Jugendfußball Er brachte den SV Ixheim sogar nach Amerika

Zweibrücken · Klaus Gehlbach hat die Jugendarbeit beim SV Ixheim geprägt wie kein Zweiter. Seit 47 Jahren ist er im Nachwuchs der Gelb-Schwarzen tätig – das Amt des Jugendleiters möchte er aber mittelfristig abgeben. Bis dahin wird er die Kids an der Römerstraße weiter fit am Fußball machen – und ihnen Werte vermitteln.

 Den Nachwuchs immer genau im Blick: Klaus Gehlbach (hinten rechts) im Jahr 2011 bei einer Trainingseinheit der Ixheimer Jugend.

Den Nachwuchs immer genau im Blick: Klaus Gehlbach (hinten rechts) im Jahr 2011 bei einer Trainingseinheit der Ixheimer Jugend.

Foto: Marco Wille

Kurz versucht Klaus Gehlbach nachzurechnen – aber nein: Wie viele Jugendkicker er in den vergangenen 47 Jahren beim SV Ixheim trainiert hat, kann er aus dem Stand nicht beantworten. „Viele von ihnen spielen heute bei den Alten Herren“, schmunzelt Gehlbach. Andere schafften sogar den Sprung in den Profifußball. Andreas Hentrich etwa, der in den 80er Jahren beim FC Homburg und Bayer Uerdingen gegen den Ball trat.

Klaus Gehlbach ist der Zweibrücker „Mister Jugendfußball“. Seit 1974 macht er den gelb-schwarzen Nachwuchs an der Römerstraße fit. Zu seinem allerersten Traineramt kam er aber wie die Jungfrau zum Kinde. Die D-Junioren des Vereins suchten damals einen Jugendcoach. Und Dieter Kuchenbrod – ein anderes Ixheimer Urgestein – überzeugte Gehlbach, der damals für die erste Mannschaft des SVI spielte, die Knirpse zu übernehmen. Dass sein erstes Nachwuchsteam auf Anhieb die Meisterschaft errang, war aber nicht der Grund dafür, dass aus der Not- eine Dauerlösung wurde. „Es hat mir einfach Riesenspaß gemacht, mit den Buben zu trainieren“, erinnert sich Gehlbach.

Doch die Ära des Mannes, der den Jugendfußball in Zweibrücken so maßgeblich geprägt hat, wird enden. Nicht sofort. Ein festes Datum gebe es noch gar nicht, versichert Gehlbach, der seit 1984 auch Jugendleiter des Vereins ist. „Aber ich habe mir vom Alter her Grenzen gesetzt“, sagt er. Mit 70 habe er eigentlich aufhören wollen. Letztes Jahr wäre das gewesen. „Zum 100-jährigen Jubiläum des Vereins – das hätte gepasst“, meint Gehlbach.

  Das Amt des Jugendleiters will Klaus Gehlbach (rechts) bei den Gelb-Schwarzen mittelfristig abgeben. Beim SVI mit anpacken wird er aber weiterhin.

Das Amt des Jugendleiters will Klaus Gehlbach (rechts) bei den Gelb-Schwarzen mittelfristig abgeben. Beim SVI mit anpacken wird er aber weiterhin.

Foto: Picasa

Doch daraus wurde nichts. Denn: „Das haben wir einfach nicht zugelassen“, sagt Sascha Grimm und lacht. Dass er heute der Vorsitzende des SV Ixheim ist – auch darauf hatte Gehlbach entscheidenden Einfluss. „Als Michael Renkawitz 2018 zurückgetreten ist, hat mich Klaus beiseite genommen. Er hat mich gefragt, ob ich mir vorstellen könnte, den Vorsitz zu übernehmen – und dass er mir das zutraut“, erinnert sich Grimm. „Klaus lebt den Fußball. Er lebt den Verein – er ist hier wirklich der Mann für alles. Der Mann, der den Laden zusammen hält“, sagt er. Als Grimm selbst noch ein Knirps war, sei Gehlbach auch sein Jugendtrainer gewesen, erzählt der Vorsitzende. Der Kreis schloss sich 2016. Da nämlich brachte Grimm seinen eigenen Nachwuchs erstmals ins Training. Die Fragen, wem er ihn anvertraut und ob er dort auch in guten Händen sein würde, musste der heutige Vorsitzende sich nicht stellen.

