Kickboxen „Als hätte ich eine ganze Woche durchgefeiert“

Düsseldorf/Zweibrücken · Der Zweibrücker Kickboxer Jakob Styben siegt nach einem Kräfte raubenden Kampf beim Glory 69 in Düsseldorf gegen den Niederländer Kevin van Heeckeren.

 Jakob Styben schreit seine ganze Freude lauthals heraus.

Jakob Styben schreit seine ganze Freude lauthals heraus.

Foto: Privat

Als der Ringsprecher am Samstagabend im Düsseldorfer ISS-Dome das Urteil der fünf Wertungsrichter verkündete, entlud sich alle Anspannung bei Jakob Styben in einem langgezogenen Freudenschrei. Der rechte Oberschenkel von Blutergüssen übersät und mit einer Deutschlandfahne um den Rücken schleppte sich der Zweibrücker Kickboxer zu Trainer Guido Schumacher. Gezeichnet, erschöpft – und doch vollkommen glücklich. Vier der fünf Punktrichter hatten den 27-Jährigen nach seinem Kampf gegen Kevin van Heeckeren als Sieger gesehen (29:28/29:28/29:28/30:27). Beide hatten sich in den drei Runden zuvor alles abverlangt. „Two Warriors (zwei Krieger)“ meinte der amerikanische Sprecher, der den Fight für den internationalen Kickboxveranstalter Glory kommentierte, anerkennend. Schon im Vorfeld war ein enges Duell erwartet worden. Styben lag vor dem Kampf in der Mittelgewichtsrangliste (bis 84 Kilo) von Glory auf Platz acht, van Heeckeren auf Rang neun.

Kraft, den Erfolg ausgiebig bis in seinen Geburtstag am Dienstag zu feiern, hatte Styben noch nicht. „Es war eine lange Nacht, der Kampf hat mir unglaublich viel Kraft und Energie geraubt“, erklärt der Zweibrücker. „Ich fühle mich so, als hätte ich eine ganze Woche in der Disco durchgefeiert“, schiebt er leise lachend hinterher.

Die erste Runde verlief zunächst ausgeglichen. Der Niederländer versuchte Styben mit seinen gefürchteten Low-Kicks – Tritten gegen die Beine – zuzusetzen. Der Zweibrücker antwortete mit harten Fäusten und Knien zum Körper seines Gegners. Bereits nach kurzer Zeit waren sowohl Stybens rechter Oberschenkel als auch van Heeckerens Brustkorb knallrot. Der fünf Zentimeter größere Styben versuchte den Kampf aus der Distanz zu bestimmen. Der Niederländer dagegen drängte vehement auf den Infight. Und hatte damit Erfolg. 30 Sekunden vor Ende der Runde schlug eine krachende Linke am Kopf von Styben ein. Der 27-Jährige fing sich rasch wieder. Doch das reichte nicht. Nur zwei Punktrichter sahen die Runde bei Styben, drei bei van Heeckeren.

Und es kam noch schlimmer für den Zweibrücker. Zu Beginn der zweiten Runde schien sich für ihn eine Katastrophe anzubahnen. Bereits nach wenigen Sekunden schleuderte eine furiose Links-Rechts-Kombination des Niederländers Styben in die Seile. Van Heeckeren scheuchte den Zweibrücker vor sich her, traf mit einem harten Haken an dessen Schläfe – und ließ gegen Mitte der Runde einen mörderischen Low-Kick folgen, der Styben aus dem Gleichgewicht brachte. Es sah überhaupt nicht gut aus für den Deutschen mit russischen Wurzeln – der das Gefecht dann aber völlig überraschend drehte. „Meine taktische Einstellung war es, hinten raus vermehrt Schläge und Tritte auf den Körper zu landen – und diese haben van Heeckeren letztlich die Luft geraubt“, erklärt Styben sein erfolgreiches Comeback. Gegen Ende der Runde spielte Styben seine boxerischen Vorteile aus. Drei harte Gerade landeten punktgenau am Kinn von van Heeckeren, der nach den Gong sichtlich beeindruckt in seine Ringecke schlich. „What a round!“, jubelte der TV-Kommentator. „Mein Gegner wurde immer müder.“ Drei der Punktrichter werteten die Runde für Styben. Damit stand es vor dem finalen dritten Durchgang vollkommen ausgeglichen.

In der dritten Runde stürmte van Heeckeren zunächst wild nach vorne. Aber Styben wich den Angriffen seines Gegners immer müheloser aus – und setzte selbst harte Treffer. Der Zweibrücker punktete mit der Führhand, boxte variabel und streute jetzt auch Kicks in seine Angriffe ein, die er in den ersten Runden hatte vermissen lassen. Nachdem Styben mit dem Knie den Brustkorb seines Gegners getroffen hatte, ging der Niederländer sogar zu Boden. Doch der Ringrichter wertete die Aktion nicht als Knockdown, er meinte van Heeckeren sei ausgerutscht. Dennoch dominierte der Zweibrücker den Durchgang. Mit dem Schlussgong wich er einer letzten wilden Attacke des Niederländers aus und verpasste ihm noch einen Haken an die Schläfe. Der perfekte Abschluss einer furiosen Runde.

Dann kam das Urteil. Der Ringsprecher machte es spannend. Der erste Richter hatte den Kampf deutlich für Styben gewertet, der zweite knapp für van Heeckeren. „Es war klar, dass es nicht so einfach werden würde, zumal van Heeckeren als frisch gebackener Papa besonders motiviert war.“ Als der Sprecher endlich verkündete, wie die anderen drei Judges den Fight bewertet hatten, riss Styben die Fäuste in die Höhe. Der Rest war ein lang gezogener Schrei der Freude.

Ob Jakob Styben durch den Sieg in der Rangliste von Platz acht weiter nach oben klettern wird, sei noch nicht klar. „Ich muss die nächsten Wochen abwarten und dann werden wir sehen, wie es weitergeht“, erklärt der Kickboxer, der, bevor er Gedanken an einen nächsten Kampf verschwendet, „erstmal wieder zu Kräften kommen“ will.

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