Amelie Berger nach Corona-Infektion „Es ist schon krass, wie schnell man abbaut“

Bietigheim · Das Gefühl der Quarantäne, das kannte Amelie Berger bereits. Dieses Mal erwischte es die Handballerin von der SG BBM Bietigheim allerdings auch selbst: Sie infizierte sich mit dem Coronavirus. Daher kann die Zweibrückerin der deutschen Nationalmannschaft bei der WM-Qualifikation derzeit nur vom Sofa aus die Daumen drücken.

Während die deutschen Handball-Frauen am Dienstagabend gegen Portugal um das WM-Ticket kämpfen, ist die Zweibrückerin Amelie Berger nach ihrer Corona-Infektion noch zum Zuschauen verdammt.

Während die deutschen Handball-Frauen am Dienstagabend gegen Portugal um das WM-Ticket kämpfen, ist die Zweibrückerin Amelie Berger nach ihrer Corona-Infektion noch zum Zuschauen verdammt.

Foto: dpa/Marco Wolf

Das Schlimmste ist überstanden. Am Montag musste Amelie Berger dann auch nur noch diesen einen Tag ausharren, bevor sie ihre eigenen vier Wände nach 19 Tagen wieder verlassen darf. Sofern der letzte Test negativ ausfällt. Bereits zum dritten Mal seit Beginn der Corona-Krise musste sich die Handballerin aus Zweibrücken, die für den Bundesligisten SG BBM Bietigheim aufläuft, in Quarantäne begeben. Dieses Mal mit dem Unterschied, dass sie selbst positiv auf das Virus getestet worden ist. „Es geht mir aber wieder ganz gut“, erklärt die 21-Jährige, nachdem die Symptome der Infektion nun abgeklungen sind. Bei der derzeit laufenden WM-Qualifikation des deutschen Nationalteams ist die Rechtsaußen allerdings zum Zuschauen vor dem Fernseher verdammt.

Zum letzten Mal selbst auf dem Feld stand Berger mit der SG BBM Bietigheim im Bundesliga-Spitzenspiel bei ihrem künftigen Club und Tabellenführer Borussia Dortmund (28:30) am 31. März. Einen Tag später, nach der gemeinsamen Fahrt im Mannschaftsbus, nach der Auswertung der PCR-Tests für das darauffolgende Spiel „kam die Info, dass wir wieder einen positiven Fall im Team haben“, erzählt die frühere Spielerin des SV 64 Zweibrücken. „Da wussten wir aber noch nicht, wer es ist.“ Umgehend wurden die Bietigheimerinnen in Quarantäne geschickt. „Dieses Mal war es tatsächlich so, dass wir in der Mannschaft nicht damit gerechnet hatten“, erzählt Berger von dem Moment als sie erfuhren, dass erneut jemand aus dem eigenen Team betroffen ist. „Einen Tag später habe ich mich dann auch schon nicht so gut gefühlt.“ Montags darauf folgte der nächste Test – „und dann kamen nach und nach die ganzen positiven Ergebnisse.“ Auch das von Amelie Berger. Eine Erfahrung, auf die sie gut und gerne hätte verzichten können. Insgesamt hatten sich neun Teammitglieder infiziert. „Ich bin wirklich froh, dass ich sonst niemanden angesteckt habe, etwa von meiner Familie. Es ist gut, dass relativ schnell klar war, dass ich auch infiziert bin“, sagt sie.

Glücklicherweise habe keine der Spielerinnen mit einem schweren Krankheitsverlauf zu kämpfen. Berger selbst wies bei der britischen Variante des Virus vor allem typische Symptome einer starken Erkältung auf: „Husten, Schnupfen, Halsschmerzen, gepaart mit ziemlich starken Kopf- und Gliederschmerzen – aber das Schlimmste war dann zum Glück nach drei Tagen auch wieder vorbei“, erzählt die Linkshänderin. Glücklicherweise habe sie weder Fieber noch Schüttelfrost bekommen und auch keinen Geschmacksverlust erlitten.

Wie sehr die Infektion den Körper dennoch mitgenommen hat, habe die Zweibrückerin bei kurzen Einheiten auf dem Heimtrainer zu spüren bekommen, die sie recht zügig wieder in Angriff genommen hatte. „Man merkt es schon ziemlich krass, wie schnell man abbaut in den zwei Wochen. Ich war nur für 20 Minuten mit ganz niedrigem Puls auf dem Fahrrad und das hat dann auch erstmal gereicht – gut eine Woche nach der Infektion, als es mir gefühlt eigentlich schon wieder gut ging“, erzählt sie von ihren Erfahrungen.

