Nachbesserungen gefordert Liga der freien Wohlfahrtspflege kritisiert Teilhabechancengesetz

Saarbrücken · Das Teilhabechancengesetz, das seit einem Jahr in Kraft ist und Langzeitarbeitslosen die Möglichkeit einer regulären Beschäftigung bietet, muss nachgebessert werden. Das fordert die Liga der freien Wohlfahrtspflege Saar.

 Michael Gietzen, Rebekka Trunz und Thomas Barthen (von links) haben durch das Teilhabechancengesetz wieder Arbeit gefunden.

Michael Gietzen, Rebekka Trunz und Thomas Barthen (von links) haben durch das Teilhabechancengesetz wieder Arbeit gefunden.

Foto: Oliver Dietze

„Die Fördermöglichkeiten des Landes sind bereits nach einem Jahr ausgeschöpft“, kritisierte am Donnerstag der Liga-Vorsitzende, Pfarrer Udo Blank. „Der Erfolg und damit die langfristige Bindung von Mitteln der Jobcenter führen im Saarland dazu, dass nun kein Geld mehr zur Verfügung steht.“ Nach Angaben der Regionaldirektion Rheinland-Pfalz-Saarland der Bundesagentur für Arbeit (BA) profitieren derzeit 920 Menschen von dem Gesetz. Blank fordert, dass Gelder, die in anderen Regionen nicht verbraucht wurden, den saarländischen Jobcentern zugute kommen. Während früher nicht abgerufene Mittel umverteilt werden konnten, „sieht das Teilhabechancengesetz dies nicht vor“, kritisiert der Chef der Liga, in der sich alle Wohlfahrtsverbände des Landes zusammengeschlossen haben. „Dies ist ein Webfehler des Gesetzes. Die Situation der Langzeitarbeitslosen wird dadurch verschlechtert statt verbessert.“

Darüber hinaus findet Blank es nicht gut, dass das Gesetz auf fünf Jahre begrenzt ist. „Auch nach Ablauf dieser Zeit werden im Saarland Tausende von Menschen leben, die ohne öffentliche Förderung keine Chance auf eine reguläre, sozialversicherungspflichtige Beschäftigung haben“, ist er überzeugt. „Wir brauchen einen dauerhaft öffentlich geförderten Arbeitsmarkt.“

Außerdem „ist die Zielgruppe, für die das Gesetz gilt, viel zu eng gefasst“, sagt die stellvertretende Vorsitzende des Liga-Fachausschusses Arbeit, Astrid Klein Nalbach. „Die Jobcenter benötigen mehr Spielraum. Es muss eine Härtefall-Regelung her.“

Dass das neue Gesetz für viele ein Segen ist, bestätigten drei Leute, die in Einrichtungen der Diakonie auf Basis des Teilhabechancengesetzes beschäftigt sind. Richard Gietzen (63) ist froh, „dass ich endlich wieder einen vollwertigen Arbeitsplatz mit Urlaubsanspruch und Lohnfortzahlung im Krankheitsfall habe“, sagt der gelernte Drucker, der im Neunkircher Sozialkaufhaus arbeitet. Auch Rebekka Trunz (35) bedeutet die Arbeit viel. „Ich bin wesentlich ausgeglichener“, sagt die Mutter von vier Kindern. Die gelernte Fachkraft für das Hotel- und Gastgewerbe kann ihre beruflichen Kenntnisse im Café Valz in Völklingen anwenden – eine Begegnungsstätte für Jung und Alt in der Hüttenstadt. Thomas Barthen (44), gelernter Konstruktionsmechaniker, kennt fast nur Arbeitslosigkeit und Ein-Euro-Jobs. Er pflegt jetzt die Außenanlagen des Diakonie-Kaufhauses in Völklingen. „Eine geregelte Arbeit ist toll“, schwärmt er. „Sie bedeutet für mich Unabhängigkeit – zumindest eine Zeitlang.“

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort