Interview Katharina Wackernagel „Die Zeit war jetzt erst reif“

Saarbrücken · Die Schauspielerin, bekannt aus Filmen wie zuletzt „Aenne Burda“, präsentiert ihre erste Regiearbeit am Freitag in Saarbrücken.

 Katharina Wackernagel und Fritz Karl als Verlegerin Aenne Burda und ihr Mann Franz im Zweiteiler „Aenne Burda – Die Wirtschaftswunderfrau“. 

Katharina Wackernagel und Fritz Karl als Verlegerin Aenne Burda und ihr Mann Franz im Zweiteiler „Aenne Burda – Die Wirtschaftswunderfrau“. 

Foto: Patrick Seeger/dpa/Patrick Seeger

„Wenn Fliegen träumen“ heißt die erste Regiearbeit von Katharina Wackernagel (40). Das Roadmovie basiert auf einem Drehbuch von Wackernagels Bruder Jonas Grosch. Mit ihm hat sie schon bei mehreren Filmen zusammengearbeitet. Am Freitag, 19 Uhr, kommt sie ins Saarbrücker Kino Achteinhalb.

Wieso wollten Sie unbedingt einen Film drehen, bevor Sie 40 sind?

WACKERNAGEL Nein, das war nicht die Hauptmotivation, der Spruch ist nur so in einem Gespräch entstanden. Es hat mich seit ein paar Jahren in den Fingern gejuckt, ich wollte das gerne machen. Manchmal setzt man sich ja gerne selbst eine Deadline. Jetzt freue ich mich, dass es geklappt hat, dass Jonas und ich das so gestemmt haben.

Sie haben den Film komplett privat finanziert. Wie sind denn die Perspektiven, dass auch die Kosten wieder reinkommen?

WACKERNAGEL Bei so einem selbst finanzierten Indie-Kinofilm ist die Wahrscheinlichkeit sehr gering, dass man allein durch die Kinoauswertung bei plus minus Null landet. Wir haben das ja schon drei Mal gemacht und die letzten beiden Filme ans ZDF verkauft. Das hoffen wir bei diesem Film auch, ihn an einen Sender verkaufen zu können.

Auf welchen Festivals waren Sie mit dem Film?

WACKERNAGEL Wir hatten in Hof Premiere, waren in Biberach und Saarbrücken, zuletzt waren wir beim Achtung Berlin-Festival im April.

Der Kinostart war eigentlich für 2018 vorgesehen – was war da los?

WACKERNAGEL Im Sommer 2018 wurde der Film fertig, dann sollte er im Herbst starten. Dann war aber der letzte Sommer ein Horror für Kinobetreiber, weil so wunderschönes Wetter war. Sogar die großen Verleiher haben ihre Kinostarts nach hinten verschoben. Dann wurde das im Herbst so voll, dass unser Vertrieb empfohlen hat, den Film später rauszubringen. Wir haben uns dann entschieden, das mit einer Sommertour auszuprobieren. Dass wir ausgerechnet das heißeste Wochenende als Start hatten, war nicht zu ahnen. Trotz der hohen Temperaturen ist die Tour bislang sehr gut verlaufen. Aber es ist halt nicht so leicht, in Deutschland so einen unabhängigen Film an die Menschen zu bringen.

Im Abspann des Filmes werden die Teilnehmer der Drehbuchlesung am 13. April 2005 aufgeführt – das ist also schon ein etwas älterer Stoff…

WACKERNAGEL Genau, Jonas hat das Buch 2005 geschrieben, dann haben wir es mit einer Drehbuchlesung in einem Berliner Club mal ausprobiert. Das war ein wunderschöner Abend, da hat man auch schon gemerkt, dass es funktioniert. Dann haben wir versucht, Gelder zu beantragen, damals noch übers Kleine Fernsehspiel, aber der Film ist nicht finanziert worden. Für uns stand es lange nicht zur Debatte, einen Film im Ausland zu drehen. Also haben wir erstmal andere Filme gemacht und uns nach und nach rangetastet. So eine Reise nach Schweden und Norwegen muss man halt auch wagen mit so einer kleinen Crew. Die Zeit war jetzt erst reif.

Wo wurde der Film hauptsächlich gedreht?

WACKERNAGEL Wir haben den Hauptteil an der Westküste von Schweden, in Strömstad, gedreht. Es gibt aber auch einige sehr schöne Bilder aus Norwegen.

Was war Ihr Ziel mit diesem verrückten Roadmovie – einfach mal was ganz anderes zu machen?

WACKERNAGEL Das war mein Hauptantrieb: Sachen auszuprobieren. Filmzitate, Genre-Mixes, verrückte Charaktere, auch die Schauspieler einfach mal überschnappen zu lassen. Die Dialoge des Buchs haben mir immer schon Spaß gemacht. In erster Linie ging es mir darum (denkt länger nach) zu spielen!

Wurde dabei auch improvisiert?

WACKERNAGEL Nein, das nicht. Mit ausprobieren meine ich, sich freier in dramaturgischen Strukturen zu bewegen. Ich mache ja in erster Linie Fernsehfilme, da bewegt man sich doch eher in einem engen Korsett. Es ging darum, auf bestimmte Erklärungen zu verzichten, bestimmte Gedankensprünge zuzulassen oder Ort und Zeit hinter sich zu lassen. Etwa, dass in dem Moment, wo die beiden Hauptfiguren Berlin verlassen, die normale Zeit nicht mehr existiert.

Die Musik von Doc Wenz, dem ehemaligen Chef der Mannheimer Band Mardi Gras BB, ist auch sehr auffällig – woher kannten Sie den?

WACKERNAGEL Mein Bruder hatte schon mal eine Dokumentation über Mardi Gras BB gedreht. Der Doc hat auch schon für unseren Film „bestefreunde“ die Musik gemacht.

Ihr Onkel Christof war ja RAF-Mitglied und deswegen lange im Gefängnis. Wie haben Sie das als Kind erlebt?

WACKERNAGEL Die RAF hatte keine Rolle gespielt, eher die Tatsache, einen Onkel zu haben, der im Gefängnis saß. Meine Mutter hatte immer ein sehr, sehr enges Verhältnis zu ihrem Bruder. Diese tiefe Verbundenheit habe ich übernommen. So richtig kennengelernt habe ich ihn erst, als er aus dem Gefängnis herausgekommen ist, da war ich etwa zehn. Wir haben nach wie vor ein gutes Verhältnis, er ist ja auch Schauspieler und Autor.

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