SZ-Brunnenserie Illingen Eine Lehrstunde zum Lebenselixir Wasser

Noch heute finden sich im Straßenbild alte Ziehbrunnen. Einst waren die „Pits“ überlebenswichtig für Mensch und Tier. Auch die Wünschelrute soll da mitunter Wasser aufgespürt haben, hören wir auf unserer Illinger Runde.

Brunnen in der Gemeinde Illingen
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Brunnen in der Gemeinde Illingen

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Foto: Claudia Emmerich

Die Tour beginnt mit einer Anekdote. 1976 feiert Uchtelfangen die Einweihung des neugebauten Lindenbrunnens in der Dorfmitte, wenige Meter vom alten Standort entfernt: Neue Wasserrohre wurden damals verlegt, auch die Zuleitung für den Brunnen herunter von seiner Quelle, erzählt Karl Drawe. Dafür waren private Grundstücke zu queren. „Zehn Meter vor der Brunnenstube hat ein Bauer dann ‚nein‘ gesagt. Dabei hatte ich schon alles fürs Brunnenfest klar gemacht“, lacht Drawe (85), lange Vorsitzender des CDU-Ortsverbandes. Aber sie hätten sich zu helfen gewusst und irgendwie („der Bürgermeister hat das geregelt“) zumindest mal für diesen einen Tag  Wasser bekommen. Drawe schoss zu diesem Anlass signalgebend mit einer Leuchtmunition: „Wenn ich schieße, Wasser fließe.“

Mit Wünschelrute zum Ziel

Für unsere Serie „Öffentliche Brunnen in der Region“ waren wir jetzt auch in der Gemeinde Illingen (gut 17 000 Einwohner) mit ihren sechs Ortsteilen unterwegs. Die bei der Gemeinde angefragte Liste führte uns – unterwegs aufgestockt – zu 18 Brunnen. Infos lieferten Rathaus, Heimatverbundene und Archiv.

Drawe – pensionierter Lehrer – hat noch viel Pädagoge in sich und den Brunnenstoff aufbereitet. Was ist und wie funktioniert ein „Pits“ (es finden sich unterschiedliche Schreibweisen)? Was oder wie funktioniert ein Schöpfbrunnen? Bei jedem Haus, erklärt Drawe, wurde ehemals ein „Pits“, ein Ziehbrunnen, gebaut, mit einer Wünschelrute zuvor das Wasser aufgespürt. Drawe erinnert sich: „Nach dem Krieg und im Krieg war die marode Wasserleitung tage- und wochenlang nicht mehr funktionsfähig. Nun waren die Brunnen, nun war der Pits wieder gefragt. Wir standen mit Eimern und großen Töpfen an den Brunnen Schlangen. Im Winter kamen wir mit Schlitten beigefahren. Auch die Bergmannkuh – die Ziege – und die Kuh im Stall mussten mit Wasser versorgt werden und genau aus diesen unerschöpflichen Brunnen, die nicht zugefroren waren.“

Erinnerungen verbinden sich mit diesem Ort

Unser Begleiter stockt die Zahl vier von der Rathausliste um zwei Brunnen auf. Nach dem Lindenbrunnen und dem Brunnen Eckstraße mit Blumenschmuck und Ruhebänken geht es zum Sonnenborn, gebaut 1993. Dieser Brunnen versorgt die Kneipp-Anlage. Mündliche Überlieferung und Funde zeugen von einer keltischen Siedlung. Der Brunnen in der Josefstraße, vor der Levo-Bank, ist derzeit trocken, wie Drawe bedauert: „Die Bank könnte den Springbrunnen doch wieder sprudeln lassen, um Kunden und Bürger zu erfreuen.“ In Kaisen steht in der Wiesbacher Straße der 1958 von seinem Vater Adolf (damals Bürgermeister) wiederbelebte Brunnen. Er wird wie der Lindenbrunnen von einer Brunnenstube versorgt. Ein zweiter Brunnen in Kaisen steht in der Göttelborner Straße. Ihn ziert ein markanter Löwenkopf: „Im Zuge des Straßenausbaus hat man sich an diesen alten Schöpfbrunnen erinnert.“ Schließlich lotst uns Drawe noch in den Wald zur 1976 gebauten CDU-Hütte und dem damals ebenfalls angelegten Jakobsbrunnen. Viel ist nicht mehr zu sehen, versumpft, verwuchert. Aber, so Drawe, viele Erinnerungen verbinden sich mit diesem Ort.

