, gibt er nun sein Fachwissen an andere Eltern weiter.

Ebenfalls aus Syrien stammt Saneer, die als Frau das Handwerk der Klempnerei beherrscht. Auf der einen Seite ist das in der patriarchalischen arabischen Gesellschaft sicher außergewöhnlich. Andererseits darf Saneer als Frau Häuser betreten, in denen gerade nur die Hausfrau anwesend ist – als Mann ginge das nicht. Als am Ende des Films alle Protagonisten ein Statement abgeben, was sie sich für die Welt wünschen, ist jenes von Saneer, dass mehr Frauen Klempnerinnen werden sollten.

Doch nicht nur viele Syrer leben jetzt in Jordanien, es sind seit vielen Jahrzehnten auch schon Palästinenser dort und Menschen aus dem Sudan. Der junge Ehab etwa gibt in einem Skaterpark in der Hauptstadt Amman anderen Jugendlichen Unterricht auf dem Skateboard. Auch wenn ihm dort Alltagsrassismus wegen seiner dunklen Hautfarbe begegnet, ist Jordanien doch ein gutes Land für ihn. Denn als eines der wenigen Länder in der Region bietet es Sicherheit. Außerdem spricht auch Ehab Arabisch, sodass keine Sprachbarriere herrscht.

Die Idee zu der Dokumentation entstand bei den jungen Filmemachern, weil beide in der hiesigen Flüchtlingshilfe aktiv waren. „In Deutschland wird immer so viel gejammert, wir hätten so viele Flüchtlinge hier. In Wirklichkeit ist es keine große Menge, wo im zum Vergleich in Jordanien ein Drittel der Bevölkerung Geflüchtete sind“, sagt Lippert. Man habe den Film machen wollen, um mal eine andere Sichtweise zu erzeugen.

Olivia Samnick lebt heute als  Journalistin und Filmerin in Hamburg. Philipp Lippert studiert derzeit in London das Fach Dokumentarfilm. Das sei auch einfach seine große Leidenschaft, meint er. „Es klingt vielleicht klischeehaft, aber: Wenn nur 20 Leute aus dem Kino rausgehen und sagen, der Film hat meine Sichtweise auf das Thema verändert, dann habe ich schon etwas bewegt.“ Das dürfte bei „Jordanien – Land der Geflüchteten“ der Fall sein. Zumindest lernt der Betrachter viel Neues dazu.

Um den Film zu „entschleunigen“, wie Lippert meint, sind oft kurze Landschaftsbilder eingebaut, die außerdem zeigen sollen, wie schön das Land ist. Außerdem hätten er und sein Team sich dort immer sicher gefühlt, selbst als sie mit ihrer teuren Kamera durch sehr arme Stadtteile von Amman liefen. Nur einmal, als Lippert aus Versehen militärisches Gelände gefilmt hatte, habe die sofort angerückte Polizei ihn zum Verhör mitnehmen wollen – was zum Glück verhindert werden konnte.

Als Nächstes plant der junge Filmemacher etwas ganz anderes: Im Dokumentarfilm „Kurzzeitschwester“ begibt er sich auf die Spuren eines Mädchens, das seine Eltern einst als Pflegekind in der Familie hatten, zu dem der Kontakt aber seit Jahren abgebrochen ist. „Ich glaube, dass viele Familien solche Geschichten haben, die nicht ausgesprochen werden. Ich möchte damit andere dazu ermutigen, das zu thematisieren.“

 Philipp Lippert und Olivia Samnick beim Dreh in Jordanien. Kennengelernt haben sie sich in Dänemark und stellten dann überrascht fest, dass sie beide aus dem Saarland stammen.

Philipp Lippert und Olivia Samnick beim Dreh in Jordanien. Kennengelernt haben sie sich in Dänemark und stellten dann überrascht fest, dass sie beide aus dem Saarland stammen.

Foto: Lippert

Der Film „Jordanien – Land der Geflüchteten“ wird am morgigen Donnerstag, 20. Februar, 18 Uhr, im Saarbrücker Filmhaus, Mainzer Straße 8, gezeigt. Philipp Lippert wird zur Vorstellung da sein und Fragen beantworten.

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