Dass Gehlbach, der auch sechs Jahre lang die Fußball-AG an der Grundschule begleitet hat, das Amt des Jugendleiters nicht schon früher weitergereicht habe, hänge auch damit zusammen, dass „wir in der Vergangenheit Schwierigkeiten hatten, Leute zu finden, die Verantwortung übernehmen. Heute sieht das viel besser aus. Ich kann mit gutem Gewissen an die Fußballrente denken“, sagt Gehlbach zufrieden. Denn alle Jugendmannschaften der Ixheimer von den Bambinis bis zur A-Jugend seien besetzt. Teilweise doppelt und dreifach. Insgesamt treten rund 200 Kids an der Römerstraße gegen den Ball. Und der Verein arbeite hart daran, seine ohnehin traditionell starke Jugendarbeit auf professionellere Füße zu stellen. „Ziel ist, dass zumindest alle Trainer der älteren Jahrgänge auch einen Schein besitzen. Da wollen wir hin“, sagt Gehlbach.

 Klaus Gehlbach zeigt auf einen Wimpel, der den US-Staat Texas darstellt. Dort gibt es auch einen SV Ixheim – dank Gehlbach.

Klaus Gehlbach zeigt auf einen Wimpel, der den US-Staat Texas darstellt. Dort gibt es auch einen SV Ixheim – dank Gehlbach.

Foto: nob/Norbert Rech

Aktuell teilt er sich das Amt des Jugendleiters mit Timo Schmidt. Schmidt ist Ansprechpartner für die älteren Jahrgänge, Gehlbach für die Jüngeren. „Timo kann von Klaus’ Erfahrung nur profitieren“, erklärt Sascha Grimm. Denn irgendwann soll das Amt ganz in die Hände von Schmidt übergehen. Und der fließende Umbruch klappe bisher reibungslos, sagt Gehlbach. „Timo trainiert ja schon die A-Jugend, da gibt es gar keine Probleme. Viel zeigen muss ich ihm nicht mehr. Vielleicht das eine oder andere Organisatorische. In Sachen Ostercamp. Oder was die Ausrichtung von Kreismeisterschaften und Hallenturnieren angeht. Gerade im Winter kann es stressig werden“, weiß Gehlbach.

Der Tag, an dem er beim SVI nicht mehr für den Nachwuchs zuständig ist, „wird kein trauriger sein“, versichert der 71-Jährige. „Auch wenn ich die Arbeit mit den Kindern natürlich vermissen werde“, räumt er ein. Denn diese Arbeit war für ihn stets das Wichtigste. „Nur Jugendleiter sein, hätte mir nicht gereicht. Ich habe immer eine Mannschaft gebraucht, die ich trainiere.“

Aber auch, wenn das irgendwann nicht mehr der Fall sein wird, „bin ich ja nicht aus der Welt“, sagt Gehlbach. Auf dem Sportplatz mitanpacken werde er weiterhin – und auch die Spiele der Ixheimer Mannschaften werde er verfolgen. Denn dass er den Gelb-Schwarzen treu bleiben wird, „ist ja gar keine Frage“, sagt Gehlbach mit einer Spur Entrüstung in der Stimme. Seit er zehn Jahre alt ist, spielt er für den SVI. Einen anderen Verein gab es für ihn nie. Und wird es auch nicht geben: „In der Beziehung bin ich konservativ“. Daneben habe Gehlbach auch in seinem Berufsleben – er arbeitete 50 Jahre lang für den Kranbauer Demag – auf Beständigkeit gesetzt.

