Missbrauchs-Skandal am UKS Landtag untersucht Missbrauchs-Skandal

Saarbrücken · Schock und Entsetzen - das war die erste Reaktion auf den Missbrauchsskandal in der Uniklinik des Saarlandes. Nun wollen Parlamentarier in einem Untersuchungsausschuss klären, was alles schiefgelaufen ist. Und warum.

 Linken-Fraktionschef Oskar Lafontaine informierte sich gestern während der Plenarsitzung mit SZ-Artikeln über den Missbrauchsskandal.

Linken-Fraktionschef Oskar Lafontaine informierte sich gestern während der Plenarsitzung mit SZ-Artikeln über den Missbrauchsskandal.

Foto: BeckerBredel

Der Missbrauchs-Skandal an der Homburger Uniklinik soll im Rahmen eines Untersuchungsausschusses vom Landtag aufgeklärt werden. Das hat gestern der saarländische Landtag mit den Stimmen aller vier Fraktionen einstimmig beschlossen. Der Ausschuss soll untersuchen, wie die zuständigen Stellen mit Verdachtsmomenten und Anhaltspunkten für Missbrauch umgegangen sind.

Abgeordnete aller Fraktionen zeigten sich entsetzt über den Kindesmissbrauch – aber auch darüber, dass die Eltern der Opfer nicht informiert und auch die Öffentlichkeit zu lange nicht unterrichtet worden sei.

Ende Juni war bekannt geworden, dass ein inzwischen gestorbener Assistenzarzt der Kinder- und Jugendpsychiatrie von 2010 bis 2014 mehrere Kinder sexuell missbraucht haben soll. Der Untersuchungsausschuss soll auch klären, warum die Klinikleitung die Eltern nicht informierte, nachdem sie den Arzt entlassen hatte.

„Wir sind zutiefst betroffen und fassungslos über das, was Kindern an verstörenden Verbrechen angetan wurde“, sagte die CDU-Abgeordnete Jutta Schmitt-Lang. „Frühwarnsysteme, Strukturen und der Kinderschutz haben versagt.“ Auch nach der Anhörung von Vertretern des Homburger Universitätsklinikums im Juli gebe es viele offene Fragen. „Wieso wurde Hinweisen nicht früher nachgegangen? Warum wurde dem Mediziner noch ein hervorragendes Arbeitszeugnis ausgestellt und er kurze Zeit später wegen pädophiler Neigungen entlassen?“ Aber auch die Rolle der damaligen Justiz-Staatssekretärin Anke Morsch (SPD) müsse beleuchtet werden. Diese war über den Verdacht gegen den inzwischen verstorbenen Arzt informiert worden, hatte diese Informationen nach eigener Aussage aber nicht dem zuständigen Wissenschaftsministerium und der Ministerpräsidentin weitergegeben. Auch die Eltern der betroffenen Kinder waren nicht informiert worden „Das macht mich wütend und das verstehe ich nicht. Ich erwarte, dass ich informiert werde, wenn der Verdacht im Raum steht, meinem Kind wurde etwas angetan“, sagte Schmitt-Lang. So seien die Kinder mit den Erfahrungen und ihren Gefühlen alleine gelassen worden. „Wir müssen nun gemeinsam an einem Strang ziehen und Abläufe und Strukturen bis ins Detail auf den Prüfstand stellen. So etwas darf sich nicht wiederholen.“

Die SPD-Abgeordnete Martina Holzner kritisierte das in Teilen unkooperative Verhalten von Vertretern des UKS im Ausschuss, daher sei ein Untersuchungsausschuss nun das effektivere Instrument, da es hier eine Auskunftspflicht gebe. „Die Eltern müssen wissen, wer die Verantwortung trägt“, sagte Holzner. „Warum haben die Maßnahmen zur Vermeidung von Missbrauch nicht gegriffen? Wurden sie nicht eingehalten?“, fragte sie. Im Untersuchungsausschuss müssten Fehler im System ausfindig gemacht werden, die der Gesetzgeber in Folge beseitigen müsse. Das Vertrauen in die Klinik sei stark beschädigt worden. Holzner warnte aber vor einem Generalverdacht gegen alle Ärzte. „Es liegt jetzt in unserer Verantwortung, für größtmögliche Transparenz zu sorgen“, sagte sie.

„Es gibt eine solche Dichte von Fehlentscheidungen, dass man sich nur wundern kann“, sagte der Fraktionsvorsitzende der Linken, Oskar Lafontaine. So seien schon 2005 erste Hinweise den Jugendämtern gemeldet worden. „Es ist erstaunlich, dass die Jugendämter nicht tätig geworden sind. Das kann ich nicht nachvollziehen“, sagte Lafontaine. Er könne nicht verstehen, warum nicht der Gesundheitsminister informiert worden sei: „Das ist kein Routinefall.“ Zu klären sei auch, wann der Aufsichtsrat des Klinikums informiert worden sei, dessen Vorsitzender der Chef der Staatskanzlei sei.

Warum nicht wenigstens die Staatsanwaltschaft die Eltern informiert habe, nachdem sie Ermittlungen begonnen hatte, könne er ebenso wenig verstehen wie die Tatsache, dass das Verfahren nach dem Tod des Arztes eingestellt worden sei, fügte er hinzu. Und schließlich habe auch das Klinikum die Öffentlichkeit erst informiert, nachdem das ARD-Fernsehmagazin „Monitor“ mit Recherchen begonnen habe. „Das ist kein Ablauf, mit dem wir zufrieden sein können“, sagte Lafontaine. Auch die AfD-Landtagsfraktion stimmte für den Antrag auf Einrichtung eines Untersuchungsausschusses.

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