Bertelsmann-Experte rät Wegen Ausgaben- und Schuldenlast im Saarland –Bund muss größeren Anteil an Hartz IV übernehmen

Saarbrücken · Kaum Geld auf der hohen Kante, gleichzeitig horrende Ausgaben für Sozialleistungen: Trotz schwungvoller Konjunktur haben saarländische Städte und Gemeinden so wenig Rücklagen wie in keinem anderen Bundesland. Und das könnte sich noch zuspitzen, befürchtet ein Experte.

 Rücklagen der kommunalen Haushalte.

Rücklagen der kommunalen Haushalte.

Foto: Bertelsmann-Stiftung

Von den Überschüssen, die Städte und Gemeinden in Deutschland erwirtschaftet haben, profitieren Kommunen im Saarland nur im geringen Maße. So stieg die Summe, die die Verantwortlichen zwischen 2012 und 2017 zurücklegten, von 33 Milliarden auf 48 Milliarden Euro. Aber: „Die saarländischen Kommunen verfügen in Folge der langjährigen Haushaltskrise über die geringsten Rücklagen je Einwohner.“ Das steht im Bericht über die kommunalen Finanzen der Bertelsmann-Stiftung in Gütersloh.

Nur 125 Euro pro Einwohner im Sparstrumpf

 Die höchsten und niedrigsten Steuereinnahmen der Städte und Kommunen.

Die höchsten und niedrigsten Steuereinnahmen der Städte und Kommunen.

Foto: Bertelsmann-Stiftung

So hatten Städte und Gemeinden zuletzt im bundesdeutschen Durchschnitt 622 Euro pro Einwohner auf der hohen Kante. Zum Vergleich: In Bayern lag der Betrag bei 1100 Euro. Im Saarland schafften es die Kommunen auf lediglich 125 Euro. René Geißler, Experte für Kommunalfinanzen der Bertelsmann-Stiftung und an der am Montag (9. Juli) publizierten Expertise beteiligt, präsentiert ein drastischen Rechenexempel mit einer bayerischen Stadt, das die schwere Lage im Saarland verdeutlichen soll: „Allein die Stadt Regensburg hat doppelt so hohe Rücklagen wie alle Kommunen des Saarlandes zusammen.“ Der Fachmann zeigte sich überrascht von dem Ergebnis. Denn damit sei klar, dass die Differenzen zwischen starken und schwachen Regionen noch größer sind als bislang angenommen.

Weniger Schulden, aber immer noch hohe Belastung

Im gleichen Zeitraum gingen die Kassenkredite zurück. Diese sind mit einem Dispokredit, wie es beim Girokonto eingeräumt wird, zu vergleichen. Von 50 Milliarden Euro 2015 liegt der Betrag aktuell bei 36 Millionen Euro. Wobei auch in diesem Fall das Saarland am stärksten belastet ist, wie es in dem alle zwei Jahre erstellten Rapport heißt. Vergangenes Jahr lagen die Kassenkredite bei saarländischen Kommunen zusammen bei 1,9 Milliarden Euro – ein Minus von 13 Prozent seit 2016. Geißler mit Blick auf die Wirtschaftslage, von hohen Ausgaben und geringen Steuereinnahmen gekennzeichnet: „Der Abbau der Kassenkredite ist für Kommunen des Saarlandes allein nicht möglich.“

Entlastung bei Hartz IV gefordert

Denn trotz der gewachsenen Rücklagen und eines Rückgangs bei den Krediten drückten die Sozialausgaben auf die Finanzen der Städte und Gemeinden. Diese stiegen nach seinen Angaben „unbeirrt weiter“. Damit drohten neue Defizite. Darum empfiehlt der Experte, dass die Bundesregierung einen größeren Teil der Kosten für Hartz IV übernimmt. Erst recht, wenn die Konjunktur und damit die Einnahmen wieder schwächeln.

Nach wie vor Haushaltskrise im Saarland

Damit ist für die Macher der Studie klar: Die Haushaltskrise im Saarland setzt sich fort. Auch bei Investitionen bleibe das Land abgeschlagen.

Arbeitskammer fordert spürbare Entlastung aus Berlin

Den Forderungen nach einer Entlastung schließt sich Jörg Caspar an. Der Vorstandsvorsitzende der Arbeitskammer des Saarlandes: „Die Arbeitskammer fordert seit langem eine deutlich stärkere Unterstützung der Kommunen durch den Bund. Wir fordern erneut positive Signale aus Berlin, die mit einer spürbaren Entlastung für unsere saarländischen Städte und Gemeinden verbunden sind.“ Der Kommunale Finanzreport bestätige bekannte Ergebnisse, die die Arbeitskammer in ihrem aktuellen Jahresbericht erneut aufgezeigt hat.

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