Katholische Kirche Ungehobene Schätze

Nicht nur mit seinem Nächsten, auch mit sich selbst soll man ja ruhig mal freundlich und pfleglich umgehen. Auch die guten Seiten entdecken, sich gerne mal selbst loben, wenn es gut läuft. Das kann nicht schaden.

Kommentar zu Pilotprojekt der katholischen Kirche bei Bestattungen
Foto: SZ/Robby Lorenz

Das Selbstlob sollte seinen ganz natürlichen Platz im Psycho-Haushalt haben. Dabei ist es aber wie mit allem: Dem Selbstlob steht die Selbstkritik als begrenzendes Korrektiv gegenüber. Wo das Gleichgewicht fehlt, schlägt Narzissmus so hohe Wellen, dass einfach alles baden geht. Die katholische Kirche zum Beispiel hat in den vergangenen Jahren hier und da Kreide gefressen. Mitgliederschwund, Priesterschwund, Vertrauensschwund wegen zahlloser Missbrauchsfälle. Diese Dinge haben an ihr genagt und an den Schaltstellen der Macht den ein oder anderen selbstkritischen Reflex ausgelöst.

Wenn jetzt im Kreis Neunkirchen das Pilotprojekt „Ehrenamtliche Bestatter“ startet, klingt die offizielle Erläuterung so, als schlage das Pendel aber wieder weit in die andere Hälfte aus. Denn in der Begründung heißt es, nicht etwa der Mangel an Fachpersonal bewege die Kirche zu dem Schritt, auch Normal-Gläubige mit ins Boot zu holen. Vielmehr wolle man „verborgene Schätze im Volk Gottes“ heben. Die wolle die Kirche zum Leuchten bringen, in der Betrachtung ihrer Schäfchen vom „Charisma“ her denken. Mit Verlaub: Ungehobene Schätze haben die Kirchenväter in den vergangenen zwei Jahrtausenden herzlich wenig interessiert. Neben der Verkündung des Evangeliums, so lässt sich mit etwas kritischerem Blick anmerken, ist die Kirche auch eine Institution der Macht. Ein Gebäude voller Ämter und Aufgaben, klare Hierarchie, Zentrale in Rom. Und die Mächtigen im Hause Gottes teilen diese Macht wohl genauso ungerne wie weltliche Institutionsvertreter, so der Eindruck beim Blick auf das Verhalten der Würdenträger über Jahrhunderte. Alleine die Tatsache, Frauen von den Aufgaben des Priesteramtes fernzuhalten, spricht für sich. Das entspricht nämlich über 50 Prozent ungehobener Ressourcen.

Die katholische Kirche erlebt einen Schrumpfungsprozess. Das Amt des ehelosen Priesters scheint heute nicht mehr die Attraktivität vergangener Tage auszustrahlen. In einer sekularisierten Welt rennen zudem viele Menschen – das kann man bedauern –  anderen Dingen hinterher als ihrem Seelenheil. Die friedvolle Botschaft Jesus Christus hat es schwer. Seine hauptamtlichen Vertreter auf Erden tun aber auch einiges dafür, dass sie nicht so recht durchzudringen vermag.

Ja, pfleglich mit sich selbst umzugehen ist richtig. Die Kirche allerdings befindet sich in einem Stadium, in dem alles klar benannt auf den Tisch gehört. Ob Kindesmissbrauch und seine Ursachen, ob Priestermangel und die gewiss auch daraus resultierende Notwendigkeit, in einer alternden Gesellschaft das Bestattungsritual auf neue Füße zu stellen. Jesus jedenfalls stand für Wahrheit.

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