Null Toleranz bei sexueller Belästigung Arbeitsrecht: Griff zwischen die Beine einer Kollegin rechtfertigt eine fristlose Kündigung

Köln · Es soll ja überall Männer geben, die allen Ernstes glauben, dass sie Frauen zwischen die Beine greifen dürfen. Wer so denkt, der muss unbeschreiblich dumm sein. Und wer so etwas sogar macht, der riskiert in Deutschland völlig zu Recht eine Strafe und eventuell seinen Job.

 Die Hand eines Mannes liegt auf dem Knie einer Frau. Symbolbild.

Die Hand eines Mannes liegt auf dem Knie einer Frau. Symbolbild.

Foto: dpa/Jens Kalaene

Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz ist absolut nicht zu tolerieren. Sie hat deshalb - unabhängig von einer möglichen Strafverfolgung - auch direkte arbeitsrechtliche Konsequenzen bis hin zur fristlosen Kündigung ohne vorherige Abmahnung. Das Landesarbeitsgericht Köln hat dazu jetzt entschieden, dass einem Arbeitnehmer fristlos gekündigt werden kann, der erst einer Kollegin und dann sich selbst in den Schritt gefasst habe mit der anschließenden Äußerung, da tue sich etwas. Die Klage des Arbeitnehmers gegen seine Entlassung wurde abgewiesen.

Der Mann war bei der beklagten Firma seit 16 Jahren ohne Beanstandungen in der Produktion beschäftigt. Im März 2019 wandte sich eine Kollegin an die Personalleiterin mit dem Vorwurf, der Kläger habe sie im November 2018 in der oben geschilderten Art und Weise sexuell belästigt. Nach Anhörung des Klägers, der den Vorwurf bestritt, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis fristlos. Auch die Strafverfolger wurden aufgrund einer Strafanzeige der Kollegin aktiv. Gegen den Kläger wurde ein Strafbefehl wegen sexueller Belästigung nach Paragraf 184i Absatz 1 des Strafgesetzbuches erlassen. Der Strafbefehl mit einer Verurteilung zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen ist mittlerweile rechtskräftig.

Damit zurück zu der Kündigung des Arbeitsvertrages. Diese wollte der Mann nicht akzeptieren. Er zog vor Gericht. Das Arbeitsgericht Siegburg hat die gegen die Kündigung gerichtete Klage nach Vernehmung der Kollegin in erster Instanz abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht Köln hat das Urteil des Arbeitsgerichts bestätigt und die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Nach Auffassung des Landesarbeitsgerichts gibt es keine Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der erstinstanzlichen Feststellungen. Insbesondere hat das Landesarbeitsgericht kein widersprüchliches Verhalten der Belastungszeugin in dem Umstand gesehen, dass diese sich erst nach drei Monaten an den Arbeitgeber gewandt hatte.

Die Richter weiter: Angesichts der Schwere der festgestellten Pflichtverletzung sei eine Abmahnung vor dem Ausspruch der Kündigung nicht erforderlich gewesen. Und zwar deshalb nicht, weil der Kläger nicht ernsthaft damit habe rechnen können, dass die beklagte Firma sein Verhalten tolerieren werde. Deshalb sei eine Kündigung ohne vorherige Abmahnung möglich.

Bei der Kündigung dürfe es sich auch um eine fristlose Entlassung handeln. Nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) sei ein Arbeitgeber nämlich unter anderem verpflichtet, seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vor geschlechtsspezifischen Übergriffen zu schützen. Hierzu gehöre auch ein wirksamer Schutz vor sexuellen Belästigungen. Vor diesem Hintergrund sei der beklagten Firma der Ausspruch einer Kündigung unter Einhaltung der sechsmonatigen Kündigungsfrist nicht zuzumuten gewesen. Die ausgesprochene fristlose Kündigung sei damit rechtmäßig. Die gegen diese Kündigung gerichtete Klage sei abzuweisen, so das Landesarbeitsgericht (Az.:4 Sa 644/19).

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