Andreas Gefeller Die Welt, eine Blackbox

Neunkirchen · Endlich wieder eine reale Ausstellung in der Galerie Neunkirchen. Andreas Gefeller zeigt Werke. Perspektivwechsel und Unsichtbares sichtbar zu machen, gehört für ihn beruflich zum Alltag.

 Andreas Gefeller vor einer seiner Fotografien, die ab heute in der Städtischen Galerie gezeigt werden.

Andreas Gefeller vor einer seiner Fotografien, die ab heute in der Städtischen Galerie gezeigt werden.

Foto: Anja Kernig

Es fühlte sich ein wenig an wie bei einer streng durchgeplanten Promotion-Aktion eines Hollywood-Blockbusters: Nacheinander einbestellt, gaben sich die Journalisten gestern im KULT die Klinke in die Hand. Doch statt hektischer zehn Minuten gewährte man jedem Medienvertreter eine ganze Stunde, um mit Fotograf Andreas Gefeller sowie Nicole Nix-Hauck und Beate Kolodziej von der Städtischen Galerie Neunkirchen zu plaudern und die auf zwei Etagen verteilten Arbeiten des Düsseldorfer Künstlers anzuschauen.

Die Crux dabei: Man muss zwangsläufig immer wieder dasselbe erzählen. Aber dass die letzte Frage des vorhergehenden Interviews die Einstiegsfrage der Schreiberin dieses Artikel war, kann man schon als besonders unglücklichen Zufall werten. Sei’s drum: Warum wurde Andreas Gefeller ausgewählt? „Die Entscheidung für einen bestimmten Künstler läuft anders, als man sich das vielleicht vorstellt“, verriet Galerieleiterin Nicole Nix-Hauck. „Es ist ein permanenter Prozess. Ich schaue mir vieles an und so entstehen viele Dinge im Kopf, die ich mir für uns hier vorstellen könnte.“ Natürlich gehen auch immer wieder etliche Initiativ-Bewerbungen ein. Aber letztlich sei das Procedere doch so, „dass ich auf die Leute zu gehe“, genau dann, wenn es ins Programm rein passt.

Dass man Gefeller hier an die Blies holen konnte, sei ein Glücksfall. „Er ist einer der herausragenden Fotografen Deutschlands“ und international sehr gefragt – die Idealbesetzung für eine Initial-Rolle. Wolle man doch zurück zum Schwerpunkt Fotografie. Nach Jahren, in denen diese Kunstgattung in Neunkirchen vernachlässigt wurde, gibt es nun eine Wiederbelebung, kündigte Nicole Nix-Hauck an. „Weitere Fotoausstellungen werden folgen. Direkt im Anschluss präsentieren wir Mona Breede aus Karlsruhe.“ Anders als Gefeller bildet sie Menschen ab: vor hoch aufragenden, anonymen urbanen Großstadtfassaden in Chicago, New York, Rom, Berlin, oder, genauso verloren, klein und auf sich selbst zurückgeworfen, in traumwandlerischen Küsten-Panoramen.

Doch das ist Zukunftsmusik. Die nächsten zehn Wochen stehen ganz im Zeichen der großformatigen, auf den ersten Blick oft an der Grenze zwischen Malerei und Fotografie verorteten Bilder Andreas Gefellers. „Ich bewege mich grundsätzlich an den Rändern der Darstellungsformen, etwa zwischen tot und lebendig, Dokumentation und Fiktion, Technik und Natur“, erläuterte der Künstler, Baujahr 1970.

Fotografiert hat er schon immer, als Kind mit dem Finger am Auslöser seiner Polaroid-Kamera. Nach einer Phase, wo er lieber zeichnete, wandte er sich der Astronomie zu. Mittels langer Belichtungszeiten machte Gefeller dunkle Sterne sichtbar und schuf sich so ein Basiswissen und -knowhow, von dem er bis heute profitiert. Auch wenn die Faszination für Astrofotografie mangels Variationsmöglichkeiten schwand, die Sehnsucht nach dem Verborgenen blieb doch bestehen.

Man nehme nur seine Serie „Blank“: extrem überbelichtete Szenarien von Kraftwerken, Hochhausfassaden und ähnlichen Zweckbauten. Wie ausradiert, werden etwa im Containerhafen Transportwege mit ihren Markierungen unsichtbar, ohne wirklich zu verschwinden: „Die Information ist in der weißen Fläche drin.“

Zu den spannendsten Ansätzen gehören Gefellers Ausflüge in die digitale Fotografie und -bearbeitung. Für die Serie „Supervisions“ montierte er die Kamera an ein Zwei-Meter-Stativ und „scannte“ damit von oben ein ganzes Büro-Geschoss – oder lichtete am Boden eines Schwimmbeckens ebenfalls Quadratmeter um Quadratmeter ab, um die 200 bis 300 Bilder anschließend am PC zu einem großen, homogenen Gesamtbild zusammenzufügen. „Es gibt tausend Möglichkeiten, die Welt wahrzunehmen.“ Mit den uns gegebenen Sinnen erschließt sich uns nur „ein kleiner Ausschnitt“.

Andreas Gefeller sieht es als seine Mission, den Deckel der „Blackbox“ wenigstens einen Spalt weit zu öffnen. Jetzt in der Städtischen Galerie Neunkirchen.

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