Jetzt im Kino Vom Tod und vom inneren Frieden

✮✮✮✮ Neu im Kino: „Schwesterlein“ von Stéphanie Chuat und Véronique Reymond.

 Starke Besetzung: Nina Hoss als Lisa und Lars Eidinger als ihr Zwillingsbruder Sven.

Starke Besetzung: Nina Hoss als Lisa und Lars Eidinger als ihr Zwillingsbruder Sven.

Foto: Weltkino Filmverleih

Der Tod steht im Raum und wird ihn nicht mehr verlassen. Das ist beiden klar: Sven (Lars Eidinger), dem an Leukämie erkrankten Schauspieler, und seiner zwei Minuten jüngeren Schwester Lisa (Nina Hoss). Aber Sven will sein Leben und Lisa ihren Zwillingsbruder nicht aufgeben. Sie fühlt sich verantwortlich für den Todkranken, denn sie weiß, wenn Sven stirbt, stirbt auch ein Teil von ihr.

Eine große, unumstößliche Geschwisterliebe stellen die beiden Schweizer Filmemacherinnen Stéphanie Chuat und Véronique Reymond ins Zentrum ihres Filmes „Schwesterlein“. Für die Hauptrollen haben sie Nina Hoss und Lars Eidinger unter Vertrag genommen – zwei schauspielerische Schwergewichte, die noch nie gemeinsam vor der Kamera standen. „Schwesterlein“ ist ein Schauspielerfilm – nicht nur wegen seiner herausragenden Besetzung, sondern auch weil die Geschichte im sozialen Mikrokosmos der Theaterszene angesiedelt ist. Sven füllt hier als Hamlet auch nach hunderten Vorstellungen die Reihen der Berliner Schaubühne, so wie Eidinger es in der legendären Inszenierung von Thomas Ostermeier seit 2008 tut.

Ostermeier spielt selbst den Regisseur, der das Stück absetzt, obwohl Sven nach der Chemo wieder auf die Bühne will. „Ein Schauspieler, der begehrt wird, ist ein lebendiger Schauspieler. Wenn du ihm das nimmst, tötest du ihn schneller als jede Krankheit“ sagt Lisa zu dem Regisseur und ist nicht bereit die Sachzwänge des Theaterbetriebes gelten zu lassen. Dabei sind die Geschwister in diese Welt hinein geboren. Die Mutter (Marthe Keller) stand für Zadek und Stein auf der Bühne, wie sie nicht müde wird zu betonen. Sie ist von der Situation überfordert. Es ist Lisa, die die Sorge um Sven über alles stellt. Seit der Bruder krank ist, hat die Theaterstück-Autorin keine Zeile mehr geschrieben und riskiert schließlich sogar einen Ehekrieg, als sie mit ihren Kindern Sven aus der Schweiz nach Berlin folgt.

Ähnlich wie kürzlich in „Pelikanblut“ spielt Nina Hoss eine Frau, die für Andere einsteht und zu enormen Opfern bereit ist. Sie tut dies ganz ohne Märtyrerinnen-Klischees, sondern mit einer inneren Kraft, die sich aus tiefer Verbundenheit speist. Mit nur einer kurzen Veränderung des Blicks kann Hoss die hereinbrechenden Momente der Resignation im Modus der Kämpferin spiegeln, die gemeinsam mit ihrem Bruder lernen muss, dem Tod ins Gesicht zu sehen, um den inneren Frieden zurückzugewinnen.

Schweiz/D 2019, 101 Min., Camera Zwo (Sb); Regie und Buch: Stéphanie Chuat, Véronique Reymond; Kamera: Filip Zumbrunn; Musik: Christian Garcia-Gaucher; Besetzung: Nina Hoss, Lars Eidinger, Marthe Keller, Jens Albinus.

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