1. FC Kaiserslautern Für die Roten Teufel steht „alles auf null!“ 

Kaiserslautern · Es geht um den letzten Platz in der 2. Fußball-Liga – und für den 1. FC Kaiserslautern und Dynamo Dresden um ganz viel. Rund um den Betzenberg herrscht Alarmstimmung.

 Jetzt gilt es für den neuen Trainer des 1. FC Kaiserslautern, Dirk Schuster (rechts), und seinen Assistenten Sascha Franz.

Jetzt gilt es für den neuen Trainer des 1. FC Kaiserslautern, Dirk Schuster (rechts), und seinen Assistenten Sascha Franz.

Foto: dpa/Wolfstone-Photo

Der viermalige deutsche gegen den achtmaligen DDR-Fußball-Meister, ein Hochrisikospiel, ein frisch verpflichteter gegen einen angeschlagenen Trainer – und das alles „uffm Betze“. Fast 50 000 Fans werden am Freitag (20.30 Uhr/Sat.1 und Sky) zum hochbrisanten ersten Relegationsspiel zwischen dem Drittliga-Dritten 1. FC Kaiserslautern und dem Zweitliga-Drittletzten Dynamo Dresden erwartet.

„Wir müssen cool bleiben und unser Hirn einschalten“, warnte der neue FCK-Coach Dirk Schuster angesichts des Hexenkessels Fritz-Walter-Stadion auf dem Betzenberg. Die Partie ist mit 46 895 Zuschauern längst ausverkauft. Aufgrund einer Pufferzone auf der Osttribüne zwischen beiden Fangruppen ist die Kapazität begrenzt. Die Polizei ist alarmiert und mit einem Großaufgebot unterwegs: 2013 hatte es bei einem Aufeinandertreffen beider Fußball-Clubs schwere Krawalle gegeben. Die Stadtverwaltung richtete eine „glasfreie Zone“ ein und sprach ein Alkoholverbot aus. Aus Dresden werden rund 5000 Fans erwartet, das Rückspiel steht am Dienstag an.

In Lautern ist das Fußballfieber nach – finanziell und sportlich – sehr schwierigen Jahren seit dem Abstieg aus dem Oberhaus 2012 wieder in die Höhe geschossen. Zuletzt spielten die Roten Teufel vor über 45 000 Fans gegen den 1. FC Saarbrücken und gegen Borussia Dortmund II.

Nach vier Jahren will der FCK endlich raus aus der ungeliebten 3. Liga. Und bis vor wenigen Wochen sah es auch danach, dass die Pfälzer dieses Ziel erreichen. Doch der sicher geglaubte direkte Aufstieg, der ein finanzielles Plus im zweistelligen Millionenbereich mit sich bringen würde, wurde durch drei Pleiten am Saisonende fahrlässig verspielt. Als Folge musste Trainer Marco Antwerpen gehen, Schuster ersetzte ihn.

In seinen wenigen Tagen auf dem Betzenberg arbeitete Schuster in erster Linie daran, den Frust bei den Spielern zu vertreiben. „Wir haben versucht, das positive Denken wieder in die Köpfe zu bringen“, sagte der Coach: „Wir können nur gewinnen, wir sind der Underdog aus der 3. Liga.“ Große Personalrochaden oder taktische Experimente wird es unter Schuster in den beiden letzten Saisonspielen voraussichtlich nicht geben: „Wir werden gar nicht so viel verändern, weil die Mannschaft intakt ist. Ich habe ein Team vorgefunden, das brutal lernfähig, willig und leistungsbereit ist.“

Die Statistik spricht vor den beiden Duellen für die Roten Teufel. In den bisher 13 Relegations-Duellen konnte sich neunmal der Drittligist durchsetzen. „Wir sind guter Dinge, dass wir konkurrenzfähig sind und Dresden einen heißen Tanz bieten“, sagte Schuster, der die zurückliegenden beiden Dresdner Spiele gegen Karlsruhe und Aue im Stadion verfolgt hat. Dynamo habe „keine gute Rückrunde gespielt, aber sie haben eine qualitativ gute Mannschaft. Sie waren sowohl in Karlsruhe als auch eine Woche später in der ersten Halbzeit klar besser“, so Schuster, der nach einjähriger Auszeit seit seinem Abschied beim FC Erzgebirge Aue mit Begeisterung an den Betzenberg kam. Er vollbrachte 2014 mit Darmstadt 98 das Kunststück, nach einem 1:3 im Relegationshinspiel gegen Arminia Bielefeld mit einem 4:2 im Rückspiel in die 2. Liga aufzusteigen. Mit den Lilien marschierte der Chemnitzer ein Jahr später sogar ins Oberhaus durch.

„Er weiß, was auf uns zukommt. Mit Sicherheit kann uns das helfen, das kann ein paar Prozentpunkte ausmachen“, sagt Lauterns Kapitän Jean Zimmer. „Aber wir sind auf dem Platz die Entscheider – und er hatte auch nur wenig Zeit.“

Schusters Dresdner Kollege Guerino Capretti konnte seinen Job im Gegensatz zu Antwerpen noch in die Relegation retten: Seit seinem Start bei Dynamo Anfang März hat der Deutsch-Italiener keines seiner zehn Spiele gewonnen. In Dresden hatte man seine Verpflichtung als Nachfolger von Alexander Schmidt argwöhnisch betrachtet, führte der 40-Jährige zuvor doch nur unterklassige Vereine.

Schlimmer noch für die Sachsen: Dynamo hat 2022 noch kein einziges Pflichtspiel mit einem Dreier beendet. Und die Dresdner sind der erste Verein, der diese Relegation zum dritten Mal bestreitet. 2011 setzte sich Dynamo als Drittligist gegen den VfL Osnabrück durch, zwei Jahre später dann als Zweitligist gegen den gleichen Gegner.

FCK-Routinier Zimmer sieht die ganzen Begleitumstände pragmatisch: „Alles auf null! Das ist genau der Charme dieser Partien.“ Chris Löwe weiß, wie es ist, wenn der Betze brennt. „Ich habe ihn über Jahre als Heimstätte kennengelernt. Mit allem, was dazugehört, ist es der schwerste Gegner, den wir bekommen konnten“, sagt der Ex-Lauterer im Dresden-Dress.

Dynamo-Sportchef Ralf Becker spielt die Bedeutung der Relegation erst gar nicht herunter. „In den nächsten sieben Tagen finden die beiden wichtigsten Spiele der letzten fünf bis zehn Jahre statt“, sagt der Ex-Profi. „Wir haben die Möglichkeit, in zwei Spielen alles zurechtzubiegen. Ich bin absolut überzeugt von unserer Mannschaft“, ergänzte Becker.

Dass dies auch für den FCK gilt, machten die Fans am Dienstag deutlich. Eine Abordnung der Anhänger schwor die Mannschaft auf die Relegation ein. „Das waren emotionale, sehr gute Worte“, kommentierte Schuster die Aktion der Fans – die sich bei einem Scheitern aber auch schnell in das Gegenteil verkehren kann.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort