Kunst im öffentlichen Raum Auf dem Grundriss eines Davidsterns

Ottweiler · Kunst muss sichtbar sein. Das Paradoxe an der „Kunst im öffentlichen Raum“ ist, dass sie deutlich sichtbar ist, und sie dennoch unsichtbar bleibt, denn kaum jemand nimmt Notiz von ihr. In einer Serie stellen wir Kunstwerke im öffentlichen Raum im Kreis Neunkirchen vor. Heute: Ottweiler Gedenkstein an die Pogromnacht 1938.

 Am 9. November 1988 wurde das Mahnmal im Fornarohof in Ottweiler eingeweiht. Es erinnert an die Reichspogromnacht 1938, in der in ganz Deutschland jüdische Einrichtungen und Gotteshäuser von den Nazis geschändet wurden.

Am 9. November 1988 wurde das Mahnmal im Fornarohof in Ottweiler eingeweiht. Es erinnert an die Reichspogromnacht 1938, in der in ganz Deutschland jüdische Einrichtungen und Gotteshäuser von den Nazis geschändet wurden.

Foto: Engel

„Der 9. November 1938 ist einer der beschämendsten Tage in der deutschen Geschichte. In dieser Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 wurden in ganz Deutschland die jüdischen Gotteshäuser geschändet, verwüstet und angezündet.“ Mit diesen beiden Sätzen benennt Eva Tigmann vom Verein „Wider das Vergessen und gegen Rassismus“ die menschenverachtenden Verbrechen der Nazis in Deutschland, die erst mit der bedingungslosen Kapitulation vor 76 Jahren ihr Ende in Form von Befreiung vom Faschismus fanden.

In der Bundesrepublik nach dem Krieg taten sich viele schwer, die Verbrechen des Nazi-Regimes aufzuarbeiten. Noch in den 1970er waren die Stimmen derer laut vernehmbar, die einen „Schlusstrich“ wollten, die sich nach dem Vergessen sehnten, das aber ein Verdrängen ist.

Auch in Ottweiler wurde die Synagoge zerstört, die Menschen jüdischen Glaubens misshandelt und vertrieben. Ganz in der Nähe des früheren Standortes des jüdischen Gotteshauses, im heutigen Fornaro-Hof (benannt nach dem 1757 in Ottweiler geborenen Maler Johann Heinrich Schmidt alias Fornaro) steht etwas zurückgenommen, ein Mahnmal, das an die Verbrechen der Nazis erinnert. Das Kunstwerk wurde von dem Architekten Peter Christoph Seeberger erschaffen. Es zeigt eine gut einen Meter hohe metallene Stele auf dem Grundriss eines Davidsterns, die aus einem angedeuteten Trümmerhaufen empor wächst.

Die Initiative, die Idee zu dem Mahnmal, kam von dem ehemaligen evangelischen Kirchenkreis Ottweiler, der damals 1988, noch im Stengel-Pavillon residierte, erinnert sich Hans-Werner Büchel, ein Kenner der Ottweiler Geschichte. Am 50. Jahrestag der Pogromnacht, am 9. November 1988, wurde die Stele feierlich eingeweiht. Jedes Jahr an diesem Tag versammeln sich Menschen um das Werk von Seeberger, zum Gebet und zum Gedenken an die Opfer der Nationalsozialisten.

Wie wichtig dieses Erinnern und Gedenken bleibt, mussten die Menschen in Ottweiler auf drastische Weise erleben. Denn ein Tag vor der Einweihung des Mahnmals, wurde das Werk mit Hakenkreuzen beschmiert, sagt Büchel.

In das Mahnmal ist ein Text eingearbeitet: „Zum Gedenken an das jüdische Gotteshaus – Vom Rassenwahn verblendete Deutsche schändeten es 1938 – Der Vernichtung der Synagogen folgte der Mord am jüdischen Volk – Sich erinnern bringt Erlösung – Verdrängen hält die Erlösung auf“.

Anlässlich des 80. Jahrestages der Pogromnacht wurden als dauerhaftes Zeichen der Erinnerung an die Synagoge in der Pflasterung des Schlosshofes die äußeren Grundmauern in rosafarbenen Granit nachgebildet.

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