Tholeyer Denkmalstreit Saar-Minister gegen den Trierer Bischof?

Tholey/Saarbrücken · Denkmal-Streit: Die Tholeyer Bruderschaft beschreitet den Rechtsweg. So kommt Kultusminister Ulrich Commerçon (SPD) ins Spiel.

 Die Fotomontage zeigt, wie sich die Tholeyer Mönche den Eingang der Abteilkrche St. Mauritius vorstellen. Die Verkündigungsbotschaft soll wieder ablesbar sein. Dafür muss das Original-Bogenfeld weichen.

Die Fotomontage zeigt, wie sich die Tholeyer Mönche den Eingang der Abteilkrche St. Mauritius vorstellen. Die Verkündigungsbotschaft soll wieder ablesbar sein. Dafür muss das Original-Bogenfeld weichen.

Foto: Abtei Tholey

Alles geht seinen Gang. 90 Prozent der Renovierung laufen reibungslos weiter in der Tholeyer Abtei. Nur das Nordportal ist vorerst von den Arbeiten ausgenommen. So lautet die Kompromiss-Vereinbarung zwischen dem Benediktiner-Konvent und dem Chef der Landesdenkmalbehörde Georg Breitner. Doch das bittere Ende steht bereits jetzt fest: ein Dissens, so lautet der Fachbegriff. Und der wird auch die oberste Denkmalschutz-Instanz im Land erheblich beschäftigen: Kultusminister Ulrich Commerçon (SPD). Nicht nur ihn, sondern auch die „kirchliche Oberbehörde“. Das sieht das saarländische Denkmalschutzgesetz vor, das der Kirche in „religiösen Belangen“ eine sehr starke Stellung einräumt. Die kirchliche Oberbehörde kann final entscheiden, sie muss sich lediglich zuvor mit dem Kultusministerium „ins Benehmen“ setzen. Was heißt: Der Minister wird lediglich angehört. Aber von wem? Tholey ist unmitttelbar dem Papst unterstellt.

Es mag kurios klingen, aber der hiesige Streit um die Erneuerung des Abteikirchen-Eingangs, gegen die Denkmalschützer, Architekten und Museumschefs im Land Sturm laufen, könnte womöglich im Vatikan landen, bei der Kongregation für das geweihte Leben. Das wäre singulär, hört man, was für eine sehr lange Hängepartie spricht. In Tholey ginge es nicht weiter. Deshalb wurde eine Zwischenlösung installiert, wie das Kultusministerium der SZ auf Nachfrage mitteilt. Der Nuntius (Botschafter) des Papstes in Deutschland habe mitgeteilt, dass das Bistum Trier die Funktion der kirchlichen Oberbehörde für Tholey übernehme. Commerçon tritt also gegen den Trierer Bischof an?

Unabhängig von dieser reißerischen Zuspitzung dürfte der saarländische Dissens-Fall bundesweit Beachtung finden, nicht nur in Fachkreisen. Die Tholeyer Mönche nehmen das in Kauf. „Wir wollen eine rechtlich einwandfreie Lösung“, sagt deren Sprecher Frater Wendelinus der SZ. Deshalb werde man Ende der Woche einen Antrag an das Landesdenkmalamt auf den Weg bringen, in dem man um die nicht erfolgte Genehmigung bittet, die verwitterten Dekorbögen (Archivolten) am Portal dauerhaft abzunehmen und durch eine Neuanfertigung zu ersetzen. Wie mehrfach berichtet, hatten die Mönche die alten, nicht mehr erkennbaren Darstellungen eigenmächtig abmontiert. Dringliche Sicherheitsgründe führt die Klostergemeinschaft dafür ins Feld, einen bei der Sanierung hinter den Archivolten aufgetauchten Riesenriss. Doch hauptsächlich geht es um religiöse Erwägungen. „Wir stehen in der religiösen Verantwortung“, so Frater Wendelinus. Die Abtei wünsche eine unmittelbare Ablesbarkeit der christlichen Botschaft am Portal. Der Eingang sei „Auftakt und Teil der Liturgie eines Gottesdienstes“. Das alte verwitterte Portal könne diese Verkündigungsfunktion nicht mehr erfüllen.

Ob das Bistum Trier dies auch so sieht? Es verfügt für solche Fragen über ein Fachamt für kirchliche Denkmalpflege, und das war in Tholey sogar schon beratend im Einsatz. Die kirchlichen Denkmal-Experten begleiteten die Sanierung auf Wunsch der Mönche zunächst, doch es kam auch hier schon zu Konflikten. Als es dann auch mit den Mitarbeitern des saarländischen Landesdenkmalamtes zu Spannungen kam, schalteten die Fratres als Rechtsinstanz den päpstlichen Nuntius (Botschafter) ein. Nun wiederum wird geprüft, ob der tatsächlich zuständig ist oder nicht doch der Vatikan. Was für ein Tamtam? Warum sehen sich die Mönche nicht in der Lage, die alte Bausubstanz wieder an Ort und Stelle zu bringen, zumal der Chef des Landesdenkmalamtes, Georg Breitner, sein Rückbau-Konzept noch gar nicht vorgelegt hat? Frater Wendelinus: „Wir leben in einem Rechtsstaat und wollen, dass unsere Position gehört wird. Wenn die Entscheidung gegen uns ausfällt, werden wir uns beugen.“ Breitner hatte darauf gehofft, dass sein Konzept überzeugt. Seine Reaktion auf die Ankündigung der Abtei, man werde den Antrag auf nachträgliche Genehmigung des Portal-Abbaus stellen? „Ich finde die Haltung der Abtei äußerst befremdlich, mit welcher Selbstverständlichkeit eigene Interessen auf Kosten eines herausragenden und äußerst seltenen Kulturgutes durchgesetzt werden sollen.“

Derweil hat sich der Bund Deutscher Architekten (BDA) in der Sache zu Wort gemeldet. Erwartungsgemäß unterstützt der BDA Saar die Position des Landesdenkmalamtes auf Rückkehr des alten Portals. Trotzdem hält dessen Vorsitzender, der Saarbrücker Architekt Peter Alt, das Vorgehen der Mönche für „verständlich“. Der Eingriff sei mit den „besten Absichten“ geschehen, aus „Frömmigkeit und in der Absicht, der Öffentlichkeit etwas Gutes zu tun“. Trotzdem sei die Nichtabstimmung mit der Denkmalbehörde „nicht tolerierbar“. Installierte man neue Archivolten am Portal, wäre dies eine „Dummheit à la Hollywood“, so der BDA-Vorsitzende, damit mache man sich bundesweit lächerlich.

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