Ab sofort im Kino Tragische Heldin mit großer Kraft

✮✮✮ Neu: „Blackbird – Eine Familiengeschichte“ von Roger Michell mit starker Besetzung.

 Mutter Lily (Susan Sarandon) und ihre Tochter Jennifer (Kate Winslet).

Mutter Lily (Susan Sarandon) und ihre Tochter Jennifer (Kate Winslet).

Foto: Leonine Filmverleih/Parisa Taghizadeh

Die Entscheidung ist längst gefallen, als der Film beginnt: Lily (Susan Sarandon) will ihr Leben selbst beenden, solange sie noch in Würde Abschied nehmen kann. Sie ist an ALS erkrankt und weiß, was mit der degenerativen Nervenkrankheit auf sie zukommt. Die erfolgreiche Architektin ist eine Frau, die ihr Leben immer selbst im Griff hatte. Und genauso selbstbestimmt will sie nun aus dem Leben gehen. Ihr Ehemann Paul (Sam Neill) ist Arzt und unterstützt sie bei ihrem Vorhaben.

Nun kommen die Familie und Lilys beste Freundin Liz (Lindsay Duncan) am Wochenende in dem Haus am Meer zusammen, um Abschied zu nehmen. Auch wenn Lily alles mit ihren Töchtern durchdiskutiert hat, tun sich die beiden jede auf ihre Weise schwer mit der Entscheidung. Ähnlich wie ihre Mutter ist auch Jennifer (Kate Winslet) von kontrollsüchtiger Natur. Sie will, dass an diesem Wochenende alles harmonisch nach Plan verläuft. Aber hinter der Fassade aus Beherrschung und Vernunft kann sie die eigene Verzweiflung nur unvollständig verbergen. Vor allem ihre jüngere Schwester empfindet sie als Unsicherheitsfaktor. Anna (Mia Wasikowska), die mit obligatorischer Verspätung in Begleitung ihrer On/Off-Lebensgefährtin Chris (Bex Taylor-Klaus) ankommt, hat nie richtig in ihrem Erwachsenenleben Fuß gefasst. Sie ist noch nicht bereit von der Mutter Abschied zu nehmen. Als Anna schließlich damit droht, den Notarzt zu rufen, sollte ihre Mutter den tödlichen Medikamenten-Cocktail schlucken, kommt es zum Eklat.

Mit „Blackbird“ verfilmt Roger Michell („Notting Hill“) das dänische Drama „Silent Heart“ (2014) von Bille August als US-Remake neu und hat dafür eine herausragendes Ensemble zusammengestellt. Susan Sarandon ist einfach großartig als todgeweihte Matriarchin, die mit klarer Entschlusskraft ihre Würde verteidigt und sich jegliches Mitleid verbittet. Ganz ohne Overacting verkörpert sie diese tragische Heldin und deren innere Kraft. Genauso geben Kate Winslet und Mia Wasikowska als Töchter im Krisenmodus ihre Bestes.

Bis in die Nebenrollen hinein ist dieses Familienkammerspiel im luxuriösen Strandhausambiente ein echtes Talentfeuerwerk, das fast die Schwächen des Drehbuches vergessen lässt. Im dänischen Original wirkte das Skript von Christian Torpe, der auch für das Remake unter Vertrag genommen wurde, wie ein Familienaufstellungsseminar, in dem es mehr um systemische Rollenprofile als um Charaktere aus Fleisch und Blut ging. Im US-Remake gelingt es Regisseur Michell und seinem Erstliga-Cast deutlich besser, die Figuren über ihre Funktion in der Familienmechanik hinaus mit Leben zu füllen.

USA/GB 2019, 97 Min., Camera Zwo (Sb); Regie: Roger Michell; Buch: Christian Torpe; Kamera: Mike Eley; Musik: Peter Gregson; Besetzung: Susan Sarandon, Kate Winslet, Mia Wasikowska, Sam Neill.

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