Recht schnell soll es nach dem Quarantäne-Ende für die Zweibrückerin nun wieder zurück aufs Feld gehen. „Wenn alles gut ist, wenn der Test negativ ist, werde ich am Dienstag durchgecheckt, sodass ich dann auch wieder langsam ins Training einsteigen kann.“ Und sehr flott auch wieder in den Spielbetrieb. „Das Problem ist, dass wir am Samstag schon wieder ein Spiel haben. Da über die Hälfte der Mannschaft betroffen ist, gibt es eigentlich keine andere Option, als das wir schon wieder dabei sind“, blickt Berger auf die Partie zuhause gegen Buchholz Rosengarten voraus. Nach dem Topspiel in Dortmund sind zuletzt die beiden für Anfang April geplanten Ligabegegnungen der Bietigheimerinnen gegen Bayer Leverkusen sowie die Partie gegen den VfL Oldenburg ausgefallen. Schon jetzt stehen dem Ligazweiten bis zum Saisonende einige englische Wochen bevor. Weitere Spielverlegungen wären nur schwer aufzufangen. „Möglicherweise wird die aktuelle Runde erneut ein bisschen verlängert, weil jetzt nochmal so viele Partien ausgefallen sind“, erklärt Berger.

Fix sei aber auf jeden Fall der Termin für das Final Four um den DHB-Pokal Mitte Mai in Stuttgart. Dort mit Bietigheim den Titel zu gewinnen, das sei vor ihrem Abschied zum klaren Meisterschaftsanwärter Dortmund das große Saisonziel von Berger. Im Halbfinale trifft die SG BBM bei dem Finalturnier auf den derzeit Vierten der Bundesliga, TuS Metzingen. In dem anderen Halbfinale stehen sich die HSG Blomberg-Lippe (derzeit Dritter der HBF) und der HL Buchholz 08-Rosengarten (derzeit 14.) gegenüber.

Zunächst heißt es aber am Dienstagabend noch einmal in der für sie so ungewohnten Position vom Sofa aus: Daumen drücken für die Nationalmannschafts-Kolleginnen. „Es ist schon schöner, wenn man näher bei der Mannschaft ist und selbst auf dem Feld mithelfen kann“, erklärt die Psychologie-Studentin. Nach dem 32:27-Erfolg am Samstag im Hinspiel in Portugal erscheint die Ausgangslage für die DHB-Auswahl mit Bick Richtung Weltmeisterschaft im Dezember in Spanien aber ganz komfortabel. Die Mannschaft habe sich mit den fünf Treffern Vorsprung für das Playoff-Rückspiel am heutigen Dienstag (17.30 Uhr, Sport 1) in Hamm „einen ordentlichen Puffer“ erarbeitet. „Von daher bin ich auf jeden Fall etwas beruhigter“, erklärt Berger, die bis 2015 für den SV 64 Zweibrücken aufgelaufen war. Wenn Bundestrainer Henk Groener mit dem Auftritt seines Teams auch noch nicht ganz zufrieden war, so findet die Rechtsaußen, die im September 2018 im Alter von 19 Jahren erstmals für die deutsche A-Nationalmannschaft auflief, „dass sich die Neuen, die Debütantinnen echt gut eingebracht haben. Die haben das super gemacht“. Es sei „natürlich klar“, dass die Abstimmungen noch nicht alle passen können. Nicht nach dem Umbruch in der Mannschaft nach der EM im vergangenen Jahr, nicht nachdem coronabedingt sechs Stammspielerinnen fehlten. Und das, in dieser gerade so wichtigen Phase der Neuausrichtung des DHB-Teams. Berger sei aber zuversichtlich, dass die deutschen Handballerinnen gegen Portugal den letzten Schritt zum Lösen des WM-Tickets am Dienstagabend schaffen werden. Für sie wären die Titelkämpfe im kommenden Dezember nach Japan 2019 ihre zweite Aktiven-WM. Die erfolgreiche Teilnahme sei „das nächste große Ziel“ mit der Nationalmannschaft. Zuvor stehen im Oktober allerdings auch noch EM-Qualifikationsspiele auf dem Programm. Der Blick der DHB-Auswahl gehe mit ihrer Neuausrichtung allerdings auch bereits ein Stück weiter: Richtung Heim-WM 2025.

Die scheint für Amelie Berger derzeit aber noch Lichtjahre entfernt. Nach der Corona-Infektion, nach dem Ende der Quarantäne muss sie nun zunächst den Schritt zurück ins Training sowie in den Liga-Alltag machen. Der sie schnell wieder einholen wird. „So lange ich die Corona-Infektion gut wegstecke und nicht hinterher noch Probleme habe“, betont Berger mit der kleinen nagenden Ungewissheit bezüglich Langzeitfolgen im Hinterkopf, „kann ich sagen, dass ich noch Glück hatte und es gut überstanden habe.“

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