Jetzt im Kino Vielschichtiges und sensibles Spiel

✮✮✮✮ Neu im Kino: „Pelikanblut“ von Katrin Gebbe mit einer starken Hauptdarstellerin.

Im Film Pelikanblut hat Wiebke (Nina Hoss) zwei kleine Kinder in ihre Obhut genommen, die aufgrund ihrer Herkunft besonders verletzlich sind und Halt benötigen. Da sie als alleinstehende Person für Adoptionsverfahren nicht in Frage kommt, setzt sie sich durch den Kontakt zu einem bulgarischen Kinderheim über diese Grenze hinweg, da bei Auslandsadoptionen andere Regeln gelten. Die neunjährige Nikolina lebt schon ein paar Jahre auf dem Pferdehof, während die fünfjährige Raya neu dazustößt und von Adoptivmutter Wiebke (Nina Hoss) schon sehnsuchtsvoll erwartet wird. Das blonde Mädchen zeigt aber bald irritierende Verhaltensweisen: Sie hortet tote Tiere in ihrem Zimmer, legt einen Brand im Haus und übt offen Gewalt gegen sich und andere aus. Ein Psychologe diagnostiziert eine schwere dissoziative Persönlichkeitsstörung, die auf ein frühes Bindungstrauma hinweist. Es stellt sich heraus, dass Rayas brutale Geschichte sowie gescheiterte Adoptionsversuche des Kindes bewusst verschwiegen wurden. Ohne professionelle Hilfe droht das Mädchen zu einer ersthaften Gefahr für seine Umwelt zu werden. Wiebke will Raya jedoch nicht loslassen; sie ist überzeugt davon, dass nur die Selbstaufopferung einer liebenden Mutter das Kind von den Dämonen seiner Vergangenheit erlösen kann.

Nina Hoss gelingt es durch ihr vielschichtiges und sensibles Spiel, die Protagonistin auf eine Weise zum Leben zu erwecken, die eine große Bandbreite an Emotionen auslöst und gesellschaftlich verdrängte Facetten von Weiblichkeit und Mutterschaft zum Klingen bringt, die Dissonanzen hervorrufen und gesellschaftlichen Tabus unterliegen. Pelikanblut beweist eine große psychologische Genauigkeit und gewährt einen ebenso spannenden wie intensiven Einblick in die Ambivalenz kultureller Bilder.

D/Bul 2019, 127 Min., Filmhaus (Sb); Regie und Buch: Katrin Gebbe; Besetzung: Nina Hoss, Murathan Muslu, Sophie Pfenningstorf, Justine Hirschfeld.

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