Fast hinter jedem Haus ein Pits

Hüttigweiler geht der Ruf guter Steinmetze voraus. Ehrenortsvorsteher Walter Schreiner nickt. Seine Geschichte der heutigen fünf Dorfbrunnen berührt fast immer einen der beiden Steinmetze im Dorf: Norbert Schlicker oder Helmut Weiskircher. Station 1 Provinzialstraße: Hier throhnt am Anfang der Sackgasse In dem Hügel (historisch Hirtenstraße) der Eichert-Brunnen. Früher stand hier fast hinter jedem Haus ein Pits. Eines Tages wurden zwei Häuser abgerissen, um Luft zu schaffen und die Straße zu verbreitern. Für die kleine öffentliche Anlage schuf Norbert Schlicker den Eichhörnchen-Brunnen. Station zwei Neunkircher Straße: Hier stand ein historischer Tränkbrunnen. Norbert Schlicker hat ihn 1973 renoviert. Eine Erinnerung an die Selbstständigkeit der Gemeinde – 1974 folgte ja die Gebietsreform. Station drei Jakobstraße: Dieser Brunnen entstand 1985 im Zuge des verkehrsberuhigten Straßenausbaus. Diesmal war es Steinmetzmeister Helmut Weiskircher, der das Bauwerk gestaltete. Station vier Brückenstraße: Ein sehr alter Brunnen, der auch heute noch viel genutzt wird. Seine Brunnenstube liegt in der Risswiese mit vielen Quellen. 1970/72 wurde der Brunnen im Auftrag der Gemeinde vom Bauunternehmen Strauß renoviert. Station fünf Verzyplatz: Nach dem Bau der Illtalhalle 1973 und Anlegen des Platzes hat Helmut Weiskircher 1978 mit dem Brunnen sein Meisterstück gemacht (früher stand hier mal ein Pumpenhaus).

Blick ins Heimatbuch

Drei Brunnen finden sich in Wustweiler. Ortsvorsteher Knut Kirsch hat auch im Heimatbuch nachgeschlagen. Der moosbegrünte Brunnen am Ende der Jägerstraße ist ein Quellbrunnen. Die beiden anderen – Kelterhaus und Alt School – hängen an einer Kreislaufpumpe, werden von Regenwasser in einem Auffangbecken gespeist. Das erklärt, warum bei unserem Besuch der Born an der Alten Schule wie versiegt und trocken vor uns liegt. Das Becken ist gerade leer. Kirsch: „Die Brunnen Kelterhaus und Alte Schule sind im Zuge des Projektes ‚Unser Dorf soll schöner werden‘ entstanden, das war in dern 1980er Jahren.“

Versetzt für eine Straße

In Illingen-Gennweiler plätschert es wenige Meter voneinander entfernt zweimal. Da ist der Brunnen in der Dorfstraße, eingeweiht 1989. Der historische Vorgängerbrunnen wurde wegen einer Straßenverlegung versetzt. Jahrzehntelang hatte er als Viehtränke und Versorgungsstation gedient. Der Brunnen Am Börrchen ist ebenfalls neu angelegt worden. Auch an seiner Stelle stand ein historischer Brunnen. Das belegen Recherchen anhand von Bildern, die der Historische Verein Illingen gesammelt hat. In einem Fotobuch 2016 zur 750-Jahr-Feier Gennweiler sind diese privaten Fotos dokumentiert, wie Hans Buchholz vom Historischen Verein erklärt. Es könnte noch mehr Brunnen geben, reicht Buchholz telefonisch nach. Er denke da etwa an das Brunnenhaus an der Kapelle.

Einweihung 2001

Jeweils einen Brunnen finden wir in der Ortsteilen Hirzweiler und Welschbach. „Der alte zentrale Dorfbrunnen in Welschbach wurde Anfang der 1990 Jahre neu gemacht, er war funktionsuntüchtig geworden“, berichtet Ortsvorsteher Christian Petry. In einem Wettbewerb erhielt der Hüttigweiler Steinmetz Helmut Weiskircher den Auftrag. Zum Dorfbrunnen Hirzweiler hat Thomas Keller, Pressemann im Rathaus, selbst einiges zusammengetragen: „Soweit bekannt stand der erste und einzige Hirzweiler Dorfbrunnen in der Hirzbachstraße gegenüber dem Ehrenmal. Hier war der tiefste Punkt des Dorfes und der Brunnen konnte sowohl von einer eventuell vorhandenen Quelle gespeist werden als auch durch das recht hoch gelegene Grundwasser.“ Das genaue Datum sei nicht belegbar, aber wohl spätestens Anfang des 19.Jahrhunderts sei der Brunnen errichtet worden. Das Bauwerk diente als Waschplatz, Viehtränke und Trinkwasserversorgung. 1930/31, liest man weiter, wurde der Brunnen abgebaut und eine gemeinsame zentrale Wasserversorgung für Hirzweiler und Welschbach mit einem Hochbehälter auf dem Hexenberg geschaffen. 1998 beschloss der Ortsrat, eine Nachbildung des Brunnens anfertigen zu lassen. Einweihung feierte das Dorf 2001.

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