Doch in jeder anderen Beziehung ist der 71-Jährige ein (welt)offener Mensch. Dank seiner Jugendarbeit gibt es den SV Ixheim heute gewissermaßen sogar jenseits des großen Teiches. Denn der Amerikaner Kurt Stange, dessen Vater Dan zwischen 1974 bis 1977 auf dem Zweibrücker Flughafen stationiert war, begann als Neunjähriger in der Jugend der Ixheimer mit dem Kicken. Sein Trainer: Klaus Gehlbach. Als die Familie Stange schließlich nach Texas zurückzog, blieben Vater und Sohn vom Fußballvirus infiziert. Sie gründeten in ihrem Heimatort Dension in der Nähe von Dallas einen Verein. Und der heißt „SVI“ – und trägt das gleiche Wappen wie das Original an der Römerstraße. Gehlbach war mit der Ixheimer B-Jugend 1999 schon zu Besuch in Texas – und die Amerikaner bereits mehrmals in Zweibrücken. Zuletzt besuchte Kurt Stange die Rosenstadt 2016. Mit seiner Frau Angela und Sohn Reece. Der spielt übrigens ebenfalls Fußball.

Was hat sich nun in den 47 Jahren Arbeit im Nachwuchsbereich eigentlich für Klaus Gehlbach geändert? „Die Trainerausbildung ist heutzutage auf einem höheren Niveau. Früher hat man im Grunde einfach das übernommen, was man von seinem eigenen Trainer mit auf den Weg bekommen hat. Heute hat man viel mehr Möglichkeiten, über den Tellerrand zu schauen. Und man bekommt mehr Unterstützung. Mit Informationsmaterial vom Südwestdeutschen Fußballverband etwa“, sagt der 71-Jährige. Weniger angetan ist er dagegen von der Entwicklung, dass „heutzutage alle mitreden wollen. Vor allem die Eltern. Ob das jetzt die Aufstellung ist – oder wer ihr Kind trainieren soll. Das war früher unkomplizierter.“

Sorgen bereiten Gehlbach die Auswirkungen, die Corona auf die Nachwuchsarbeit der Vereine und die Entwicklung der Heranwachsenden haben könnte. „Wenn ein Schüler ein komplettes Jahr Unterricht verpasst hat, bekommt er in der höheren Klassenstufe Probleme. Wenn ein Kind beim Fußball von der E- direkt in die C-Jugend springen soll, ist das nicht anders. Den Stoff in der Schule kann man eventuell nachholen. Bei motorischen Grundlagen ist das komplizierter“, weiß das Ixheimer Urgestein. Vor diesem Hintergrund freut es ihn besonders, dass der SVI im Jugendbereich keine Abmeldungen zu verzeichnen hat. 5620 Mitglieder hat der Südwestdeutsche Fußballverband laut aktuellen Zahlen des Sportbundes Pfalz im letzten Jahr verloren. Vereins- und sportartenübergreifend verzeichnete der Sportbund einen Rückgang von 4,5 Prozent. „Aber uns sind alle Kinder treu geblieben – und sie brennen darauf, dass die nächste Saison losgeht“, sagt Gehlbach.

So richtig ärgern über einen Jugendspieler musste er sich in den vergangenen 47 Jahren selten. „Aber Fußball ist ein Mannschaftssport. Wenn sich jemand total unsozial verhalten, keine Rücksicht genommen und immer nur gemacht hat, was er wollte, habe ich ihm gesagt, dass er vielleicht in einem anderen Verein besser aufgehoben ist“, räumt der 71-Jährige ein. Denn neben dem Fußballspielen habe er den Kindern auch stets Anstand vermitteln wollen. 

Und das wird Klaus Gehlbach noch so lange tun, bis die Fußball-Rente endgültig ruft und er die Verantwortung weiterreicht. Dass dieser Tag langsam aber sicher am Horizont sichtbar wird, erscheint manchen geradezu surreal. „Klaus war schon lange hier, als ich das erste Mal auf dem Platz stand. Er war immer hier“, sagt Sascha Grimm. Und klingt, als sei die Möglichkeit, dass dies eines Tages anders sein wird, eigentlich nicht denkbar.

Und auch wenn Gehlbach verspricht, dass dieser Tag kein trauriger sein wird – so wäre es dem Jugendfußball in Zweibrücken zu wünschen, dass er noch ein wenig auf sich warten lässt. Vielleicht ja noch bis ins Jahr 2024. Dann hätte Klaus Gehlbach ein halbes Jahrhundert für den Jugendfußball beim SV Ixheim gelebt. 50 Jahre – eine stolze, eine runde Zahl. Eine Zahl, die sich so leicht merken lässt, dass man bestimmt nie nachrechnen muss.

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