Pedro Almodóvar und sein neuer Film „Ich habe beim Schreiben geweint“

Saarbrücken · Der spanische Regisseur über seinen autobiografischen Film „Leid und Herrlichkeit“, der in Saarbrücken anläuft.

  Eine Sonnenbrille wie Almodóvar:  Antonio Banderas als krisengeschüttelter Regisseur Salvador Mallo.

Eine Sonnenbrille wie Almodóvar:  Antonio Banderas als krisengeschüttelter Regisseur Salvador Mallo.

Foto: Studiocanal/Manolo Pavón

Mit „Leid und Herrlichkeit“ über einen Regisseur in der Seelenkrise hat Pedro Almodóvar (69) einen seiner persönlichsten Filme gedreht. Für den spanischen Regisseur („Alles über meine Mutter“, „Volver“) war das Drama eine Art Katharsis, sagt er.

Warum haben Sie diesen sehr persönlichen Film gerade jetzt gedreht? Hat das etwas mit ihrem nahenden 70. Geburtstag zu tun? Wollten Sie eine Art Bilanz ziehen?

ALMODÓVAR Ich weiß es nicht. Ich begann über die Beziehung zu einigen Schauspielern zu schreiben, aber nur aus Spaß. Ich schreibe viel und gern, um mich zu entspannen. Erst als ich Wochen später las, was ich da geschrieben hatte, wurde mir bewusst, dass es eine Geschichte über mich war.

Hat Sie das sehr überrascht?

ALMODÓVAR Ich bin eher zurückhaltend und befangen. Doch beim erneuten Lesen hatte ich das Gefühl, bei mir angekommen zu sein. Da waren einzigartige, sehr bewegende Momente, vor allem in jenen Kapiteln über meine Kindheit und meine Mutter. Ich saß am Drehbuch und habe beim Schreiben geweint.

Ist die Geschichte so schmerzlich für Sie?

ALMODÓVAR Nein, der Film hat mir gut getan, er war heilsam, aber er war keine Therapie. Filme als Therapie rate ich niemandem.

Es geht um einen alternden Regisseur. Haben Sie Angst vor dem Alter?

ALMODÓVAR Die Geschichte handelt von der Zeit, die vergeht. Er findet in den 60ern und 80ern statt und in der Gegenwart. Die Zeit spielt darin eine Rolle. Ich hätte den Film nicht vor zehn Jahren drehen können.

Ihr Protagonist steckt in einer tiefen Krise. Körperliche Leiden und Depressionen hindern ihn am Schreiben. Sind das Ängste, die Sie teilen?

ALMODÓVAR Eines Tages nicht mehr schreiben zu können und keine Ideen mehr zu haben, wäre für mich ein Alptraum. Filmemachen ist meine Leidenschaft, eine Abhängigkeit.

In dem Film geht es um Sexualität, ein in Ihren Werken immer wiederkehrendes Thema. Wie sehr hat die Sexualität Ihr Leben beeinflusst?

ALMODÓVAR Sexualität ist Teil unseres Lebens, unabhängig davon, was der Papst dazu sagt. Ich hatte diese Impulse schon sehr früh als Junge. Da war ich so ungefähr zehn Jahre alt. Da weiß man überhaupt nicht, wie das heißt, was da einem widerfährt, man experimentiert einfach.

Ihre Hauptfigur blickt auf eine vergangene Beziehung zurück, unter deren Trennung er sehr gelitten hat. Wann hatten Sie Ihre erste Liebesgeschichte?

ALMODÓVAR Sehr früh. Ich wusste schnell, zu welchem Geschlecht ich mich hingezogen fühlte. Das half mir sehr, für meine Sexualität zu kämpfen. Ich habe mir so viel Freiheit wie möglich gegeben, trotz der gesellschaftlichen Konventionen und des Elternhauses. Dabei half mir sehr, dass ich ein Atheist bin.

Sie hatten eine christliche Erziehung – wann haben Sie der Religion den Rücken gekehrt?

ALMODÓVAR Ich war der Religion gegenüber schon immer sehr skeptisch. Ich gab mir damals ein Jahr, um zu wissen, ob es für mich Gott gibt. Die Religion ist für viele eine wunderbare Hilfe, das habe ich bei meinen Eltern gesehen. Bei mir hat das aber nicht funktioniert.

Antonio Banderas spielt in dem Film die Hauptrolle. Weil er ein Freund von Ihnen ist?

ALMODÓVAR Als ich angefangen habe mit dem Schreiben, hatte ich keine konkreten Gesichter vor Augen. Die tauchten erst langsam auf. Dabei kristallisierten sich drei Darsteller für diese Rolle heraus. Ich habe Antonio das Drehbuch geschickt, und er sagte sofort zu. Aber ich wollte einen anderen Antonio, nicht den leidenschaftlichen Mann und Verführer aus den 80er Jahren. Ich wollte einen neuen Antonio.

Sie haben mit ihm mehrere Filme gedreht. Welcher Antonio gefällt Ihnen heute besser? Der alte oder der neue?

ALMODÓVAR Antonio hat mich in dieser Rolle fasziniert. Sein Schauspiel ist eindringlicher geworden.

 Regisseur und Autor Pedro Almodóvar, der in „Leid und Herrlichkeit“ auch von sich erzählt.

Regisseur und Autor Pedro Almodóvar, der in „Leid und Herrlichkeit“ auch von sich erzählt.

Foto: Studio Canal/Nico Bustos

„Leid und Herrlichkeit“ startet am Donnerstag in der Camera Zwo (Sb). Kritik in unserer Beilage treff.region.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort